Bruno Taut - die andere Moderne
Orte der Erinnerung: Gartensiedlungen, sozialer Wohnungsbau
und Farbexperimente
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Das Grab von Bruno Taut ist
noch heute auf dem Istanbuler Friedhof Edirne Kapi zu finden
Foto: Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Istanbul |
Der 125. Geburtstag von Bruno Taut am 4. Mai gibt Gelegenheit,
daran zu erinnern, wie sehr sein Leben und Werk mit der Stadt Berlin,
aber auch mit der Technischen Hochschule Berlin verbunden waren.
Tauts Verdienst besteht darin, dass er nicht der funktionalistischen
Moderne, der Moderne als Schablonenarchitektur oder - wie man sie
auch nannte - dem "International Style" folgte, sondern
dass er eine moderne Architektur entwickelte, die die Bedürfnisse
des Menschen, seine Tradition und sogar Klima und Umwelt berücksichtigen
wollte. Taut, der 1933 Deutschland verlassen musste und Exil in
Japan und der Türkei fand, war lange vergessen. Als er in den
Siebzigerjahren - der Zeit der Krise des modernen, funktionalistischen
Bauens - wieder entdeckt wurde, war man über seine Aktualität
verblüfft.
Wer war Bruno Taut? Geboren am 4. 5. 1880 in Königsberg, absolvierte
er das Gymnasium und eine Architektenausbildung an der Baugewerbeschule
(1897-1901). Das Konstruktive der Architektur verband sich bei ihm
schon früh mit einer Neigung zur Farbgestaltung und Malerei.
1903 ging er nach Berlin, um im Büro des Jugendstilarchitekten
Bruno Möhring zu arbeiten. 1904-1908 setzte Taut seine Lehr-
und Studienjahre bei Theodor Fischer in Stuttgart fort und beteiligte
sich an ersten Wettbewerben. 1908 ging er wieder nach Berlin, arbeite
im Büro von Heinz Lassan und studierte berufsbegleitend an
der TH Städtebau bei Professor Theodor Goecke. Hier lernte
er, dass die moderne Stadt einen ganzheitlichen Raum aus Technik,
Verkehr, Mensch und Natur darstellt. 1909 gründete er endlich
sein eigenes Architektenbüro. Erste Erfolge stellten sich mit
Entwürfen und Bau von Ausstellungspavillons ein; 1913 erregte
sein Pavillon für die Stahlindustrie Aufsehen. Sein Glashaus
auf der Werkbundausstellung von 1914 in Köln katapultierte
ihn in die Avantgarde der Architekten. Taut engagierte sich beim
Bau von Gartenstadtsiedlungen, wo er erstmals mit Farben zur Architekturgestaltung
experimentierte. Den Weltkrieg 1914 lehnte er radikal ab. Nach der
Revolution von 1918 wurde Taut Bürgerdeputierter für Kunst
der Stadt Berlin und versuchte, den sozialen Wohnungsbau mit dem
Genossenschaftsgedanken zu verbinden. Als Stadtbaurat entwarf und
realisierte er 1921-1923 einen Generalsiedlungsplan für Madgeburg.
Zurück in Berlin plante und baute Taut als Chefarchitekt der
Gemeinnützigen Heimstätten-, Spar- und Bau-Aktiengesellschaft
Berlin (GEHAG). Er plante und baute bis 1932 über 10 000 Wohnungen in Berlin
und Umgebung: Die berühmtesten Wohnanlagen sind die "Hufeisensiedlung"
in Britz, die Waldsiedlung "Onkel Toms Hütte" in
Zehlendorf und die Wohnstadt "Carl Legien" in Prenzlauer
Berg. 1930-32 wurde Bruno Taut Professor an der TH. Er unterrichtete
Wohnungsbau und Siedlungswesen, den Studenten versuchte er seine
wichtigste Einsicht zu vermitteln: "Man soll nicht studieren,
was die alten Meister machten, sondern was sie suchten." Stationen
in Moskau, der Schweiz, Japan und schließlich Istanbul folgten.
Neben vielen Bauten realisierte er 1938 auch die Herausgabe seiner
"Architekturlehre" in türkischer Sprache. Bruno Taut
starb unerwartet am 24. Dezember 1938 in Istanbul. Als einziger
Europäer fand er seine letzte Ruhe auf dem Istanbuler Friedhof
Edirne Kapi. Sein Grab deckt eine einfache Steinplatte mit seinem
Namen. Ein Denkmal für Bruno Taut, eine Reliefplastik auf Klinkerfundament,
befindet sich im Entrée der Waldsiedlung "Onkel Toms
Hütte", Zehlendorf, Ecke Argentinische Allee und Riemeisterstraße.
Hans Christian Förster
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