Das Allerletzte
Zur freundlichen Erinnerung
Abtreten von der Bühne, ob freiwillig oder unfreiwillig, ist
immer schwer. Wenigstens ein bisschen will der Mensch seinen Mitmenschen
in Erinnerung bleiben. So pflegt der ehemalige Außenminister
Joschka Fischer bei Reisen um die Welt seinen Ruf als Privat-Diplomat.
Der ehemalige Bundskanzler Gerhard Schröder bleibt seinem Drang
nach Publizität treu und berät nun einen Schweizer Medienverlag.
Neuerdings sogar will er sich auch im Alltag in unsere Erinnerung
bringen, nämlich immer, wenn wir den Gasherd anschalten: Ob
er den Job im Aufsichtsrat der russisch-deutschen Gas-Pipeline-Unternehmen
seinen fundierten Kenntnissen der Pipeline-Technologie verdankt
oder den guten Kontakten zum russischen Staatspräsidenten,
wissen wir nicht. Wir wissen auch nicht, wie lukrativ das ist. Am
gefälligsten aber hat der ehemalige Präsident der Leibniz-Gesellschaft,
Hans-Olaf Henkel, sein Amt abgegeben. Er bleibt der Allgemeinheit
in Form eines Schmetterlings in freundlicher Erinnerung: Wenn uns
des Nachts der "Bracca olafhenkeli" umschwirrt, ein neu
entdeckter Nachtfalter aus der Familie der Geometridae - zu Deutsch
"Spanner" - mit einer elegant in Grau-Weiß gehaltenen
Flügelzeichnung und leider giftig, dann denken wir wehmütig
an den ehemaligen BDI-Chef.
Aber auch die einfachen Leute entwickeln erstaunliche Fantasien,
um nicht in Vergessenheit zu geraten, wie man liest. Immer öfter,
so ist zu befürchten, ertönt auf irischen Friedhöfen
plötzlich ein dumpfes, unterirdisches Handyklingeln. Der Wanderer
über den Gottesacker hat es dann nicht etwa mit dem technisch
zeitgemäß hochgerüsteten Dracula zu tun, sondern
mit einem Verblichenen, der sein Handy mit ins Grab genommen hat.
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