Was die TU Berlin in die Waagschale wirft
Katalysatoren maßschneidern
Die Umwelt schonen und Energie sparen, das erwartet die Gesellschaft
von der modernen Chemie. Kraftstoffe für Autos oder Flugzeuge
sollen möglichst schadstoffarm verbrannt werden, Wirkstoffe
wie Antibiotika müssen immer feiner auf ihr Einsatzgebiet im
menschlichen Körper abgestimmt werden. Die Schlüsselstellung
dieser Forschung nehmen dabei Katalysatoren ein, denn sie ermöglichen
die zielgerichtete Durchführung chemischer Reaktionen mit dem
geringsten möglichen Energie- und Materialaufwand. Als Katalysatoren
dienen heute neue, maßgeschneiderte Moleküle und Materialien
unterschiedlicher Größe. Im Forschungscluster synthetisieren
und charakterisieren aber nicht nur die Chemiker die Katalysatoren.
Man bedient sich auch bewährter Methoden der Natur. Mikroorganismen
steuern chemische Reaktionen mithilfe von Enzymen, deren Funktionen
im Laufe der Evolution optimiert wurden, so genannte Biokatalysatoren.
Drei große Bereiche werden so in diesem Konzept verknüpft:
Die Entwicklung und Erforschung von Katalysatoren erfolgt sowohl
durch die klassische Chemie als auch durch die Bio- und Materialwissenschaften.
Die Umsetzung der Ergebnisse in industrielle Anwendungen bearbeiten
Ingenieure aus verschiedenen Fachrichtungen. Der Forschungscluster
kombiniert damit eine einzigartige naturwissenschaftliche Expertise
mit modernen Methoden der Ingenieurwissenschaften, durch deren Zusammenarbeit
erhebliche Synergien für die Entwicklung neuer katalytischer
Prozesse erwartet werden.
Die Wissenschaftler wollen ihre Ergebnisse den möglichen Anwendern
in Demonstrationsprojekten, so genannten Mini-Plants, vorstellen,
die die technische und wirtschaftliche Tragfähigkeit der neu
entwickelten Verfahren aufzeigen. Mit diesem Forschungskonzept gehen
die Naturwissenschaftler und Ingenieure der TU Berlin zusammen mit
kompetenten Wissenschaftlern anderer Berliner Forschungseinrichtungen
in den Exzellenzwettbewerb der DFG.
Exzellenzcluster Unifying Concepts in Catalysis
Sprecher: Prof. Dr. Matthias Drieß
Höher, schneller, leiser
Alles fließt - oder alles strömt. Besonders für
Flugzeuge, Autos und andere Verkehrsträger spielt die Strömungsphysik
eine zentrale Rolle. Eine Luftströmung kann den Auftrieb eines
Flugzeugs liefern - aber auch den Energie fressenden Strömungswiderstand.
Schnelle Strömungen sind oft laut: startende Flugzeuge, das
Wummern strömungstechnisch schlecht konstruierter Autoschiebedächer
oder das laute Fahrgeräusch eines Zuges. Solch unerwünschter
Strömungslärm gerät zunehmend in die Diskussion über
zukünftige Verkehrssysteme.
Da eine Strömung immer ihren eigenen naturwissenschaftlichen
Gesetzen folgt und nicht den Wünschen der Ingenieure, kann
es bei einer Überlastung des Strömungsprozesses zu unerwünschten
Effekten kommen, zum Beispiel zu einem Strömungsabriss. Bei
einem Flugzeugtragflügel könnte dies zu einem dramatischen
Einbruch des Auftriebs führen, abgesehen von dem Lärm,
den abgelöste Strömungen verursachen können.
Seit einigen Jahren beschäftigt sich an der TU Berlin der
Sonderforschungsbereich
557, "Beeinflussung komplexer turbulenter Scherströmungen",
genau mit diesen Phänomenen. Strömungsmechaniker und Aerodynamiker,
Akustiker, Regelungstechniker, Mathematiker und Sensorikexperten
arbeiten experimentell und theoretisch daran, die unerwünschten
Effekte zu verhindern. Sie greifen mit verschiedensten Maßnahmen
gezielt in die dynamischen Eigenschaften der Strömung ein,
um zum Beispiel eine Ablösung oder den Lärm auszuschalten.
Der Sonderforschungsbereich hat hier auch international schon Bahnbrechendes
geleistet, nicht zuletzt aufgrund seiner interdisziplinären
Vernetzung wie der Verbindung von Strömungsphysik und Regelungstechnik.
Angestrebt ist die Bündelung von Aktivitäten von mehr
als 100 Berliner, deutschen und internationalen Forschern zu einer
Großforschungsplattform, aufbauend auf der breiten Kompetenz
des SFB 557 der TU Berlin.
Exzellenzcluster Flow and noise control for future transportation
systems
Sprecher: Prof. Dr.-Ing. Rudibert King
Systeme, die sich selbst heilen
Kommunikation spielt für die Gesellschaft eine ähnliche
Rolle wie das Nervensystem für den Menschen. Ziel des H-C3
ist es, an einem neuen Paradigma der Kommunikation zu arbeiten.
Heute greift der Mensch auf bereits erstellte Formen (Dokumente,
Sprach- oder Videoaufnahmen) der Information zu. In der Zukunft
sollten ihm stets ortsabhängige, personen- und aufgabenorientierte
Inhalte zur Verfügung gestellt werden, und zwar in einer Form,
die den gerade vorhandenen Endgeräten angepasst ist. Die nötigen
Inhalte sollten automatisch erfasst werden. Intuitive Bedienbarkeit
ist dabei fundamental: Um heute mit einem Freund Kontakt aufzunehmen,
muss man sich erst für die Form der Information (zum Beispiel
Telefonat oder E-Mail oder Info im Sekretariat) entscheiden und
dann alle "Adressen", beispielsweise mehrere Telefonnummern,
mühselig abklappern. In der Zukunft würde man einfach
sagen: Günther, melde dich dringend - DER Günther wird
schon erreicht werden! Intuitive Bedienbarkeit, aber auch Sicherheit
der Daten muss gewährleistet werden.
Das zukünftige System muss die Kontinuität der Versorgung,
auch bei Katastrophen oder böswilligen Angriffen, sicherstellen,
doch gleichzeitig gesetzliche Bestimmungen sowie Datenschutzaspekte
berücksichtigen. Es muss daher "selbstkonfigurierend"
und selbstheilend sein. Die technischen Aspekte werden durch zahlreiche
Fachgebiete der Elektrotechnik und Informatik, unterstützt
durch Physik und Mathematik, abgedeckt. Ökonomen, ein Soziologe
und ein Mediengestalter von der Universität
der Künste ergänzen das Team.
Viele der Beteiligten wurden gemeinsam mit zehn außeruniversitären
Forschungsinstituten berufen - diese Institute bilden eine bedeutende
Komponente des Clusters H-C3: Eine enge Kooperation mit der Industrieforschung
- symbolisiert durch die kürzlich an der TU Berlin eröffneten
Telekom
Laboratories mit vier Stiftungsprofessuren- ergänzt das
Bild.
Exzellenzcluster Human Centric Commmunication Cluster (H-C3)
Sprecher: Prof. Dr.-Ing. Adam Wolisz
Megastädte und Mathematik der Welt
Großstadtregionen in aller Welt wandeln sich derzeit dramatisch.
Die Mega-Cities der Dritten Welt explodieren, während die europäischen
Städte aufgrund der demographischen Situation schrumpfen. Die
Vereinten Nationen haben dieses als Schlüsselproblem der globalen
Entwicklung definiert und die Suche nach Lösungen zu einem
Teil der so genannten Milleniumsziele erklärt. 40 Fachgebiete
aus fünf Fakultäten und 12 Studiengänge der TU Berlin
werden an der "Berlin Graduate School for Sustainable Built
Environment and Urban Development" beteiligt. Sie baut auf
dem vorhandenen breiten, interdisziplinären Potenzial bau-
und raumwissenschaftlicher Fachgebiete der TU Berlin auf, um die
Zahl hervorragender, insbesondere internationaler Doktoranden zu
steigern, die Forschung zu intensivieren und ein international attraktives
Exzellenzzentrum für die Diskussion über die Zukunft der
Stadtregionen zu bilden.
In der "Berlin Mathematical School" (BMS) sind die drei
großen Berliner Universitäten vereint. Hier soll exzellenten
Studierenden aus aller Welt das kombinierte Potenzial der international
ausgewiesenen Mathematik geboten werden: Eine Kursphase führt
mit anspruchsvollen, von den Instituten koordinierten Vorlesungen
in zwei Jahren vom Bachelor oder einem äquivalenten Abschluss
zum "Qualifying Exam" und damit zur Promotionszulassung.
Unter den international anerkannten Professoren sind vier Leibnizpreisträger.
Die Promotionsphase führt innerhalb von zwei bis drei Jahren
zur Promotion, zum Beispiel in einem der Berliner Mathematik-Graduiertenkollegs.
Die BMS baut auf einem starken Netz von Forschung und Zusammenarbeit
der Berliner Mathematik auf. So können die BMS-Studierenden
Projekte im DFG-Forschungszentrum
MATHEON "Mathematik für Schlüsseltechnologien"
bearbeiten oder am Sonderforschungsbereich "Raum, Zeit, Materie"
der HU Berlin.
Graduiertenschulen:
Berlin Graduate School for Sustainable Built Environment and Urban
Development
Sprecher: Prof. Dr. Rudolf Schäfer
Berlin Mathematical School
Sprecher: Prof. Dr. Günter M. Ziegler
tui
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