Höhere Hürden
Universitäten lehnen Novelle des Hochschulzulassungsgesetzes
ab - Kriterien unpraktikabel
Voraussichtlich im Mai verabschiedet das Berliner Abgeordnetenhaus
ein Gesetz, in dem die Zulassung zu zulassungsbeschränkten
Fächern, den so genannten Numerus-clausus-Fächern, neu
geregelt wird. War bisher die Abiturnote das einzige Kriterium für
den Zugang, so sieht der Gesetzentwurf jetzt die Verpflichtung vor,
neben der Abiturnote zwei weitere Kriterien bei der Zulassung zu
berücksichtigen. Damit kommt - so scheint es zumindest - die
Politik der alten Forderung der Universitäten entgegen, im
Rahmen ihrer Autonomie ihre Studierenden selber auswählen zu
dürfen. Doch der Schein trügt. So haben Motivationsgespräche
oder -schreiben vor dem Verwaltungsgericht keinen Bestand und begünstigen
im Zweifelsfall Selbstdarstellerinnen und -darsteller. Darüber
hinaus wird man entsprechende Schreiben in allen Variationen schon
sehr bald im Internet finden können. Und es gibt weitere, erhebliche
Nachteile: Der Aufwand für die Entwicklung von studiengangsspezifischen
Tests ist immens und lohnt nur bei einzelnen Studiengängen.
Wird ein "gewichtetes" Abitur herangezogen, müssen
sich Schülerinnen und Schüler bereits beim Eintritt in
die Oberstufe entsprechend ihren Studienwünschen orientieren.
Grundsätzliche Veränderungen in der Studienplanung wären
kaum noch möglich. Außerdem gestalten sich Inhalt und
Bewertung von Leistungskursen in Deutschland sehr unterschiedlich,
die Vergleichbarkeit ist nicht gegeben. Zu begrüßen ist
dagegen eine studienrelevante Berufstätigkeit als Zulassungskriterium.
Insgesamt ist jedoch der organisatorische Aufwand einer Zulassung
mit drei Kriterien für die Hochschulen kaum zu bewältigen.
Eine staatliche Gegenfinanzierung ist bisher nicht geplant, Regelungen
für die Zulassung zum Master sind im Gesetz nicht vorhanden.
Staatliche Gegenfinanzierung nicht in Sicht
Die im Vergleich moderateren Zulassungsregeln in den anderen Ländern
werden dazu beitragen, dass junge Berliner die Stadt verlassen.
Das politische Argument, durch die Kriterien könne man eine
Kompensation der Abiturnote erreichen, ist wenig einleuchtend, weil
sie entweder unpraktikabel sind oder, wie beim gewichteten Abitur,
keinen tatsächlichen Ausgleich bringen.
Die TU Berlin muss sich, wie jede andere Universität, an der
Qualität ihrer Ausbildung und der Absolventenquote messen lassen.
Sie kann deshalb keine Rücksichten auf Landeskinder nehmen.
Eine verbesserte schulische Ausbildung würde dieses Problem
jedoch maßgeblich relativieren.
Die TU Berlin hat sich in den vergangenen Monaten im Einvernehmen
mit FU und
HU Berlin
eindeutig zum Hochschulzulassungsgesetz positioniert. Sie lehnt
den Entwurf der Novelle ab und erwartet, dass die Auswahl der Studierenden
in ein frei gestaltbares Satzungsrecht übertragen wird, das
eine fächerspezifische und fächeradäquate Ausgestaltung
des Verfahrens erlaubt. Da sie die Auswahl von Studierenden von
Seiten der Hochschulen prinzipiell begrüßt, plädiert
sie für die verpflichtende Berücksichtigung maximal eines
weiteren Kriteriums neben dem Abitur. Darüber hinaus muss die
Möglichkeit geschaffen werden, ein studienbegleitendes Kriterium
einzubeziehen.
Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach
Erster Vizepräsident der TU Berlin
www.tu-berlin.de/presse/doku/bm/
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