Licht - das Lebensthema Einsteins
100 Jahre Relativitätstheorie und den 50. Todestag des
Nobelpreisträgers Albert Einstein begehen wir in diesem Jahr.
Lehmanns Fachbuchhandlung und die TU Berlin laden anlässlich
des Einsteinjahrs zur Buchpräsentation
der neuen Einstein-Biografie von Dr. Jürgen Neffe am 27. Januar
ein. Um Ihnen einen literarischen Vorgeschmack auf die Welt des
Albert Einstein zu geben, drucken wir einige Passagen aus dem neuen
Buch, das im Rowohlt-Verlag erscheint.
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Foto: Picture-Alliance/akg-images |
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Es war ein Moment, der die Gäste die winterliche Kälte
vergessen ließ. Erst "stiegen prasselnd Raketen zum Himmel
auf", danach "nahm mit einem Kanonenschlag das überaus
gelungene Feuerwerk sein Ende". Was dann geschieht, versetzt
die Wartenden in der Schwabinger Pfarrstraße in buchstäblich
helle Aufregung - ganz persönliche Sekunden einer Sternstunde
der Menschheit, Ende Februar 1889.
"Mit einem Male erstrahlte der Festplatz sowie die Straßen
Schwabings im hellsten Bogenlampen- und Glühlichte, begrüßt
von den Anwesenden durch lebhafte Beifallsbezeugungen. Herr Einstein,
Vertreter der Firma Einstein & Cie, welch' letzterer die Straßenbeleuchtung
eingerichtet hat, übergab sodann die Anlage der Stadt, für
den ehrenvollen Auftrag bestens dankend."
Wie oft mag der kleine Albert das erlebt haben - Höhepunkte
im Familienleben, Augenblicke fast biblischer Tiefe: Vater und Onkel
bringen den Menschen das Licht. Ein Schalter wird umgelegt, die
gezähmte Glut des Feuers elektrischer Lampen vertreibt das
Dunkel, das Publikum staunt und applaudiert. Licht verbindet sich
mit Wohlgefühl. Der Vater und dessen Bruder als Helden des
Abends. Auch eine Form kindlicher Prägung, die Einstein nur
mit wenigen teilt.
Kurz vor Alberts zehntem Geburtstag hat sich Schwabing als eine
der ersten Gemeinden Bayerns durch "Kraftstrom" erzeugtes
Licht genehmigt. Die öffentliche Einweihung gerät zur
rauschenden Party. In einer Korsofahrt von 150 Wagen zieht die Festgemeinde
durch die neu erleuchteten Straßen zur Salvatorbrauerei. Dort
wird bis in die frühen Morgenstunden gefeiert.
Ein bewegender Moment auch für die Gebrüder Hermann und
Jakob Einstein. Ihre 200 Glühbirnen und die zehn gleißend
hellen Bogenlampen mit einer Leuchtkraft von 1000 "Neuen Kerzen"
funktionieren fehlerfrei.
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Werkstatt, Lager und Ladengeschäft befinden sich in dem Haus,
wo der Junge aufwächst. Er spricht noch keine zusammenhängenden
Sätze, da stellen Vater und Onkel bereits die Wunderwelt ihrer
Waren auf der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung im
Münchner Glaspalast vor. Der bayrische König Ludwig II.
als Schirmherr der Schau lässt sie am 16. September 1882 durch
seinen Vertreter Herzog Karl Theodor eröffnen - abends, stilgerecht
bei künstlicher Beleuchtung, ein Novum. Gleich von Beginn an
sollen die Gäste sinnlich erfahren, was es mit dem Wahlspruch
der Ausstellung auf sich hat: "Mehr Licht!"
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Diese Nacht im Mai 1905, vielleicht die wichtigste in seinem Leben.
Genaues Datum unbekannt. Auch sonst keine Einzelheiten. Keine Zeugnisse
oder Zeugen, nur ein Hörensagen vom Davor und Danach. Ein Zuhörer
hat mitgeschrieben, Ende 1922 im japanischen Kyoto. Dort schildert
Einstein, inzwischen weltbekannt, in deutscher Sprache jene Stunden,
die ihm den Durchblick brachten. Die einzige Quelle.
In der Erinnerung geht ein "wunderschöner Tag" voraus.
Einstein hockt mit seinem Freund und Patentamtskollegen Michele
Besso zusammen. Wie üblich diskutieren sie ein physikalisches
Problem. Nicht irgendeins, sondern das ganz große: Wie lassen
sich die Widersprüche überwinden, die das herrschende
physikalische Weltbild in den letzten Jahren so grundlegend erschüttert
haben? Alle Koryphäen sind an dieser Frage gescheitert - nun
kapituliert auch Einstein: "Ich gebe auf", teilt er dem
Kameraden mit.
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Foto: Picture-Alliance/akg-images |
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Dann die Nacht. Wie hat er sie verbracht? Sicher wieder viel geraucht,
Pfeife, Zigarren. Unzählige Zettel voll gekritzelt, Rückseiten
von Briefen, Rechnungen, egal was. Hauptsache, die Gedanken finden
das Papier. Kann er schlafen? Hält ihn die Erregung wach? Schreit
Hans Albert, das einjährige Baby? Berät er sich mit Mileva?
Hilft sie ihm beim Rechnen? Oder arbeitet er allein, und sie stellt
ihm einmal mehr das Essen vor die Tür?
Irgendetwas muss passiert sein im Gespräch mit Besso. Womöglich
hat ihm der Freund den entscheidenden Tipp gegeben. Oder auch nur
zur rechten Zeit die rettende Frage gestellt. "Plötzlich
verstand ich, wo der Schlüssel zu diesem Problem lag."
Sagt Einstein, gut 17 Jahre später in Japan.
Am Morgen trifft er Besso wieder. Er ruft ihm - "bevor ich
ihn überhaupt begrüßt hatte" - die großartige
Neuigkeit zu: "Danke dir, ich habe mein Problem vollständig
gelöst." Die Lösung erhält ihren Namen erst
einige Jahre später: Spezielle Relativitätstheorie. Wie
Einstein diese Theorie gefunden hat, die mit seinem Namen verschweißt
ist wie Evolution und Psychoanalyse mit Darwin und Freud, weiß
niemand. Wie ihm die Erleuchtung gekommen ist, welche Synapsen in
seinem Gehirn gezündet haben, welche logischen Schritte sich
vollzogen, welche Bilder zusammengeflossen sind, wie er sein Heureka
erlebt hat, den Höhepunkt nach jahrelanger Grübelei -
versunken. Ein Rätsel geknackt, ein neues hinterlassen. Typisch
Einstein.
Was aber davor geschah, was er gewusst, worauf er reagiert, was
ihn getrieben hat, warum Einstein die Relativitätstheorie finden
musste, davon können wir uns ein Bild machen. Nicht der Wahnsinn,
das Glück steht dem Genie am treuesten zur Seite. Aus heutiger
Sicht ist der Patentbeamte ein Auserwählter - der richtige
Mensch am richtigen Ort zur richtigen Zeit.
Die Wurzeln der Revolution reichen tief. Im Rückblick wirkt
alles wie perfekt zusammengepasst. Die Jugendlektüre, das Selbststudium,
die Physikergefährtin, die Akademie Olympia, die Gespräche
mit Besso. Und die Zeit ist reif für seine Entdeckung, durch
die der Raum und die Zeit zum vierdimensionalen Gebilde der Raumzeit
verschmelzen.
Schon als Schüler hat Albert in Alexander von Humboldts "Kosmos"
nachlesen können, "daß wir mit unseren großen
Fernrohren gleichzeitig vordringen in den Raum und in die Zeit".
Und bei Felix Eberty heißt es: "Auf diese Weise haben
wir die Ausdehnung der Zeit mit der des Raumes zusammenfallend der
sinnlichen Anschauung so nahe gebracht, daß Raum und Zeit
als gar nicht voneinander verschieden begriffen werden können."
Humboldt und Eberty beschreiben ein heiß diskutiertes Thema
in Einsteins Jugend: die Zeit als vierte Dimension, eng mit den
drei Dimensionen des Raumes verknüpft. Gemeinsam sind sie als
Einheit aufzufassen. Das muss er nicht erst herausfinden.
Genau diese Idee aber bildet ein Grundelement zum Verständnis
der Relativitätstheorie - auch wenn Einstein sie nach allem,
was bekannt ist, auf einem anderen Weg gefunden hat. Er muss sich
erst durch einen Irrgarten theoretischer Widersprüche arbeiten.
Heute können wir das Labyrinth von oben betrachten und Einstein
mit dem Plan in der Hand bei seinen tastenden Schritten begleiten.
Und wenn es etwas gab, das ihn geführt hat bei seiner Odyssee,
dann ist es sein Lebensthema - das Licht.
Wir danken dem Autor und dem Verlag für die Genehmigung
des Vorabdrucks. Das Buch: Jürgen Neffe, Einstein - Eine Biographie,
Rowohlt Verlag, 352 Seiten, 22,90 Euro, ISBN 3-498-04685-3
TU Berlin und das Einsteinjahr
Vom 4. bis 9. März findet die 69. Jahrestagung der Deutschen
Physikalischen Gesellschaft (DPG) mit allen Fachverbänden
und der Astronomischen
Gesellschaft (AG) an TU und HU
Berlin statt. Schirmherren sind die beiden Universitätspräsidenten.
Diese Veranstaltung ist mit rund 6100 Beiträgen, 672
Fachsitzungen, 21 fachübergreifenden Symposien, elf öffentlichen
Plenarvorträgen, neun öffentlichen Abendvorträgen,
Schülerprogrammen und Ausstellungen die größte
und fachlich umfangreichste Tagung in der 160-jährigen
DPG-Geschichte.
Die zweite große Tagung ist der XX.
Deutsche Kongress für Philosophie, der vom 26. bis
30. September an der TU Berlin zum Thema Kreativität
stattfinden wird. Mit mehr als 1500 erwarteten Teilnehmern
zählt er zu den größten und bedeutendsten
philosophischen Veranstaltungen in Deutschland. "Zur
Teilnahme ist das Fachpublikum wie auch die interessierte
Öffentlichkeit eingeladen", betont Kongressleiter
TU-Prof. Dr. Günter Abel von der Fakultät
I, Geisteswissenschaften, der TU Berlin. Am 29. September
wird ein Kolloquium "Kreativität im Denken Albert
Einsteins" angeboten.
Aber auch die Kinderuniversität der TU Berlin, der UdK
und Arbeiterwohlfahrt Berlin wird sich dem naturwissenschaftlichen
Genie widmen. Ihr Titel in diesem Jahr: "Kinderuni -
Kunst und Technik im Einsteinjahr". Sie findet vom 9.
bis 11. Mai 2005 statt. Am 11. Juni 2005 präsentiert
sich die TU Berlin wieder während der Langen Nacht der
Wissenschaften. Auch diesmal wird einer von vielen Schwerpunkten
im Physik-Gebäude zu finden sein. Viel Spaß bei
der Suche nach Albert Einstein an der TU Berlin.
stt
www.tu-berlin.de/presse/doku/einstein/index.html
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Lesung
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Jürgen
Neffe
Foto: Darchinger |
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Er war "das Gehirn des Jahrhunderts" und hat unser
Weltbild revolutioniert: Albert Einstein. 1879 in Ulm geboren,
1921 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, ab 1933 in den USA
lehrend und forschend, 1955 in Princeton gestorben. Zwischen
diesen Eckdaten vollzieht sich die bewegte und spannende Biografie
eines großen Naturwissenschaftlers, der zugleich als
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Günter
Abel
Foto: TU-Pressestelle |
unkonventioneller und politisch denkender Mensch im Gedächtnis
blieb. Der Journalist und Wissenschaftler Jürgen Neffe
erzählt die Geschichte Einsteins und seiner Epoche -
mit vielen neuen Dokumenten und überraschenden Einsichten.
TU-Professor Dr. Günter Abel eröffnet den Abend.
TU Berlin und die Lehmanns Fachbuchhandlung laden zur Lesung
am 27. Januar, Hardenbergstr. 5 ein. Beginn: 20.15 Uhr. Die
Eintrittskarte kostet 6 Euro.
stt
Karten an der Abendkasse oder:
www.lob.de/haus-hardenberg
veranstaltung@
lehmanns.de
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