Den Staat in die Schranken gewiesen
Manfred Kappeler reformierte die Kinder- und Jugendhilfe in
Deutschland
"Von der Jugendfürsorge der Nachkriegszeit zur Kinder-
und Jugendhilfe der Nach-Wende-Zeit". Unter diesem Titel stand
nicht nur die Veranstaltung des Instituts
für Sozialpädagogik zur Verabschiedung und zum 65.
Geburtstag von Prof. Dr. Manfred Kappeler Anfang Februar, dieses
Thema beschreibt zugleich seinen eigenen beruflichen Werdegang in
der Jugend- und Sozialarbeit. Seine Grundausbildung an einer Fachschule
für Sozialarbeit, fünfzehn Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland, war noch stark bestimmt vom klassifizierenden
eugenischen Denken der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Auch in der Praxis der Jugendfürsorge herrschte ein postfaschistischer
Geist. In deren Anstalten lebten jährlich rund 150 000 jugendliche
Jungen und Mädchen gegen ihren Willen unter extrem fremdbestimmten
Bedingungen. Die 68er Studentenbewegung kritisierte die soziale
Arbeit mit Menschen aller Altersstufen. An dieser Kritik war Professor
Kappeler praktisch und theoretisch maßgeblich beteiligt, die
schließlich in der Reform des Jugendhilferechts mit dem Inkrafttreten
des Kinder- und Jugendhilfegesetzes 1990/91 ihren Niederschlag fand.
In diesem Gesetz ist die Vorherrschaft staatlicher Eingriffsmentalität
zurückgedrängt zugunsten einer an Hilfe und Förderung
ausgerichteten Kinder- und Jugendhilfe. Ohne die Forschung und Lehre
sowie die praktische Arbeit von Prof. Kappeler wäre dieser
Paradigmenwechsel nicht denkbar gewesen.
tui
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