Beweglicher Körper - befreiter Geist
Die Garçonne-Mode der 20erjahre in Berlin und Paris kreierte
ein neues Frauenbild
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Modezeichnung
von Jeanne Mammen: Drei Damen in Gesellschaftskleidung (um 1927)
Foto: VG Bild, Bonn |
Ob Paris oder Berlin - die Großstadt der Zwanzigerjahre gilt
als Inbegriff einer in Bewegung geratenen Gesellschaftsordnung.
Ihr Symbol ist die Garçonne, die Neue Frau, das Girl. Die
Garçonne als Bezeichnung für die "Neue Frau"
der Zwanziger kommt 1922 in Frankreich mit dem gleichnamigen Roman
von Victor Margueritte auf die Welt, einem der größten
Bucherfolge der Zwischenkriegszeit. Sie wird schnell zu einem modernen
Mythos, der ein neues Bild von Weiblichkeit entstehen lässt.
Die Garçonne ist zugleich ein Kleidungsstil und ein Lebensgefühl.
Und: Sie spiegelt die Verschiebung der Geschlechtergrenzen, zwischen
denen sich die moderne Frau, aber auch die Künstler und Künstlerinnen
neue Spielräume erobern.
Selten war man sich der Bedeutung der Mode als Zeichensystem so
deutlich bewusst. Und dies beschränkt sich nicht auf den klassischen
Garçonne-Look. Die weibliche Mode, die einer neuen Freiheit
und Beweglichkeit des Körpers und einer liberalisierten Sexualmoral
Rechnung trägt, wird insgesamt androgyner, sie betont den geschmeidigen
schlanken Körper, eine "Neue Sachlichkeit" setzt
sich durch. Dabei ist die Kleidung sowohl eine konkrete körperliche
Erfahrung als auch eine Metapher für den befreiten Geist. Sie
steht für eine enge Verbindung von Alltag und Kunst, von Existenz
und Philosophie, von Freiheit und Notwendigkeit. Die Mode ist somit
Ausdruck neuer Vorstellungen und Möglichkeiten, die sie zugleich
einfordert.
Das interdisziplinäre Kolloquium in der Kunstbibliothek, Staatliche
Museen zu Berlin, konzipiert von den TU-Literaturwissenschaftlerinnen
Margarete Zimmermann und Stephanie Bung vom Frankreich-Zentrum
in Zusammenarbeit mit Adelheid Rasche von der Lipperheideschen Kostümbibliothek
sowie organisatorisch von Kathrin Hapel und Katrin Wank betreut,
beschäftigte sich mit den unterschiedlichen Manifestationen
von Mode: von der Alltagskultur über Modezeichnung, -fotografie
und -zeitschriften bis hin zu Literatur, Philosophie und Malerei.
Die jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen aus Frankreich und Deutschland
spürten der "Garçonne" in verschiedenen Medien
und Modezeitschriften und bei verschiedenen Künstlerinnen und
Künstlern nach wie Jeanne Mammen, Sonia Delaunay, Lieselotte
Friedländer und Man Ray, bei Schriftstellerinnen wie Colette,
Catherine Pozzi und dem Romancier Paul Morand. Parallel zum Kolloquium
wurden Modegrafiken und Modezeichnungen von Sonia Delaunay, Lieselotte
Friedländer und Jeanne Mammen gezeigt.
Eine deutschsprachige Veröffentlichung der Vorträge ist
in Vorbereitung, eine zusätzliche Publikation in Frankreich
geplant.
Prof. Dr. Margarete Zimmermann,
Dr. des. Stephanie Bung
Reizwort Globalisierung
Mit dem Thema der Globalisierung widmet sich das Frankreich-Zentrum
zwei Jahre lang in Forschung und Lehre einem zentralen Reizwort
der aktuellen politischen - auch sozialen und kulturwissenschaftlichen
- Diskussion. Die Debatte öffnete die traditionell eher
europäisch-westlich orientierte Wissenschaft, doch der
eigentliche Charakter der Globalisierung und ihre Folgen auf
die unterschiedlichen Kulturen in den einzelnen Regionen der
Welt blieben außerordentlich umstritten. Erstmalig veranstaltet
das Frankreich-Zentrum in diesem Sommersemester zwei "journées
des études" zum Thema und hat dazu international
anerkannte Referenten geladen.
23. April 2005: Erster Journée d'études
"Globalisierung als Herausforderung für die Kulturwissenschaften"
21. Juni 2005: Vortrag Kapil Raj
www.tu-berlin.de/fak1/frankreich-zentrum/
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