Neue Perspektiven für Problemkiez
Architekturstudierende planen die Sanierung der High-Deck-Siedlung
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Die Neuköllner High-Deck-Siedlung,
Paradeprojekt der 1970er-Jahre, wird zunehmend zum Sanierungsfall
Foto: Quartiersmanagement High-Deck-Siedlung, Weeber + Partner |
Vor 30 Jahren ein weithin beachtetes Modellvorhaben, heute
ein Problemfall: Die "High-Deck-Siedlung" am südlichen
Ende der Neuköllner Sonnenallee, Quartier für 5500 Menschen,
ein Viertel Migranten, die Hälfte abhängig von Arbeitslosengeld
und Sozialhilfe. Dächer, Fassaden, Fenster rotten vor sich
hin, energietechnisch ein Desaster. Eine harte Nuss, die 29 Studierende
des weiterbildenden Masterstudiengangs "Real Estate Management"
(REM) knacken wollen. Ihre Konzepte für die technische und
städtebauliche Sanierung der Siedlung sollen nicht nur ideenreich,
sondern auch finanzierbar sein.
"Die REM-Studenten sind keine realitätsfernen Träumer",
erklärt Rudolf Schäfer, Architektur-Professor und Studiendekan
des postgradualen Masterstudiengangs. "Sie sind bereits diplomiert
und haben mindestens zwei Jahre Berufserfahrung als Stadt- und Regionalplaner,
Architekten, Bauingenieure, Betriebs- und Volkswirte, als Juristen
oder Verwaltungsleute."
Der Sinn für Realitäten ist auch nötig, um das ehemals
gepriesene, über zwei Ebenen angelegte und durch 100 Brücken
sowie ein ausgeklügeltes Fußwegsystem verbundene Wohnquartier
wieder auf Vordermann zu bringen.
Mitte der Neunzigerjahre verschlechterte sich die Situation im
Kiez. Die Konflikte häuften sich, Unsauberkeit machte sich
breit, es fehlte an Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche,
die Besserverdienenden zogen weg. Seit 1999 bemüht sich das
Quartiersmanagement mit Nachbarschaftstreffs, Computerkursen, Spielplatzgestaltung
oder gemeinsamen Renovierungsaktionen mit den Anwohnern um Schadensbegrenzung.
Doch damit allein ist es nicht getan: "High-Deck" ist
kein Einzelfall. Nach den Plattensiedlungen in den neuen Bundesländern
werden zunehmend westdeutsche Großsiedlungen zu Sanierungsfällen.
Sie müssen nicht nur instand gesetzt werden, es geht auch um
Veränderungen der Funktions- und Nutzungsmischung. "Neben
den technischen, architektonischen und finanziellen Aspekten sind
also soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen", sagt
Rudolf Schäfer. "Der Erfolg der Lösungsvorschläge
hängt wesentlich davon ab, ob die Bewohner bereit sind mitzuwirken."
Dass die REM-Studierenden auch für diesen Härtefall brauchbare
Strategien entwickeln, daran zweifelt der Professor nicht: "Unsere
Vorgänger-Projekte waren sehr erfolgreich. Sie erdachten zum
Beispiel Perspektiven für das ehemalige BEWAG-Kraftwerk Charlottenburg-Nord
oder für das Gelände des denkmalgeschützten ehemaligen
Paketbahnhofs am Gleisdreieck."
Der vierte Real-Estate-Management-Jahrgang an der TU Berlin startet
im Oktober 2005. 30 Studierende werden zugelassen.
Patricia Pätzold
www.a.tu-berlin.de/rem
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