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Oktober 2005
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"Was wir vergessen können, war nie unser"

Orte der Erinnerung: Spurensuche nach einem großen Technikpionier und Hochschullehrer

Der Grabstein der Familie Aron auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee
Foto: Förster

Als Hermann Aron am 29. August 1913 plötzlich starb, wurde sein Lebenswerk als Professor, Erfinder und Unternehmer wortreich gewürdigt. Die "Vossische Zeitung", das "Berliner Tageblatt", die "Elektrotechnische Zeitschrift", die "Allgemeine Zeitung des Judentums" brachten umfangreiche Nekrologe. Alle waren sich einig, dass ein bedeutender Bürger Berlins gestorben sei. Sein Nachruhm schien für mindestens ein Jahrhundert gesichert. Aber wer weiß heute noch, dass neben Professor Adolf Slaby, dem großen Elektrotechniker, auch der junge Aron seine Forschungstätigkeit auf dem gleichen Gebiet als Assistent an der Berliner Gewerbeakademie, einer Vorläuferin der Technischen Hochschule, 1872 begonnen hatte?

Hermann Aron kam am 1. 10. 1845 in einem jüdischen Stedtl der Provinz Posen zur Welt. Sein Vater, Händler und Kantor, wollte ihn zum jüdischen Schriftgelehrten bilden. Aber vermögende Verwandte meinten, der begabte Junge müsse studieren. So schickten sie den Sechzehnjährigen 1862 auf das Köllnische Realgymnasium nach Berlin, dessen Schulkonzept ein Novum war. Es verband klassische Bildung mit moderner Naturwissenschaft. Dort erwarb Aron 1867 das Abitur. Berlin war im Begriff, die führende Wissenschaftsstadt Europas zu werden. Aron begann mit der Medizin, nach zwei Semestern wechselte er aber zur Mathematik und den Naturwissenschaften. Zu seinen Lehrern gehörten bedeutende Forscher wie der Mathematiker Karl Weierstrass oder die Naturwissenschaftler Heinrich Wilhelm Dove und August Wilhelm von Hofmann. Im Jahre 1870 setzte er sein Studium an der Universität Heidelberg fort. Hier wurde Aron von Hermann Helmholtz und Gustav Kirchhoff unterrichtet. Letzterer, mathematischer Physiker, sollte später in Berlin der Lehrstuhlvorgänger von Max Planck werden. Aron erhielt sein Wissen von Forschern, die in die Anfangsgeschichte der legendären "Berliner Physik" gehörten. Von sich selbst sagte Aron: "Ich denke und konzipiere oft langsamer als andere, aber ich begreife nachhaltiger und gründlicher." Nach seinem Examen kehrte er nach Berlin zurück und arbeitete 1872-73 als Assistent am physikalischen Laboratorium der Gewerbeakademie. Experiment und Mathematisierung der Ergebnisse gehörten für Aron zusammen. 1873 promovierte er an der Berliner Universität, wo er sich auch drei Jahre später mit einer Arbeit über elektrische Maßsysteme habilitierte. Als Privatdozent hielt Aron später Lektionen zur Elektrizitätslehre und lehrte an der Artillerie- und Ingenieurschule, einer Bildungsanstalt des preußischen Militärs. Hier wurde Aron in ein geheimes Rüstungsprojekt eingebunden, was ihm 1894 den Titel "Geheimer Regierungsrat" brachte. Zeitgleich führte er energisch seine elektrotechnischen Experimente fort. 1883 gelang ihm am Wannsee die Erzeugung elektromagnetischer Signale ohne Draht.

In seiner Experimentierwerkstatt in Tiergarten machte er 1884 eine folgenreiche Erfindung. Aron konstruierte den Pendel-Elektrizitätszähler, erwarb dafür ein Patent und entwickelte seine Werkstatt rasch zu einem internationalen Großunternehmen. Hermann Aron starb hoch geehrt 1913. Als er auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee seine ewige Ruhe fand, ahnte niemand, dass 22 Jahre später die Aron-Werke - 1933 in "Heliowatt" umbenannt - 1935 von Siemens-Schuckert aufgekauft würden. Die Kinder Arons mussten ihre Heimatstadt verlassen und überlebten in England und in den USA.

Hans Christian Förster

"Hermann ARON (1845-1913), Forscher - Hochschullehrer - Erfinder - Unternehmer", eine Ausstellung anlässlich des 160. Geburtstages und seines Wirkens an den Berliner Universitäten
Humboldt-Universität zu Berlin, Foyer, bis 31. Oktober 2005

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