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Mai 2004
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Gute Wissenschaft ist finanzierbar, wenn die Politik will

Interview mit Peter Gaehtgens, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz

 
  Peter Gaehtgens

Herr Professor Gaehtgens, Bundeskanzler Schröder hielt den einleitenden Vortrag auf der HRK-Jahresversammlung. Wie eng ist die Zusammenarbeit der HRK mit der Bundesregierung? Inwieweit wird Ihre Stimme gehört?

Es gibt einen beständigen Dialog, konkrete Kooperationen mit verschiedenen Ministerien in Form von Projekten und hier und da auch Meinungsunterschiede. Naturgemäß ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung unser wichtigster Ansprechpartner. Aber wenn der Bundeskanzler vor der Jahresversammlung spricht, ist das natürlich ein besonderes Signal: Die Bundesregierung nimmt Wissenschaft als Garant der Zukunft ernst und dabei sind die Hochschulen natürlich ein zentral wichtiger Ansprechpartner.

Nachwuchsförderung war das große Thema dieser Tagung. Die ist natürlich immer wichtig. Warum aber wird sie gerade jetzt so betont?

Wir befinden uns in einem zunehmenden internationalen Wissenschaftswettbewerb und gleichzeitig mitten in einem Generationenwechsel. Zwischen 2001 und 2010 sind überdurchschnittlich viele Professuren altersbedingt neu zu besetzen. Dabei muss es uns darum gehen, den hoch qualifizierten Nachwuchs in Deutschland zu halten oder hierher zu holen. Wir haben - umstrittene - neue gesetzliche Regelungen für die Qualifizierungsphase und die dienstrechtliche Stellung des wissenschaftlichen Personals, die in den Ländern erst noch umgesetzt werden müssen. So viel Bewegung war auf diesem Feld sehr, sehr lange nicht.

Welche Schritte sind konkret geplant und wo kann die HRK unterstützen?

Die Einführung der Juniorprofessur und eine stärker leistungsorientierte Besoldung sowie die Einbeziehung der Promotionsphase in den Bolognaprozess sind sicher zentrale Entwicklungsstränge. Die HRK muss sich in der Diskussion ausdauernd im Sinne der Qualität des Hochschulsystems zu Wort melden. Sie vertritt dabei auch, aber nicht nur die Interessen der betroffenen Gruppen.

Ist mit den derzeitigen Reformvorhaben der Wissenschaftsstandort Deutschland stabil zu halten beziehungsweise die Abwanderung der jungen und besten Köpfe, der so genannte "brain drain", aufzuhalten? Welche konkreten Schritte müssen forciert werden?

Wenn junge, kluge Leute ins Ausland gehen, um zu forschen, ist das an sich kein Problem, sondern Ausdruck eines lebendigen internationalen Wissenschaftsbetriebes. Wenn aber im Gegenzug viel weniger hoch begabte Ausländer zu uns kommen und deutsche Forscher nicht zurückkommen, weil die Arbeitsbedingungen hier zu schlecht sind, dann haben wir ein Problem. Leider ist das derzeit die Diagnose. Notwendig ist ein ganzes Maßnahmenpaket: ein offenes, kooperatives Klima, in dem auch der junge Nachwuchswissenschaftler kollegiale Unterstützung findet, viel mehr Handlungsspielraum für die Hochschulen bei der Berufung von umworbenen Spitzenleuten, verbesserte Rahmenbedingungen und Fürsorge für diese Wissenschaftler bis hin zur Unterstützung bei der Lebensgestaltung in Deutschland, bessere ausländerrechtliche Regelungen und natürlich eine deutlich verbesserte Grundausstattung der Hochschulen.

Sind die Reformen aus Ihrer Sicht langfristig finanzierbar oder besteht die Gefahr, dass sie auf halber Strecke aufgegeben werden müssen? Auf welche sollte man sich konzentrieren oder welche könnte man hinzufügen?

Die Pläne von Bund und Ländern, die unter dem Stichwort "Eliteförderung" diskutiert werden, sind auch langfristig finanzierbar, wenn der politische Wille da ist. Nicht nur, weil es sich um vergleichsweise überschaubare Summen handelt, sondern vor allem, weil es sich um echte Zukunftsinvestitionen handelt. Die Bundesregierung hat mit der Option auf eine Verstetigung ihres Programms ja schon deutlich gemacht, dass das Ziel nur mit einem andauernden Wettbewerb um Exzellenzförderung zu erreichen ist. Aber insgesamt sind die Hochschulen seit langem chronisch unterfinanziert und hier muss noch viel mehr passieren.

Die Länder haben vorgeschlagen, Spitzenwissenschaft durch die Förderung neuer Strukturen zu unterstützen, zum Beispiel zusätzliche Mittel für Exzellenznetzwerke bereitzustellen und entwicklungshemmende Strukturen abzubauen. Welche sind das? Was können die Hochschulen selbst tun?

Wir werden sehen, wie sich diese Programme konkret entwickeln. Aber wir haben in Deutschland eine Reihe von Strukturproblemen im rechtlichen Bereich: Zulassung, Kapazitätsverordnung, Ausländerrecht oder tarifliche Regeln, die der Wissenschaft nicht angemessen sind. Die Kooperation zwischen Hochschulen und den zahlreichen außeruniversitären Forschungseinrichtungen muss dringlich intensiviert werden. Und schließlich tun wir zu wenig für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Graduiertenschulen sind daher wichtig, aber dann auch eine anschließende Beschäftigungsperspektive.

Herr Professor Gaehtgens, vielen Dank.

Die Fragen stellte Patricia Pätzold

 

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