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Mai 2005
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Bruno Taut - die andere Moderne

Orte der Erinnerung: Gartensiedlungen, sozialer Wohnungsbau und Farbexperimente

Das Grab von Bruno Taut ist noch heute auf dem Istanbuler Friedhof Edirne Kapi zu finden
Foto: Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Istanbul

Der 125. Geburtstag von Bruno Taut am 4. Mai gibt Gelegenheit, daran zu erinnern, wie sehr sein Leben und Werk mit der Stadt Berlin, aber auch mit der Technischen Hochschule Berlin verbunden waren. Tauts Verdienst besteht darin, dass er nicht der funktionalistischen Moderne, der Moderne als Schablonenarchitektur oder - wie man sie auch nannte - dem "International Style" folgte, sondern dass er eine moderne Architektur entwickelte, die die Bedürfnisse des Menschen, seine Tradition und sogar Klima und Umwelt berücksichtigen wollte. Taut, der 1933 Deutschland verlassen musste und Exil in Japan und der Türkei fand, war lange vergessen. Als er in den Siebzigerjahren - der Zeit der Krise des modernen, funktionalistischen Bauens - wieder entdeckt wurde, war man über seine Aktualität verblüfft.

Wer war Bruno Taut? Geboren am 4. 5. 1880 in Königsberg, absolvierte er das Gymnasium und eine Architektenausbildung an der Baugewerbeschule (1897-1901). Das Konstruktive der Architektur verband sich bei ihm schon früh mit einer Neigung zur Farbgestaltung und Malerei. 1903 ging er nach Berlin, um im Büro des Jugendstilarchitekten Bruno Möhring zu arbeiten. 1904-1908 setzte Taut seine Lehr- und Studienjahre bei Theodor Fischer in Stuttgart fort und beteiligte sich an ersten Wettbewerben. 1908 ging er wieder nach Berlin, arbeite im Büro von Heinz Lassan und studierte berufsbegleitend an der TH Städtebau bei Professor Theodor Goecke. Hier lernte er, dass die moderne Stadt einen ganzheitlichen Raum aus Technik, Verkehr, Mensch und Natur darstellt. 1909 gründete er endlich sein eigenes Architektenbüro. Erste Erfolge stellten sich mit Entwürfen und Bau von Ausstellungspavillons ein; 1913 erregte sein Pavillon für die Stahlindustrie Aufsehen. Sein Glashaus auf der Werkbundausstellung von 1914 in Köln katapultierte ihn in die Avantgarde der Architekten. Taut engagierte sich beim Bau von Gartenstadtsiedlungen, wo er erstmals mit Farben zur Architekturgestaltung experimentierte. Den Weltkrieg 1914 lehnte er radikal ab. Nach der Revolution von 1918 wurde Taut Bürgerdeputierter für Kunst der Stadt Berlin und versuchte, den sozialen Wohnungsbau mit dem Genossenschaftsgedanken zu verbinden. Als Stadtbaurat entwarf und realisierte er 1921-1923 einen Generalsiedlungsplan für Madgeburg. Zurück in Berlin plante und baute Taut als Chefarchitekt der Gemeinnützigen Heimstätten-, Spar- und Bau-Aktiengesellschaft Berlin (GEHAG). Er plante und baute bis 1932 über 10 000 Wohnungen in Berlin und Umgebung: Die berühmtesten Wohnanlagen sind die "Hufeisensiedlung" in Britz, die Waldsiedlung "Onkel Toms Hütte" in Zehlendorf und die Wohnstadt "Carl Legien" in Prenzlauer Berg. 1930-32 wurde Bruno Taut Professor an der TH. Er unterrichtete Wohnungsbau und Siedlungswesen, den Studenten versuchte er seine wichtigste Einsicht zu vermitteln: "Man soll nicht studieren, was die alten Meister machten, sondern was sie suchten." Stationen in Moskau, der Schweiz, Japan und schließlich Istanbul folgten. Neben vielen Bauten realisierte er 1938 auch die Herausgabe seiner "Architekturlehre" in türkischer Sprache. Bruno Taut starb unerwartet am 24. Dezember 1938 in Istanbul. Als einziger Europäer fand er seine letzte Ruhe auf dem Istanbuler Friedhof Edirne Kapi. Sein Grab deckt eine einfache Steinplatte mit seinem Namen. Ein Denkmal für Bruno Taut, eine Reliefplastik auf Klinkerfundament, befindet sich im Entrée der Waldsiedlung "Onkel Toms Hütte", Zehlendorf, Ecke Argentinische Allee und Riemeisterstraße.

Hans Christian Förster

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