Der Vegetationsmanager - Ingenieurbiologie setzt frische Akzente
Neu berufen: Norbert Kühn entwickelt Konzepte zur Begrünung
städtischer Freiflächen
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Norbert Kühn |
Damit Berghänge nicht ins Rutschen geraten, Deiche nicht hinweggespült
werden, es dem Meer auf seinem fortwährenden Beutezug nicht
gelingt, sich ein Stück Land einzuverleiben, und Böschungen
von heimtückischer Erosion verschont bleiben, ist das Wissen
des Ingenieurbiologen gefragt. Er braucht zum Bauen keinen Stahl,
kein Glas, keinen Beton, sein Material sind Pflanzen - Schilf, Gehölze,
Rasen. "Die Ingenieurbiologie ist ein aus der Landschaftsplanung
nicht mehr wegzudenkender Bereich und kann auf eine lange Tradition
verweisen, deren Ursprünge im 18. Jahrhundert zu finden sind.
Damals besann sich der Mensch darauf, die Natur mittels alter Kulturtechniken
zu schützen und mit Pflanzen zu bauen", erzählt Norbert
Kühn, der im vergangenen Jahr an das Fachgebiet
Ingenieurbiologie der Technischen Universität Berlin berufen
wurde. Diese Sicherungsbauweisen mit Pflanzen in der Landschaft
können von jeher als Teil des Umwelt- und Naturschutzes betrachtet
werden.
Doch längst hat sich die Ingenieurbiologie auch andere Bereiche
erschlossen, die unter dem Begriff Vegetationstechnik erfasst werden.
Hier beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Frage, wie sowohl
das ökologische als auch das ästhetische Potenzial der
Pflanzen im städtischen Raum genutzt werden kann und welche
Pflanzen sich dafür eignen. Dach- und Fassadenbegrünungen
sind dafür ein Beispiel, Kühns Vegetationskonzepte zur
Begrünung von großen Freiflächen in der Stadt ein
anderes. Sein Ansatzpunkt im Umgang mit der Vegetation ist ein interaktiver.
Anders als für einen Naturschützer ist für ihn Vegetation
kein Selbstzweck. "Mir geht es nicht so sehr darum, die Natur,
so wie sie ist, zu erhalten", sagt er, "mich interessiert,
wie sich Pflanzen unter Berücksichtigung von Standort und Klima
für die Umsetzung einer gestalterischen oder funktionalen Idee
eignen und wie der Mensch eingreifen kann und muss, um diese Ideen
umzusetzen und um das beabsichtigte Ziel zu erreichen." Deshalb
versteht sich Kühn auch als Vegetationsmanager.
Kühn, der an der Technischen Universität München-Weihenstephan
Landespflege studierte und 1997 zum Doktor der Agrarwissenschaften
promovierte, will die Ingenieurbiologie an der Universität
um die Gebiete Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung erweitern.
Dies eröffnet ein weites Forschungsspektrum, das von Pflanzen
für technische Bauwerke zur ökologischen Ressourcenbewirtschaftung
über Vegetationskonzepte für den Stadtumbau, Vegetationsmanagement
in Städten bis zu der seit Jahren an der TU Berlin etablierten
Rasenforschung reicht. Die Auseinandersetzung mit Prinzipien der
Pflanzenverwendung im modernen und historischen Kontext soll die
theoretische Basis dieser Forschungsarbeiten schaffen. So entsteht
ein Fachgebiet, das alle Bereiche abdeckt, in denen die Vegetation
für gestalterische und technische Aspekte eingesetzt wird.
Sybille Nitsche
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