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Mai 2004
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PISA-Studie bei Bienen

Auch Insekten lernen unterschiedlich - TU-Wissenschaftlerin untersucht deren Lernverhalten

Wird die Antenne einer Biene mit einem Tropfen Zuckerwasser berührt, streckt sie reflexartig den Rüssel heraus. Das wird bei Konditionierungsexperimenten ausgenutzt

Von Mathematik und Fremdsprachen versteht sie zwar nichts, aber wenn es um das Lernen von Düften oder Oberflächen geht, macht der Honigbiene, Apis mellifera, so schnell keiner was vor. Doch nicht jede Biene lernt gleich gut, wie Ricarda Scheiner, Neurobiologin am Institut für Ökologie der TU Berlin, herausfand.

Pollensammlerinnen lernen besser als Nektarsammlerinnen. Und ausfliegende Sammelbienen besser als ihre jüngeren Kolleginnen, die die Arbeit im Stock verrichten. Die Ursache für diese Unterschiede liegt zum großen Teil in der Empfindlichkeit für den Belohnungsreiz Zuckerwasser.

Diese Empfindlichkeit kann durch die so genannte Rüsselreaktion untersucht werden. Hält man einer kleinen "Probandin" eine Zuckerlösung an die Antennen, die süßer ist als ihre Geschmacksschwelle, streckt sie reflektorisch den Rüssel heraus. Mit unterschiedlich konzentrierten Lösungen lässt sich die individuelle Empfindlichkeit einer Biene für Zuckerwasser bestimmen.

Die Rüsselreaktion wird auch bei Lernversuchen ausgenutzt. Beim taktilen Lernen wird der Biene ein Plättchen zum Abtasten gegeben. Während sie das Plättchen "scannt", wird durch Berührung der Antennen mit Zuckerwasser die Rüsselreaktion ausgelöst. Streckt die Biene den Rüssel heraus, wird sie mit Zuckerwasser gefüttert. Bereits nach wenigen Lerndurchgängen hat sie gelernt, beim Abtasten des Plättchens ihren Rüssel herauszustrecken. Ähnlich können Bienen auch auf einen bestimmten Duft konditioniert werden.

Warum aber lernen Pollensammlerinnen besser als ihre Nektar sammelnden Kolleginnen? "Weil sie motivierter sind", vermutet Ricarda Scheiner. Für sie sei die Zuckerwasserbelohnung "wertvoller" als für Nektarbienen. Tatsächlich verschwinden die Lernunterschiede zwischen Pollen- und Nektarbienen, wenn man Tiere mit gleicher Empfindlichkeit trainiert. Inwieweit diese Befunde aus Laborexperimenten auf das Lernen beim Blütenbesuch im Freiland übertragbar sind, soll als Nächstes untersucht werden. Kennt man die Empfindlichkeit einer Biene für Zuckerwasser, lassen sich auch gute Vorhersagen über ihre Empfindlichkeit für Licht und Pollen machen. Experimente an zwei genetischen Linien von Honigbienen zeigten, dass die Gene zu einem guten Teil die Empfindlichkeit bestimmen. Aber auch die Menge an Brut, die im Stock zu versorgen ist, und das Angebot an Nektar sind wichtige Faktoren.

Die komplexen molekularen Mechanismen der Empfindlichkeit sind außerordentlich schwer zu untersuchen. Es gibt jedoch experimentelle Hinweise darauf, dass verschiedene Neurotransmitter an der Steuerung der Empfindlichkeit beteiligt sind.

Dr. Ricarda Scheiner wurde für ihre Dissertation mit dem Tiburtius-Preis, der mit 4000 Euro dotiert ist, ausgezeichnet. Die Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen (LKRP) verleiht jährlich drei Tiburtius-Preise und zusätzlich drei Anerkennungspreise an Doktorandinnen und Doktoranden der Berliner Hochschulen für hervorragende Dissertationen und drei Preise an Absolventinnen und Absolventen der Berliner Fachhochschulen für hervorragende Diplomarbeiten.

Catarina Pietschmann

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