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Oktober 2004
 
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"Die ökonomischen Auswirkungen sind dramatisch"

Ludwig Pawlowski über Herausforderungen an die Wasserversorgung in der Stadt und die Gründe der Preissteigerungen

 
  Ludwig Pawlowski, Berliner Wasserbetriebe

Mit den weltweiten Problemen der Wasserversorgung beschäftigte sich Anfang Oktober in Berlin auch die Internationale Wasserkonferenz, die von der TU Berlin unterstützt wurde. Das Eröffnungsreferat hielt Ludwig Pawlowski, Technischer Vorstand der Berliner Wasserbetriebe. Mit ihm sprach Sybille Nitsche für TU intern.

Herr Pawlowski, was sind die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen an die Wasserversorgung in Berlin?

Eines der herausragenden Probleme wird sein, dass durch die Auffüllung der stillgelegten Braunkohletagebaue in der Lausitz eines Tages über die Spree hohe Sulfatfrachten die Trinkwasserversorgung gefährden können, wenn die nötigen Verdünnungsmengen nicht vorhanden sind. Das heißt, wenn sich der zurückgehende Niederschlag mit den tatsächlichen Abflüssen aus diesen Seen überlagert, könnte dies zu Problemen in Berlin führen. Das zweite große Problem ist, dass vor diesem Hintergrund mit den wenigen Zuflüssen die Wasserversorgung Berlins aufrecht erhalten werden muss. Da diese nur zu einem Teil mit natürlichem Grundwasser sichergestellt wird, haben wir es mit Recyclinganteilen aus dem gereinigten Abwasser zu tun. Das sind Stoffe, die in Klärwerken nicht abgebaut werden wie zum Beispiel Pharmazeutika. Der dritte große Problemkreis ist, dass 2015 alle europäischen Gewässer in einem guten Zustand sein sollen laut Wasserrahmenrichtlinie der EU. In Berlin wird das ohne Phosphorreduzierung nicht möglich sein. Hier ist die Stadt aber auch von der Verringerung der Phosphormengen in der Landwirtschaft im Umland abhängig.

Es gibt Prognosen, dass der Spreewald austrocknen könnte. Wie beeinflusst der Spreewald den Wasserhaushalt Berlins?

Bei diesen Prognosen geht es darum, dass die Niederschlagsmengen in der Region in 50 Jahren deutlich niedriger sein werden als momentan. Das hat zur Folge, dass der Spreewald stirbt. Dann verdunstet dort weniger zum Beispiel über die Laubbäume und es kommt mehr Wasser in Berlin an. Wir liegen heute in Berlin bei 600 Millimeter Niederschlag, in Teilen an der Oder nur noch bei 450 Millimeter pro Jahr. Wenn sich das um die Hälfte reduziert, wird in Berlin nicht mehr genügend Gesamtabfluss für den Uferfiltratanteil zur Verfügung gestellt, um die gleiche Qualität der Wasserversorgung zu sichern. Die Verdunstungsmengen sind dann größer als das, was an Niederschlag fällt. Dann müsste der Winterniederschlag ausreichen, um das gesamte System zu füllen. Da haben wir ein Mengenproblem.

Die Berliner sparen Wasser, trotzdem steigen die Preise. Wie erklären Sie das den Menschen? Die glauben, wenn sie Wasser sparen, dann gehen auch die Preise nach unten.

Das ist ja auch so, da in Berlin, anders als in anderen Städten, kein Grundpreis besteht. Für das, was nicht an Wasser verbraucht wird, wird auch nichts bezahlt. Sie sparen Geld, wenn sie Wasser sparen. Tatsächlich ist es so, dass mit der 15-prozentigen Preiserhöhung für das Jahr 2004 aus Wasserverkauf und Abwasserdienstleistung der gleiche Umsatz gemacht wird wie 1996. Faktisch gesehen haben wir Inflation und andere Dinge durch innerbetriebliche Verbesserungen aufgefangen. Die Bürger, die Industrie, das Gewerbe - sie als Kunden der Berliner Wasserbetriebe insgesamt also - zahlen für das Jahr 2004 für die Gesamtleistung nicht mehr als 1996. Aber der Preis ist für 2004 gestiegen, weil die Tarife 2000 bis 2004 die kalkulatorischen Kosten nie vollständig gedeckt haben. Weil aber der Preis gestiegen ist, hat sich der Kunde gesagt, jetzt zeig' ich es den Wasserbetrieben und lass' den Hahn öfters zu. Tatsächlich ist der Verbrauch, den wir als Basisverbrauch im Winter messen, nach der angekündigten Preiserhöhung noch vor der ersten Rechnungslegung um drei Prozent gesunken. Das hat ökonomisch dramatische Folgen: Die drei Prozent, die uns im Umsatz fehlen, fehlen uns in der Kostendeckung. Das führt zu der dreiprozentigen Preissteigerung. Die Hauptursache für diesen Zusammenhang ist, dass wir von festen Kostenblöcken von etwa 80 Prozent ausgehen müssen, die aus den hohen Kapitalaufwendungen herrühren. Mit jedem Tropfen Wasser, den die Berliner sparen, haben die Wasserbetriebe aber immer noch die 80 Prozent Gesamtbelastung.

Sie sagen, es habe in Berlin ökologisch keinen Sinn, Wasser zu sparen. Warum?

... weil in Berlin durch das Sparen die Grundwasserstände steigen, die die Wasserbetriebe dann künstlich niedrig halten müssen, um Bauwerke nicht zu gefährden.

Tarifsystem reformbedürftig

Nachdem bereits in diesem Jahr die Wasserpreise in der Hauptstadt um rund 15 Prozent gestiegen waren, wollen die Berliner Wasserbetriebe zu Jahresbeginn 2005 erneut die Preise um fünf Prozent auf 2,21 Euro pro Kubikmeter erhöhen. Für Prof. Dr. Georg Meran, Leiter des Fachgebiets Wirtschaftspolitik und Umweltökonomie an der TU Berlin sowie Vizepräsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin, ist die Tarifstruktur der Berliner Wasserbetriebe reformbedürftig. Seiner Meinung nach sollte zu einem zweiteiligen Tarifsystem übergegangen werden, das sich aus einer Anschlussgebühr und dem Verbrauchspreis zusammensetzt. Mit der Anschlussgebühr ließen sich die Fixkosten der Wasserversorgung abdecken, mit dem Verbrauchspreis die variablen Kosten, die unmittelbar an den Verbrauch gebunden sind. Damit ließe sich der Kreislauf durchbrechen, dass wegen des sinkenden Verbrauches die Preise steigen. Zudem fordert Prof. Meran mehr Transparenz bei der Preisbildung durch den Aufbau eines bundesweiten Benchmarksystems, das einen Kosten-Leistungs-Vergleich ermöglicht.

sn

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