Das Leben der Weihnachtskarte nach dem Fest
Juniorprofessorin ist den Schwermetallen im Müll auf der
Spur
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Nach dem Fest: Wohin mit den
bunten Grüßen?
Foto: TU-Pressestelle |
"Es sind oft kleine Dinge wie die Knopfzelle in der sprechenden
Weihnachtskarte, die der Müllwirtschaft Probleme bereiten",
stöhnt Susanne Rotter, die an der Technischen Universität
Berlin in der Fakultät Prozesswissenschaften das Fachgebiet
Abfallwirtschaft als Juniorprofessorin leitet. Denn oft genug
ahnt der Empfänger der Glückwunschkarte nicht einmal etwas
von der versteckten Mini-Batterie in seiner Karte. Wer die Knopfzelle
aber gar nicht entdeckt, hat nach den Feiertagen keinen Grund für
den Gang zur Batteriesammelstelle und wird die Karte wohl im Papier-
oder Restmüll deponieren. Aber auch wenn jeder Deutsche seinen
Abfall pingelig genau in Papier, Glas, Gelbe Tonne oder Sack, Bioabfall,
Batterien, Elektronikschrott und Restmüll trennen würde,
bleiben noch Umweltprobleme, zeigt die Forscherin in einer Studie
zu Schwermetallen im Abfall.
Manchmal verschärft die Mülltrennung einige Probleme
sogar noch. So hilft der "Grüne Punkt" tatsächlich,
Schwermetalle in Kunststoffen für Verpackungen zu reduzieren,
Susanne Rotter misst dort abnehmende Werte. Anders sieht die Situation
dagegen bei langlebigen Gebrauchsgütern aus, die nicht so schnell
in der Tonne landen. Von ihnen sind noch viele aus Zeiten im Umlauf,
in denen Schwermetalle weniger im Blickpunkt standen als heute.
Schuhe, Gummi oder andere Gebrauchsgegenstände kommen zudem
heute oft genug aus Ländern, in denen noch weniger auf giftige
Beimengungen geachtet wird als hierzulande. Obendrein landen Problemkunststoffe
wie Kinderspielzeug mit elektronischen Komponenten im Restmüll,
sobald sie ausgedient haben. In der Müllverbrennungsanlage
sollen Schwermetalle ausgefiltert werden, um später in unterirdischen
Salzlagerstätten deponiert werden zu können.
Doch das ist Theorie. In Berlin wird zurzeit nur etwa die Hälfte
des Restmülls in der Müllverbrennungsanlage Ruhleben verfeuert,
der Rest landet noch immer auf der Deponie. Ab Juni 2005 schreibt
eine Verordnung die vollständige Vorbehandlung des Abfalls
vor. Dann wird die nicht verbrannte Restmüllhälfte getrocknet,
sortiert und teils zu einem Ersatzbrennstoff verarbeitet, der ein
ähnliches Spektrum von Schadstoffen enthalten kann wie der
ursprüngliche Abfall. Aus Klimaschutzgründen macht eine
solche Maßnahme durchaus Sinn: Es werden weniger fossile Brennstoffe
verfeuert und das Klima weniger stark aufgeheizt. Ein Teil der Schwermetalle
wird problemlos ausgefiltert. Ein Teil aber landet auch in der Asche
aus dem Kohlekraftwerk oder im Zement und damit nach Jahren wieder
in der Umwelt. "Abfälle werden mit Blick auf Schwermetalle
eben nie gleiche Qualitäten wie Kohle erreichen", vermutet
Susanne Rotter.
Es sind eine ganze Menge Schwermetalle, die auf diesem Weg in die
Umwelt gelangen können, zeigt die Studie der TU-Wissenschaftlerin:
Blei und Kadmium stammen zum Beispiel aus Kunststoffen, aber auch
aus Schuhen, Leder und Gummi. Zink wiederum findet sich gern in
Holz, in Schuhen und im Gummi und erneut auch in Kunststoffen. Immerhin
stellt Susanne Rotter fest, dass der Anteil des sehr giftigen Kadmiums
in neueren Kunststoffen deutlich abnimmt.
Oft tragen gerade Gegenstände, die nur einen geringen Anteil
am Müll stellen, einen sehr großen Teil der Schwermetallbelastung
in sich, die später im Restmüll gefunden wird. Und dazu
gehört nicht nur die Knopfzelle in der Weihnachtskarte, sondern
auch das Kinderspielzeug oder Elektronikmüll wie Handys, Game-Boys,
Spiele-Konsolen, elektrische Thermometer oder Saftpressen im Restmüll,
weil niemand an die darin enthaltende Elektronik oder gar an die
Schwermetalle denkt.
Roland Knauer
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