Schatzsuche im Müll
Neue Methode zur Analyse von unsortierten Abfällen entwickelt
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Ein so genannter Abfallkompaktor
bei der Arbeit auf einer Mülldeponie
Foto: Argus GmbH |
Ab Juni 2005 tritt eine neue Stufe der "Technischen Anleitung
Siedlungsabfall" in Kraft: Demnach dürfen nur noch mineralisierte
Abfälle auf der Deponie landen. Organische Bestandteile und
andere verwertbare Stoffe dürfen nur noch in geringem Umfang
enthalten sein. Um diese Forderung des Gesetzgebers zu erfüllen,
muss man jedoch genau wissen, was sich in den Abfällen befindet.
Im Müll aus Haushalten beispielsweise mischen sich Papier,
Kunststoffe, Metalle, organische Substanzen oder Asche.
"Je komplexer die Abfälle zusammengesetzt sind, desto
ungenauer sind die bisher praktizierten Verfahren zur Probenahme",
sagte Dr.-Ing. Bertram Zwisele, Geschäftsführer der Berliner
Argus GmbH.
Der Ingenieur für Technischen Umweltschutz hat gemeinsam mit
Prof. Dr.-Ing. Halit Kuyumcu vom Lehrstuhl
für Aufbereitungstechnik der TU Berlin eine Methode entwickelt,
um heterogene Abfälle mit geringen Schüttdichten genau
zu analysieren. "Das Problem liegt in den Dichte-, Form- und
Oberflächenunterschieden der Stoffbestandteile wie Folien,
Blechdosen oder Styropor, die eine Probe wegen ihrer Entmischungseffekte
stark verfälschen können", erläutert Dr. Bertram
Zwisele. "Wir verpressen die Abfälle bei extrem hohen
Drücken von rund eintausend Bar. Dazu mussten wir eine spezielle
Verpressungsapparatur entwerfen, die diesen enormen Belastungen
standhält."
Die Forschungsarbeiten wurden von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft mit rund 175000 Euro gefördert.
Das Ziel der mehrjährigen Forschungen war es, den Unternehmen
der Entsorgungswirtschaft ein Standardverfahren für die neuen
gesetzlichen Anforderungen in die Hand zu geben. "Mithilfe
unserer Apparatur pressen wir definierte Formkörper, die sich
durch Sägen in kleine Einheiten teilen lassen und so unverfälscht
analysiert werden können", erläutert Bertram Zwisele
weiter. "Unsere Experimente mit echtem Hausmüll haben
gezeigt, dass unsere Proben die Stoffgemische bis zu zehnmal genauer
abbilden als bisher genutzte Methoden, beispielsweise aus dem Bergbau.
Sie erwiesen sich für diese Anwendung als ungeeignet."
Mit der Entwicklung eines Probenahme-Prototypen wurde der wissenschaftliche
Nachweis erbracht, dass das neue Verfahren für den vielfältigen
Einsatz in der Industrie tauglich ist. Aus den verpressten Proben
lassen sich handliche Würfel sägen, aus denen sich der
Heizwert oder der Anteil an anorganischen Schadstoffen (zum Beispiel
Schwermetalle) bestimmen lässt. Dazu sind Spezialsägen
notwendig, die große Zähne für leichte Stoffe wie
Papier mit kleinen Zähnen für Metalle kombinieren. Diese
Neuentwicklung lieferten die Berliner Umweltingenieure gleich mit.
"Unternehmen der Entsorgungswirtschaft könnten mit unserem
Verfahren nachweisen, dass die Abfallgemische und damit auch die
aus Abfall hergestellten Brennstoffe einem bestimmten Heizwert entsprechen",
nennt Bertram Zwisele ein Beispiel. "Auf diese Weise könnte
man qualitativ hochwertige Sekundärbrennstoffe aus Müll
für Kraftwerke oder Schmelzöfen anbieten." Auch die
stoffliche Verwertung der Abfälle ließe sich verbessern,
wenn die Stoffeigenschaften genau bekannt sind. "Unser Verfahren
bietet einen Standard für die Probenahme, der für die
wirtschaftliche Verwertung der Inhaltsstoffe unerlässlich ist."
Angesichts steigender Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt wächst
das wirtschaftliche Interesse, Wertstoffe im Müll zu finden,
zu sondieren und der Industrie wieder zur Verfügung zu stellen.
Rund 45 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle werden jährlich
in der Bundesrepublik erfasst, Papier, Verpackungen und Abfälle
aus Biotonnen sowie Sortierreste aus der industriellen Aufbereitung
von Baustellenmüll, Autoschrott oder Elektroaltgeräten.
Ab Juni 2005 dürfen auf den rund 400 Deponien im Bundesgebiet
nur noch mineralische Stoffe mit geringen organischen Anteilen eingelagert
werden. Für alle Siedlungsabfälle, die nicht getrennt
erfasst oder bereits verwertet werden, bedeutet dies, dass sie mechanisch-biologisch
oder thermisch behandelt werden müssen.
Heiko Schwarzburger
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