Mit dem Zensor an einem Tisch
Wie die DDR Literatur produzierte
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Humboldt-Stipendiatin
Ewa Matkowska
Foto: privat |
Hunderte Akten-Kilometer über alle Bereiche des gesellschaftlichen
Lebens zählen zur Hinterlassenschaft des sozialistischen Systems
der DDR, auch über Literatur. Ohne die Druckgenehmigung des
Ministeriums für Kultur konnte kein Buch in der DDR erscheinen.
Als Stipendiatin der Humboldt-Stiftung
forscht Dr. Ewa Matkowska aus Breslau (Wroclaw) an der TU Berlin
über polnische Literatur in den geheimen Dokumenten der DDR.
Bislang war unbekannt, in welchem Ausmaß die Zensur in den
sozialistischen Staaten des Ostblocks institutionalisiert und bürokratisiert
war. Schon während die Manuskripte entstanden, verständigten
sich die Zensurstellen und die Verlage informell. Ermöglicht
wurde dies durch die Verstaatlichung der Buchbranche. Der Zensor
konnte sich bereits während der Buchentstehung einschalten
und die Manuskripte im Sinne der politischen Machthaber korrigieren.
Nicht die Beschlagnahmung des fertigen Produktes, sondern dessen
Korrektur im Prozess der Fertigstellung wurde so zur wichtigsten
Maßnahme der kommunistischen Zensur. Damit ist das Schriftgut,
das in den Verlagen, im Ministerium für Kultur und im Ministerium
für Staatssicherheit über literarische Texte produziert
wurde, besonders wichtig, um die Geschichte der Literatur zu verstehen.
Das Projekt, an dem Ewa Matkowska arbeitet, wird von Professor
Hans Dieter Zimmermann vom Institut
für Literaturwissenschaft geleitet. Es stützt sich
auf bisher unveröffentlichtes Archivmaterial. Ewa Matkowska
arbeitet als Dozentin im Germanistischen Institut der Universität
Breslau (Wroclaw) in Polen. Sie studierte Germanistik und Kunstgeschichte
an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Ihre
wichtigsten Veröffentlichungen sind "Die unerträgliche
Schwere der Geschichte. Prosa in den letzten Jahren der DDR"
(Berlin 2003) und in polnischer Sprache "Das System. Der DDR-Bürger
unter Aufsicht der Sicherheitsorgane" (Krakau 2003).
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