Kontroverse um die richtige Lehrerbildung
Vizepräsidenten der Berliner Universitäten legten
erstes Konzept zur Reform vor
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Unterrichtssituation in der
Thomas-Mann-Oberschule in Berlin-Reinickendorf
Foto: TU-Pressestelle |
Im Ringen um eine angemessene und hoch qualifizierte Lehrerbildung
in Berlin gab es kurz vor Jahresende 2004 neue Entwicklungen. Zunächst
hatte der wissenschaftliche Parlamentsdienst des Abgeordnetenhauses
das 2003 in Kraft getretene Lehrerbildungsgesetz geprüft, nach
dem auch Lehramtsstudiengänge in Bachelor- und Master-Abschlüsse
untergliedert werden sollen. Der Parlamentsdienst hatte festgestellt,
dass es keine Einschränkung für den Zugang zum Master-Studium
nach Abschluss des Bachelor geben dürfe, da es noch kein konkretes
Berufsbild für Bachelor-Absolventen gebe. Ansonsten könne
die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Berufswahl eingeschränkt
sein.
Die Universitäten arbeiten inzwischen intensiv an der Reform
der Lehrerbildung. Nachdem der Bildungssenator das neue Lehrerbildungsgesetz
in die Zuständigkeit der Universitäten verlagert hatte,
nahmen diese ihren damit verbundenen Gestaltungsauftrag wahr. Seit
dem Wintersemester 04/05 werden neu immatrikulierte Lehramtsstudierende
nur noch in Bachelor-Studiengängen zugelassen. Die Arbeitsgruppe
aus Vizepräsidentinnen und -präsidenten der vier Berliner
Universitäten, die so genannte VP-AG, legte bereits Ende November
ein Konzeptpapier für die organisatorische Verortung der Lehrerbildung
vor. Die VP-AG schlägt universitätsinterne zentrale Einrichtungen
für die Lehrerbildung vor. Die VP-AG ist überzeugt, dass
die Lehrerbildung in die konzeptionelle und strategische Entwicklung
der jeweiligen anbietenden Universität eingebunden sein muss.
Gleichzeitig, so stellen die Autoren des Papiers fest, habe sich
die VP-AG zur übergreifenden Abstimmung zwischen den Unis seit
vielen Jahren bewährt.
Doch die Berliner Senatsverwaltung ist nicht begeistert von der
Idee. Dort favorisiert man ein einziges Zentrum, das zentral an
einer Universität angesiedelt sein soll. Das wiederum lehnen
die Universitäten ab, da es langfristig die Gefahren einer
unbeweglicheren Großbehörde berge.
"Die VP-AG ist überzeugt, dass die Lehrerbildung sowohl
inhaltlich als auch organisatorisch an den Universitäten bleiben
muss", sagt Ulrike Strate, 3. Vizepräsidentin der TU Berlin.
Sie gehört ebenfalls zur VP-AG. "In den Servicebereichen
gibt es durch die Zentren natürlich eine bessere und schnellere
Koordinationsmöglichkeit auch zwischen den Universitäten."
Es müsse zum Beispiel unter allen Umständen verhindert
werden, dass es durch die Modularisierung der Studiengänge
zu Überschneidungen und damit zu längeren Studienzeiten
kommt. Außerdem sollen die Uni-Zentren auch die Verbindung
zur Referendariatsphase und zur Schulpraxis sichern. Auch die Evaluation
der neuen Studiengänge sowie Unterrichtsforschung könnten
von den Zentren ausgehen.
Immerhin als "Fortschritt" bezeichnete der hochschulpolitische
Sprecher der SPD Bert Flemming das Papier der VP-AG. SPD und PDS
halten jedoch langfristig an einem Zentrum für alle Universitäten
fest, denn zurzeit liefen die Lehramtsstudierenden quasi "als
fünftes Rad am Wagen" in anderen Fachbereichen mit. Ob
dies so sei, hält Ulrike Strate dagegen, das hänge davon
ab, wie ernst man die Lehrerbildung nehme. Und ernst nehmen wollen
die Universitäten diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe
der Lehrerbildung, das zeigten die Vorschläge. Mitte Januar
wird weiterverhandelt.
Patricia Pätzold
Campusblick
"Auswahlmöglichkeiten der Unis nicht einschränken"
"Die Berliner Regelungen sind so detailliert formuliert,
dass die Gestaltungsmöglichkeiten für die Universitäten
unnötig eingeschränkt werden." So kritisieren
die Präsidenten der Berliner Unis, die sich in der Konferenz
der Berliner Universitäten (KBU) zusammengeschlossen
haben, einen Gesetzentwurf aus dem Hause des Berliner Wissenschaftssenators
über die Hochschulzulassung in zulassunsbeschränkten
Studiengängen (BerlHZG). Nach dieser Novelle sei es unrealistisch,
dass die Universitäten bei der Auswahl von Studierenden
ihren Selektionsanteil von 60 Prozent erreichen und damit
die Qualität des Studiums erhöhen könnten.
Sie sei unbefriedigend, missverständlich und bedürfe
dringend einer Änderung, um den Universitäten mehr
Autonomie bei der Studierendenauswahl einzuräumen. Das
Hochschulrahmengesetz (HRG) verpflichte die Hochschulen beispielsweise
nicht, neben dem Grad der Qualifikation zwei weitere Kriterien
zugrunde zu legen, wozu die Novelle sie zwingen würde.
Außerdem können nach dem HRG Studienplätze
ähnlich wie Ausbildungsplätze vergeben werden. Auch
diese Möglichkeit will der Senat den Unis entziehen.
Das sei rechtlich jedoch nicht möglich, so die KBU. Die
Universitätspräsidenten fordern, die Gesetzesnovelle
zu entbürokratisieren und den Hochschulen alle rechtlichen
Möglichkeiten der Auswahl zu eröffnen. Nur so könnten
die Profile der Bewerberinnen und Bewerber auf die Anforderungen
einzelner Studiengänge abgestimmt werden.
tui
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