Wissen, Raum und Macht
Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zur Kartografie
in der Frühen Neuzeit am Frankreichzentrum
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Die "Carte géographique
de la Nouvelle Franse/faictte par le Sieur de Champlain ..."
wurde 1612 in Paris angefertigt
(Bild anklicken für größere Darstellung) |
Die Kartografie, auf den ersten Blick eine mathematisch-objektive
Wissenschaft, spielte in der Zeit nach 1800 für die Durchsetzung
und Legitimierung der Nation in Frankreich und Deutschland eine
wesentliche Rolle. Schon in der Frühen Neuzeit ist in der Kartografie
ein internationales Beeinflussungsverhältnis - zwischen Frankreich
und Kanada als "la Nouvelle France" - erkennbar. Hier
stellen sich Fragen nach dem kartografisch gefassten Verhältnis
von Metropole und Peripherie, den imaginären Entwürfen
vom Norden und dem Transfer von kartografischem Wissen zwischen
Kulturen und Staaten.
Diesen Fragen geht ein interdisziplinäres Forschungsprojekt
am Frankreichzentrum
der TU Berlin nach: "Der Raum der Karten. Kartografie - Wissenschaft,
Politik und Macht. Frankreich und der frankophone Raum, 16.-20.
Jahrhundert". Die Teilprojekte werden geleitet von dem Kulturwissenschaftler
Dr. Jörg Seifarth und dem Historiker Dr. Bernhard Struck.
Mit den Forschungsprojekten soll eine über Drittmittel finanzierte
Forscher- und Nachwuchsgruppe an das Frankreich-Zentrum gebunden
werden. Historisch-geografische und kulturwissenschaftliche Dissertationsprojekte,
auch von französischen Doktoranden, sollen einbezogen werden.
Der thematische Bogen spannt sich dabei vom französischen Kolonialismus
über den frankophonen Raum in Afrika bis zu einer europäisch
vergleichenden Perspektive unter Einbezug Ostmitteleuropas.
Das Projekt "Der Raum der Karten" greift die kritische
Diskussion zum Verhältnis von Raum und Zeit sowie aktuelle
Fragen bezüglich einer "Wiederkehr des Raumes" auf.
Im Vordergrund steht der Zusammenhang von Wissen (Karten und Kartografie),
Raum (Territorium, Landschaft) und Macht (Nation, Politik), thematisch
und geografisch ausgehend von Frankreich zwischen dem 16. und dem
frühen 20. Jahrhundert. Darunter wird mehr als nur die uns
vertraute Staatsnation verstanden. Auch die französische Kolonialgeschichte
wird integriert. Die Teilprojekte ergänzen sich zu einem interdisziplinären
und epochenübergreifend-geografischen Vergleich. Sie fragen
für die Geschichte der Kartografie seit der Frühen Neuzeit
unter anderem nach der Ausdifferenzierung von Kunst und Wissenschaft.
Die Kartografie der Frühen Neuzeit kann nur gelesen werden,
wenn von einem eng national gefassten Rahmen abgesehen wird. Mit
der Frage nach Karten und deren historischer Bedeutung hinsichtlich
der realen wie imaginären Konstruktion "Frankreichs"
in der Neuzeit greift das Projekt aktuelle Entwicklungen in der
Kultur- und Geschichtswissenschaft auf.
tui
Weitere Aktivitäten des Frankreichzentrums
Am interdisziplinären Frankreichzentrum der TU Berlin
der Fakultät
I, Geisteswissenschaften, wird auf den Gebieten Geschichte,
Literatur und Philosophie geforscht und gelehrt. Ab diesem
Wintersemester ist ein neuer Schwerpunkt mit Workshops, Vorträgen
und Lehrveranstaltungen geplant: "Globalisierung der
Kulturen - Kulturen der Globalisierung. Das Beispiel Frankreich".
Ein weiteres Forschungsprojekt zu den napoleonischen Kriegen
wird vorbereitet.
Im Kontext von Konstruktion und Repräsentation des Raumes
steht die Sektion "Grenzen: Wahrnehmung, Konstruktion,
Historizität", mit der das Zentrum im September
2004 auf dem Historikertag in Kiel vertreten war. Perspektivisch
erweitert werden Forschung und Lehre am Frankreichzentrum
mit einer jedes Semester wechselnden, vom DAAD und der französischen
Botschaft gemeinsam finanzierten Gastprofessur. Im kommenden
Wintersemester wird Dr. Thomas Serrier, Université
Paris VIII, an der TU Berlin lehren und forschen.
tui
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