Man sieht nur den Punkt, der sich bewegt
Nachwuchswissenschaftlerinnen wurden ein Jahr lang im hochschulübergreifenden
Programm ProFiL trainiert
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Auf dem Weg nach oben: Die
zukünftigen Professorinnen haben ein festes Netzwerk geknüpft
Foto: TU berlin/ProFiL |
"Das Berufsbild eines Professors hat sich in den letzten
Jahren gewandelt", sagt TU-Mathematikerin Dr. Christine Scharlach.
"Vieles muss er oder sie heute schon aus Kostengründen
allein machen, wofür man früher genügend Hilfe hatte.
Auch die Verwaltungs- und Gremienarbeit hat erheblich zugenommen.
Den Beruf muss man regelrecht lernen. Fachliche Qualifikation reicht
da schon lange nicht mehr." Christine Scharlach ist Teilnehmerin
des Programms "Professionalisierung
für Frauen in Forschung & Lehre" (ProFiL), ein
gemeinsamens Projekt der drei großen Berliner Universitäten,
das Nachwuchswissenschaftlerinnen genau das beibringen will, und
zwar auf besondere Weise. Die Teilnehmerinnen lernen von Leuten,
die den dornigen Weg zur Professur bereits gegangen sind: von einem
Mentor oder einer Mentorin aus Wissenschaft und Wirtschaft.
Im Januar berichteten die 35 Teilnehmerinnen und die Mentorinnen
und Mentoren des ersten einjährigen Durchganges über ihre
Erfahrungen. Um diese "Anleitung zur Professur" haben
Christine Scharlach sogar schon viele Männer beneidet, die
in der Wissenschaft Karriere machen wollen.
Auch für Dr. Sabine Klapp, Physikerin und seit 2001 Nachwuchsgruppenleiterin
im Emmy-Noether-Programm an der TU Berlin, kam ProFiL "goldrichtig".
"Es ist zwar toll, schon früh selbstständig forschen
zu können und eine eigene Gruppe zu haben. Doch man kann auch
niemanden um Rat fragen, da man ja keinem Professor direkt zugeordnet
ist." Ihr ProFiL-Mentor war Professor Jürgen Mlynek, Präsident
der Humboldt-Universität.
"In meiner Karriere hatte ich auch Mentoren und ich wollte
mit gutem Beispiel vorangehen", begründet er seine Teilnahme
als Mentor. In den Gesprächen zwischen Mentor und Mentee sei
es oft um ganz simple Regeln gegangen, die nirgends geschrieben
stehen, die aber immens wichtig seien, plaudert Jürgen Mlynek
aus dem Nähkästchen. Es sei sinnlos, ein Feuerwerk im
Keller abzubrennen, sagt Mlynek und weiß: "Man sieht
nur den Punkt, der sich bewegt."
Was die Mentoren selbst von der Teilnahme haben, erläutert
Professor Jörg Albertz: "Den Gewinn kann man natürlich
nicht in Mark und Pfennig ausdrücken. Doch ich persönlich
habe sehr davon profitiert, mit interessanten Leuten, insbesondere
aus anderen Fachgebieten, zusammenzukommen, andere Sichtweisen kennen
zu lernen." Seine Mentee war die TU-Juniorprofessorin Birgit
Kleinschmidt. Mit ihr wird er sogar zukünftig in einem gemeinsamen
Projekt zusammenarbeiten. Nicht einmal die eigenen Doktoranden,
so Stefan Jähnichen, TU-Professor für Softwaretechnik,
würden so gut wie die Mentees "gecoacht". Seit er
als Mentor tätig ist, hat er angefangen, bereits seinen Studierenden
hin und wieder Einblick in das Berufsleben eines Professors zu gewähren.
Zusammen mit Literaturprofessorin Sigrid Weigel hat der Informatiker
und Direktor des Fraunhofer-Instituts
FIRST ein Gruppen-Mentoring geleitet, an dem mehrere Mentees
teilnahmen.
"Mentoring ist allerdings nur die eine Säule des Programms",
erklärt Dorothea Jansen, die Seele und Projekt-Koordinatorin
des Programms. "Es gibt mehrere Kompaktseminare zu den Themen
Karriereplanung, Selfmarketing und Berufungsverfahren, Führungsanforderungen
und Hochschulmanagement sowie Drittmittelakquise." Ganz wichtig
sei auch die dritte Säule: das ProFiL-Netzwerk, das aus den
Teilnehmerinnen des Programms besteht und das mit jedem Durchgang
weiter wächst. Dort werden immer wieder neue Möglichkeiten
der Vernetzung geschaffen - nicht nur untereinander, sondern auch
mit hochkarätigen Gästen aus Wissenschaft, Politik und
Wirtschaft durch Diskussionsrunden und "Networking-Dinner".
"Es reicht nicht, Personen zu professionalisieren, die bereits
eine Professur haben. Man muss bereits beim Nachwuchs ansetzen,
um diesen auf die Führungsaufgaben vorzubereiten", sagt
sie, "und darin ist unser Programm ein Novum in Deutschland."
Der Bedarf ist groß. Für den zweiten Durchgang hatten
sich wieder 84 Wissenschaftlerinnen beworben, aus denen 36 ausgewählt
wurden. Professor Karl Max Einhäupl, der Vorsitzende des Wissenschaftsrates,
plädiert für das Programm als ständige Einrichtung,
denn: "Nicht nur die Industrie klagt über Fachkräftemangel,
der zukünftig noch schlimmer zu werden droht. Auch der Wissenschaft
wird es an Nachwuchs mangeln. Insofern können wir es uns nicht
erlauben, begabte Frauen durch fehlende Strukturen und Stolpersteine
in ihrer Karriere zu behindern."
Patricia Pätzold
Der erste ProFiL-Durchgang in Zahlen
One-to-one-Mentoring
29 Tandems
Gruppenmentoring
1 (6 Mentees, 1 Mentor, 1 Mentorin)
Von 33 Mentorinnen und Mentoren kamen acht aus der TU Berlin,
neun aus der HU
zu Berlin, fünf aus der FU
Berlin, elf "externe" aus Universitäten
und Forschungseinrichtungen im In- und Ausland sowie aus der
Wirtschaft.
Während der Laufzeit schlossen zehn Teilnehmerinnen
ihre Habilitation ab, drei bekamen eine Professur, eine wurde
Nachwuchsgruppenleiterin (Aktionsplan Informatik des Emmy-Noether-Programms).
Ein Drittel der Teilnehmerinnen hat Kinder.
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Foto: Jansen |
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Kontakt
Dorothea Jansen
Wissenschaftliche Koordinatorin
ProFiL - Hochschulübergreifendes Mentoring-Programm TU
Berlin
Tel.: 314-2 93 04
www.profil-programm.de
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