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Februar-März 2005
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Man sieht nur den Punkt, der sich bewegt

Nachwuchswissenschaftlerinnen wurden ein Jahr lang im hochschulübergreifenden Programm ProFiL trainiert

Auf dem Weg nach oben: Die zukünftigen Professorinnen haben ein festes Netzwerk geknüpft
Foto: TU berlin/ProFiL

"Das Berufsbild eines Professors hat sich in den letzten Jahren gewandelt", sagt TU-Mathematikerin Dr. Christine Scharlach. "Vieles muss er oder sie heute schon aus Kostengründen allein machen, wofür man früher genügend Hilfe hatte. Auch die Verwaltungs- und Gremienarbeit hat erheblich zugenommen. Den Beruf muss man regelrecht lernen. Fachliche Qualifikation reicht da schon lange nicht mehr." Christine Scharlach ist Teilnehmerin des Programms "Professionalisierung für Frauen in Forschung & Lehre" (ProFiL), ein gemeinsamens Projekt der drei großen Berliner Universitäten, das Nachwuchswissenschaftlerinnen genau das beibringen will, und zwar auf besondere Weise. Die Teilnehmerinnen lernen von Leuten, die den dornigen Weg zur Professur bereits gegangen sind: von einem Mentor oder einer Mentorin aus Wissenschaft und Wirtschaft.

Im Januar berichteten die 35 Teilnehmerinnen und die Mentorinnen und Mentoren des ersten einjährigen Durchganges über ihre Erfahrungen. Um diese "Anleitung zur Professur" haben Christine Scharlach sogar schon viele Männer beneidet, die in der Wissenschaft Karriere machen wollen.

Auch für Dr. Sabine Klapp, Physikerin und seit 2001 Nachwuchsgruppenleiterin im Emmy-Noether-Programm an der TU Berlin, kam ProFiL "goldrichtig". "Es ist zwar toll, schon früh selbstständig forschen zu können und eine eigene Gruppe zu haben. Doch man kann auch niemanden um Rat fragen, da man ja keinem Professor direkt zugeordnet ist." Ihr ProFiL-Mentor war Professor Jürgen Mlynek, Präsident der Humboldt-Universität. "In meiner Karriere hatte ich auch Mentoren und ich wollte mit gutem Beispiel vorangehen", begründet er seine Teilnahme als Mentor. In den Gesprächen zwischen Mentor und Mentee sei es oft um ganz simple Regeln gegangen, die nirgends geschrieben stehen, die aber immens wichtig seien, plaudert Jürgen Mlynek aus dem Nähkästchen. Es sei sinnlos, ein Feuerwerk im Keller abzubrennen, sagt Mlynek und weiß: "Man sieht nur den Punkt, der sich bewegt."

Was die Mentoren selbst von der Teilnahme haben, erläutert Professor Jörg Albertz: "Den Gewinn kann man natürlich nicht in Mark und Pfennig ausdrücken. Doch ich persönlich habe sehr davon profitiert, mit interessanten Leuten, insbesondere aus anderen Fachgebieten, zusammenzukommen, andere Sichtweisen kennen zu lernen." Seine Mentee war die TU-Juniorprofessorin Birgit Kleinschmidt. Mit ihr wird er sogar zukünftig in einem gemeinsamen Projekt zusammenarbeiten. Nicht einmal die eigenen Doktoranden, so Stefan Jähnichen, TU-Professor für Softwaretechnik, würden so gut wie die Mentees "gecoacht". Seit er als Mentor tätig ist, hat er angefangen, bereits seinen Studierenden hin und wieder Einblick in das Berufsleben eines Professors zu gewähren. Zusammen mit Literaturprofessorin Sigrid Weigel hat der Informatiker und Direktor des Fraunhofer-Instituts FIRST ein Gruppen-Mentoring geleitet, an dem mehrere Mentees teilnahmen.

"Mentoring ist allerdings nur die eine Säule des Programms", erklärt Dorothea Jansen, die Seele und Projekt-Koordinatorin des Programms. "Es gibt mehrere Kompaktseminare zu den Themen Karriereplanung, Selfmarketing und Berufungsverfahren, Führungsanforderungen und Hochschulmanagement sowie Drittmittelakquise." Ganz wichtig sei auch die dritte Säule: das ProFiL-Netzwerk, das aus den Teilnehmerinnen des Programms besteht und das mit jedem Durchgang weiter wächst. Dort werden immer wieder neue Möglichkeiten der Vernetzung geschaffen - nicht nur untereinander, sondern auch mit hochkarätigen Gästen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft durch Diskussionsrunden und "Networking-Dinner". "Es reicht nicht, Personen zu professionalisieren, die bereits eine Professur haben. Man muss bereits beim Nachwuchs ansetzen, um diesen auf die Führungsaufgaben vorzubereiten", sagt sie, "und darin ist unser Programm ein Novum in Deutschland."

Der Bedarf ist groß. Für den zweiten Durchgang hatten sich wieder 84 Wissenschaftlerinnen beworben, aus denen 36 ausgewählt wurden. Professor Karl Max Einhäupl, der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, plädiert für das Programm als ständige Einrichtung, denn: "Nicht nur die Industrie klagt über Fachkräftemangel, der zukünftig noch schlimmer zu werden droht. Auch der Wissenschaft wird es an Nachwuchs mangeln. Insofern können wir es uns nicht erlauben, begabte Frauen durch fehlende Strukturen und Stolpersteine in ihrer Karriere zu behindern."

Patricia Pätzold

Der erste ProFiL-Durchgang in Zahlen

One-to-one-Mentoring
29 Tandems

Gruppenmentoring
1 (6 Mentees, 1 Mentor, 1 Mentorin)

Von 33 Mentorinnen und Mentoren kamen acht aus der TU Berlin, neun aus der HU zu Berlin, fünf aus der FU Berlin, elf "externe" aus Universitäten und Forschungseinrichtungen im In- und Ausland sowie aus der Wirtschaft.

Während der Laufzeit schlossen zehn Teilnehmerinnen ihre Habilitation ab, drei bekamen eine Professur, eine wurde Nachwuchsgruppenleiterin (Aktionsplan Informatik des Emmy-Noether-Programms). Ein Drittel der Teilnehmerinnen hat Kinder.

 
Foto: Jansen  

Kontakt
Dorothea Jansen
Wissenschaftliche Koordinatorin
ProFiL - Hochschulübergreifendes Mentoring-Programm TU Berlin
Tel.: 314-2 93 04
www.profil-programm.de

 

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