2-3/05
Februar-März 2005
 
TU intern
2-3/2005 als
pdf-Datei
(850 kb)
 Themenseiten 
Titel
Inhalt
Aktuell
Physik im Fokus
Innenansichten
Lehre & Studium
Brücken der Welt
Forschung
Alumni
Menschen
Vermischtes
Impressum
TU-Homepage

Büros im Schatten

Immobilienentwicklung auf dem New Yorker Büromarkt nach dem 11. September

 
  Foto: privat

Mehr als drei Jahre sind seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 auf das World Trade Center vergangen. Noch immer sind die politischen Auswirkungen und ein politischer Paradigmenwechsel weltweit spürbar. Gravierende Konsequenzen gab es besonders auch für die Wirtschaftsentwicklung in New York City, zum Beispiel für den New Yorker Büroimmobilienmarkt. Rund 1,25 Millionen Quadratmeter Büroraum und 23 Bürohochhäuser wurden durch den Angriff entweder komplett zerstört oder schwer beschädigt. Mehr als 100000 Beschäftigte wurden an über 1000 verschiedenen Ausweichstandorten untergebracht.

Mit den Wirkungen auf Angebot und Nachfrage im Büromarkt beschäftigt sich Dipl.-Ing. Franz Fürst, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Stadt- und Regionalökonomie an der Fakultät VII der TU Berlin. Seine Arbeit, vor Ort am Center for Urban Research der City University durchgeführt, ist Teil eines Projektverbundes zu den ökonomischen und sozialen Folgen der Anschläge, den die Russell Sage Foundation initiiert hat, eine der größten und renommiertesten Stiftungen für Forschung in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in den USA.

Aus umfangreichen Daten, die er mit Unterstützung verschiedener Institutionen und Unternehmen in New York sammeln konnte, ermittelte Fürst die Auswirkungen der Anschläge auf einzelne Immobilienteilmärkte in New York. Erstaunliches kam dabei ans Licht: Ein Massenexodus von Unternehmen und Beschäftigten des für New York wichtigen Finanzsektors, wie er nach den Ereignissen des 11. September von vielen Wirtschaftsexperten prognostiziert worden war, hatte nicht stattgefunden. Dennoch waren deutliche Einschnitte in der Beschäftigungsentwicklung und in den Büromieten und -leerständen, gerade in Lower Manhattan, zu verzeichnen. Vor allem Gebäude mit Berühmtheitswert wie das Empire State Building oder das Chrysler Building waren nach dem 11. September vermutlich aus Angst vor weiteren Anschlägen von überdurchschnittlich hohem Leerstand betroffen.

Paradoxerweise sanken die Leerstandsraten von Büros trotz signifikanter Angebotsverknappung infolge der Zerstörung des World Trade Centers nicht, sondern stiegen deutlich an und zogen einen Mietpreisverfall nach sich. Als Ursache fand Franz Fürst, neben der wirtschaftlichen Rezession, ein Phänomen, das Immobilienforscher "Shadow Space" nennen: Büroraum, der von Unternehmen in Erwartung künftiger Flächenexpansion angemietet wird. Diese Räume sind für Marktforscher nicht als Leerstand erkennbar.

Die Untersuchung des TU-Wissenschaftlers Fürst zu den Standortbewegungen der Unternehmen des zerstörten World Trade Centers ergab, dass große Unternehmen viele Mitarbeiter an anderen Standorten, etwa in Midtown Manhattan, unterbringen konnten, ohne zusätzlichen Büroraum anmieten zu müssen. Auch kleinere und mittlere Unternehmen im World Trade Center siedelten an Standorte mit einer kritischen Masse an Unternehmen der gleichen Branche. Diese intakten Agglomerationseffekte unter Krisenbedingungen können, so der TU-Wissenschaftler, in den USA als positives Signal für eine Erholung der New Yorker Bürobeschäftigung gewertet werden.

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts, die bereits von der amerikanischen Presse aufgegriffen wurden, werden in Kürze gemeinsam mit weiteren Ergebnissen des Forschungsverbundes in einer Buchreihe veröffentlicht.

tui

fuerst@gp.tu-berlin.de

 

© TU-Pressestelle 2-3/2005 | TU intern | Impressum | Leserbriefe