2-3/05
Februar-März 2005
 
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Mitten am Rand

Die Zersiedelung deutscher Vorstädte schreitet voran - Ein vergleichender Blick in die USA

Trotz wirtschaftlicher Stagnation verbrauchen wir im Jahr 2004 immer noch jeden Tag 90 Hektar Siedlungsfläche. Diese Zersiedelung im Umland deutscher Städte, die so genannte Zwischenstadt, ist ein gesellschaftliches Problem.

In den USA ist in den letzten Jahren eine breite zivilgesellschaftliche Bewegung gewachsen, die sich gegen diese Zersiedelung, den so genannten "Sprawl", und die daraus erwachsenden ökologischen und sozialen Probleme in den amerikanischen Städten wendet. Sie tritt für die Vision einer nachhaltig gestalteten Region ein. Ihr Ziel ist es, "Sprawl" einzudämmen und soziale Segregation sowie sozial-räumliche Disparitäten in den Stadtregionen zu überwinden. Die Anti-Sprawl-Bewegung ist interdisziplinär und heterogen. Sie besteht aus zahlreichen miteinander vernetzten Organisation, Netzwerken und Institutionen, wie der "National Low Income Housing Coalition", dem "Congress for the New Urbanism", dem "Smart Growth Network America", dem "Urban Land Institute", der "Brooking Institution" oder der "American Association of Planning".

Mittlerweile behauptet das Thema "Sprawl" in den amerikanischen Medien eine große Präsenz. Der Anti-Sprawl-Bewegung ist es gelungen, den öffentlichen Diskurs über die Entwicklung der Regionen, aber auch die Fachdiskussionen der Architekten, Planer und Investoren sowie anderer Disziplinen zu beeinflussen. Zudem wurden die politischen Eliten sensibilisiert. Damit eröffnen sich Chancen einer Reform der Metropolenentwicklung in den USA. Die städtebauliche Praxis der Anti-Sprawl-Bewegung ist aber bislang nur sehr eingeschränkt in der Lage, dem eigenen, ambitionierten Programm zu genügen.

Trotzdem ist der Blick in die USA lehrreich: Denn der dortigen breiten Diskussion steht eine noch sehr bescheidene Debatte zur Gestalt und Entwicklung der Zwischenstadt in Deutschland gegenüber. Auch eine bundes- oder europaweite Vernetzung der mit dem Thema befassten Akteure selbst gibt es bislang nicht, das Thema ist in den Medien wenig präsent und ein Interesse der Öffentlichkeit auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene existiert so gut wie nicht.

Doch diese Zersiedelung muss gedrosselt werden, eine Forderung, die der von der Bundesregierung eingesetzte Rat für Nachhaltige Entwicklung propagiert. Aber selbst der gegenwärtige Zustand der bestehenden Zwischenstadt ist keineswegs befriedigend und nachhaltig, er muss verbessert werden.

Der Blick in die USA ist daher Bestandteil eines Forschungsverbundes, der sich mit den gestalterischen Defiziten der Zwischenstadt auseinander setzt: Im Jahr 2002 startete auf Initiative von Thomas Sieverts das Ladenburger Kolleg der Gottlieb-Daimler-und der Karl-Benz-Stiftung "Mitten am Rand - Zwischenstadt", ein breit angelegtes, mehrjähriges Kolleg, das Wissenschaftler und Architekten zusammenbringt, um Perspektiven für die Zwischenstadt zu entwickeln.

Prof. Dr. Harald Bodenschatz,
Dipl.-Ing. Barbara Schönig

www.zwischenstadt.net

Buchtipp

 
  Foto: privat

Die Ergebnisse des am Schinkelzentrum der TU Berlin angesiedelten Forschungsprojekts zum Thema "Sprawl in den USA" liegen inzwischen als Band 2 der Reihe "Zwischenstadt" in Buchform vor: Harald Bodenschatz/Barbara Schönig: Smart Growth - New Urbanism - Liveable Communities. Programm und Praxis der Anti-Sprawl-Bewegung in den USA. Wuppertal 2004, ISBN 3-928766-62-7

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