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Oktober 2004
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Das Abenteuer der Ideen

 
  Josef P. Kleihues

Die Fakultät Architektur Umwelt Gesellschaft ehrt mit Josef P. Kleihues nicht nur einen großen Kollegen und Lehrer, sondern auch einen berühmten Absolventen des Architektur-Fachbereichs der TU Berlin. Er starb am 13. August 2004 in Berlin im Alter von 71 Jahren.

An der TU Berlin schloss J. P. Kleihues sein Studium 1959 mit dem Diplom bei Hans Poelzig ab und ging anschließend als Stipendiat an die Ecole Nationale Supérieure des Beaux Arts in Paris.

Bereits 1962 machte er sich zunächst in Berlin und später auch in Dülmen-Rorup selbstständig. 1972 wurde J. P. Kleihues als Professor für Entwerfen und Architekturtheorie an die Universität Dortmund berufen, seit 1984 hatte er dann den Lehrstuhl für Entwerfen und Städtebau inne. Von 1994 bis zu seinem Ausscheiden als Emeritus im Jahre 1998 lehrte er das Fach Baukunst an der Kunstakademie Düsseldorf.

Kleihues' Erkenntnisinteresse und Leidenschaft galten zeitlebens der Architektur der Stadt als urbanem Lebensraum. Zwischen 1975 und 1977 realisierte er, als gebaute Kritik an der damaligen Berliner Stadtbau-Politik (zum Beispiel der "Kahlschlag-Sanierung" gewachsener Kreuzberger Wohnquartiere oder den Neubau-"Bettenburgen" des Märkischen Viertels), den viel beachteten "Vineta-Block" in Berlin-Wedding als erste "Rekonstruktion" eines Baublocks im Nachkriegs-Westberlin.

Die "Kritische Rekonstruktion" der Stadt sollte später zum Leitbild der innerstädtischen Neubaugebiete der Internationalen Bauausstellung Berlin 1979-1987 werden, für die J. P. Kleihues als Planungsdirektor berufen wurde. In Rückbesinnung auf das im historischen Stadtgrundriss verborgene Gedächtnis der Stadt formulierte er einerseits sein städtebauliches Regelwerk einer "Kritischen Rekonstruktion", forderte andererseits jedoch eine architekturtheoretisch-philosophische Auseinandersetzung mit dem Thema "Stadt Bau Kunst" im Sinne einer "kritischen" architektonischen Neuinterpretation der örtlichen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen.

Er führte damit eine neue Kultur des Architektonischen Diskurses in die Berliner Bau-Debatte ein. Er provozierte "Das Abenteuer der Ideen" und ermutigte - neben den gestandenen Berliner und deutschen Architekten - gerade auch die internationale Architektur-Avantgarde und den Nachwuchs der jungen Berliner Architekten zur Diskussion und baulichen Umsetzung ihrer Ideen.

Führende Vertreter der internationalen Architekturszene konnten damals ihr erstes Bauwerk realisieren. So zum Beispiel Raimund Abraham, Peter Cook, John Heyduk, Peter Eisenman, Daniel Libeskind, Zaha Hadid, ebenso Junge Berliner Architekten wie Kollhoff/Ovaska, Brenner Tonon, Liepe/Steigelmann und der Autor dieses Nachrufs.

Kleihues' Werk, selbst Beispiel hoher Baukunst, ist mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen versehen worden. Die Deutsche Architekturszene verliert mit ihm einen ihrer bedeutendsten Architekten und Hochschullehrer des 20. Jahrhunderts.

Prof. Dipl.-Ing. Klaus Zillich

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