WiMis auf halben Stellen arbeiten doppelt so viel
Wortmeldung aus der Mittelbauinitiative zum neuen Tarifvertrag
Der Kuratoriumsbeschluss
vom 19.12., der den Änderungs- und Ergänzungsverträgen
zu den geltenden Hochschulverträgen nicht zustimmte, ist ein
Erfolg der Studierendenstreiks und ein politisches Zeichen. Die
konzeptionslose Kürzungspolitik des Senats stößt
auf zunehmende Kritik. Welchen Sinn haben Mittelkürzungen,
die die Krise der Stadt weiter verschärfen? Das Saarland und
Bremen erstritten sich in Haushaltsnotlagen, gerade wegen ihrer
Investitionen in die Bildung, Sonderzuwendungen des Bundes. In Berlin
würden die geplanten Kürzungen die Hochschulen weiter
zerstören. In den letzten zehn Jahren wurde allein an der TU
Berlin ein Drittel der Stellen gestrichen. Die Studierendenzahlen
jedoch veränderten sich wenig.
Für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
bedeutet diese Entwicklung eine stetige Verschlechterung der Promotions-,
Lehr- und Forschungsbedingungen. Auch die wichtige und zu großen
Teilen auf den WMs lastende Drittmittel-Einwerbung leidet stark
darunter. Nach einer Studie zur Arbeitssituation der TUB-WMs haben
diese Beschäftigten im Mittel eine um 30 Prozent längere
wöchentliche Arbeitszeit. WMs auf halben Stellen arbeiten im
Schnitt sogar doppelt so viel! Diese unbezahlte Mehrarbeit wird
meist nicht für die Promotion genutzt, die laut Arbeitsvertrag
Teil der Arbeitszeit (ein Drittel) ist. Vielmehr werden administrative
Aufgaben übernommen, die aufgrund der fehlenden Besetzung im
Verwaltungsbereich auf die WMs geschoben werden. Die Hälfte
der WMs schafft deshalb die Promotion an der TU Berlin nicht. Ein
Armutszeugnis für die Uni und gefährlich für die
WMs, da diese nach dem neuen Hochschulrahmengesetz innerhalb von
sechs Jahren promovieren müssen.
Als Reaktion auf die erschreckenden Ergebnisse der Studie hat die
Vizepräsidentin Ulrike Strate die Fakultäten zu Entlastungsmaßnahmen
aufgefordert: bessere Information der Promovierenden, Anreizsystem,
um Abschlussquote zu erhöhen, Berichtswesen zur Situation der
WMs, Kontrolle der Lehrverpflichtungsstunden oder mehr Weiterbildungsangebote
für Lehrende. Eine dauerhafte Umsetzung bleibt abzuwarten.
Vor allem müssen die WMs von vertragswidrigen administrativen
Aufgaben entlastet werden.
Bei dieser Arbeitssituation ist der Tarifvertrag zynisch. Die Laufzeit
von sieben Jahren ist absurd lang. Die Beschäftigungssicherung
soll das versüßen, wirkt aber nur für unbefristet
Angestellte. Die Einkommenseinbußen von durchschnittlich zehn
Prozent (für WMs zwölf Prozent) können durch die
Inflation weiter ansteigen. Der Freizeitausgleich (24 zusätzliche
freie Tage bei IIa-Stellen) ist ein Hohn bei den jetzt schon angestauten
Überstunden und verfallenden Urlaubstagen. Wie soll die nicht
weniger werdende Arbeit mit weniger Mitarbeitern, die weniger Arbeitszeit
haben, erledigt werden? Eine weitere Arbeitsverdichtung bei verstärkter
Frustrierung der Beschäftigten und Arbeitsausfälle sind
die Folge.
Die Annahme des Tarifvertrages ist zu kritisieren. Nach der Ablehnung
der Änderungen in den Hochschulverträgen gibt es auch
keine finanzielle Begründung, sondern es werden so weitere
Kürzungs-Begehrlichkeiten beim Senat geweckt. Der an den Präsidenten
gestellte Auftrag zu Nachverhandlungen sollte von uns allen kritisch
begleitet werden. Dazu ruft die Mittelbauini
zu einer VV der WMs am 20.1., 18 Uhr, im Raum P-N 201 auf.
Dipl.-Ing. Wulf-Holger Arndt,
Mittelbauinitiative TU Berlin
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