2-3/05
Februar-März 2005
 
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Beweglicher Körper - befreiter Geist

Die Garçonne-Mode der 20erjahre in Berlin und Paris kreierte ein neues Frauenbild

 
  Modezeichnung von Jeanne Mammen: Drei Damen in Gesellschaftskleidung (um 1927)
Foto: VG Bild, Bonn

Ob Paris oder Berlin - die Großstadt der Zwanzigerjahre gilt als Inbegriff einer in Bewegung geratenen Gesellschaftsordnung. Ihr Symbol ist die Garçonne, die Neue Frau, das Girl. Die Garçonne als Bezeichnung für die "Neue Frau" der Zwanziger kommt 1922 in Frankreich mit dem gleichnamigen Roman von Victor Margueritte auf die Welt, einem der größten Bucherfolge der Zwischenkriegszeit. Sie wird schnell zu einem modernen Mythos, der ein neues Bild von Weiblichkeit entstehen lässt. Die Garçonne ist zugleich ein Kleidungsstil und ein Lebensgefühl. Und: Sie spiegelt die Verschiebung der Geschlechtergrenzen, zwischen denen sich die moderne Frau, aber auch die Künstler und Künstlerinnen neue Spielräume erobern.

Selten war man sich der Bedeutung der Mode als Zeichensystem so deutlich bewusst. Und dies beschränkt sich nicht auf den klassischen Garçonne-Look. Die weibliche Mode, die einer neuen Freiheit und Beweglichkeit des Körpers und einer liberalisierten Sexualmoral Rechnung trägt, wird insgesamt androgyner, sie betont den geschmeidigen schlanken Körper, eine "Neue Sachlichkeit" setzt sich durch. Dabei ist die Kleidung sowohl eine konkrete körperliche Erfahrung als auch eine Metapher für den befreiten Geist. Sie steht für eine enge Verbindung von Alltag und Kunst, von Existenz und Philosophie, von Freiheit und Notwendigkeit. Die Mode ist somit Ausdruck neuer Vorstellungen und Möglichkeiten, die sie zugleich einfordert.

Das interdisziplinäre Kolloquium in der Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin, konzipiert von den TU-Literaturwissenschaftlerinnen Margarete Zimmermann und Stephanie Bung vom Frankreich-Zentrum in Zusammenarbeit mit Adelheid Rasche von der Lipperheideschen Kostümbibliothek sowie organisatorisch von Kathrin Hapel und Katrin Wank betreut, beschäftigte sich mit den unterschiedlichen Manifestationen von Mode: von der Alltagskultur über Modezeichnung, -fotografie und -zeitschriften bis hin zu Literatur, Philosophie und Malerei.

Die jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen aus Frankreich und Deutschland spürten der "Garçonne" in verschiedenen Medien und Modezeitschriften und bei verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern nach wie Jeanne Mammen, Sonia Delaunay, Lieselotte Friedländer und Man Ray, bei Schriftstellerinnen wie Colette, Catherine Pozzi und dem Romancier Paul Morand. Parallel zum Kolloquium wurden Modegrafiken und Modezeichnungen von Sonia Delaunay, Lieselotte Friedländer und Jeanne Mammen gezeigt.

Eine deutschsprachige Veröffentlichung der Vorträge ist in Vorbereitung, eine zusätzliche Publikation in Frankreich geplant.

Prof. Dr. Margarete Zimmermann,
Dr. des. Stephanie Bung

Reizwort Globalisierung

Mit dem Thema der Globalisierung widmet sich das Frankreich-Zentrum zwei Jahre lang in Forschung und Lehre einem zentralen Reizwort der aktuellen politischen - auch sozialen und kulturwissenschaftlichen - Diskussion. Die Debatte öffnete die traditionell eher europäisch-westlich orientierte Wissenschaft, doch der eigentliche Charakter der Globalisierung und ihre Folgen auf die unterschiedlichen Kulturen in den einzelnen Regionen der Welt blieben außerordentlich umstritten. Erstmalig veranstaltet das Frankreich-Zentrum in diesem Sommersemester zwei "journées des études" zum Thema und hat dazu international anerkannte Referenten geladen.

23. April 2005: Erster Journée d'études "Globalisierung als Herausforderung für die Kulturwissenschaften"
21. Juni 2005: Vortrag Kapil Raj

www.tu-berlin.de/fak1/frankreich-zentrum/

 

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