Zurück zur Kleinstaaterei?
Die Föderalismusreform findet viele Kritiker besonders
im Bildungsbereich
Wenige Wochen nach der Einigung im Föderalismusstreit bestehen
in weiten Teilen der akademischen Welt erhebliche Zweifel, ob die
Vorschläge der Regierung, was Wissenschaft und Bildung angeht,
zur Verbesserung oder gar zur Lösung der derzeitigen Probleme
im deutschen Hochschulwesen beitragen können. Der Hochschulbereich
steht aktuell vor massiven nationalen und internationalen Herausforderungen:
Die Universitäten sind unterfinanziert, es besteht ein erheblicher
Sanierungs- und Modernisierungsbedarf, die Studierendenzahlen steigen
und dennoch ist die Studierquote in Deutschland zu gering, die Umstellung
des Abschlusssystems nach dem Bologna-Prozess fordert alle Kräfte,
die Umstellung des Zulassungssystems bei einem sich wahrscheinlich
weiter verschärfenden Numerus clausus ist kostenneutral kaum
zu bewerkstelligen, die drohende Abwanderung der klügsten Köpfe
aus Deutschland hängt wie ein Damoklesschwert über allem.
"Die Föderalismusreform würde zu einem wirtschaftlichen
Abstieg Deutschlands führen und gefährdet damit unsere
Zukunft", befürchtet sogar die ehemalige Bundesbildungsministerin
Edelgard Bulmahn.
Mit mehr als 20 Grundgesetzänderungen ist die Föderalismusreform,
die 2007 in Kraft treten soll, die umfangreichste Verfassungsänderung
in der Geschichte der Bundesrepublik. Umstritten ist vor allem die
geplante alleinige Kompetenz der Länder bei der Bildung. Schon
im Dezember 2004 war die Föderalismusreform im ersten Anlauf
an der Bildungspolitik gescheitert.
Am 10. März 2006 kam es zur ersten Lesung in Bundestag und
Bundesrat. Eine große Gruppe insbesondere von SPD-Abgeordneten
will die Änderungen nicht mittragen. Da die Grundgesetzänderungen
nur mit Zweidrittelmehrheiten durchgehen, kann sich die große
Koalition nur 38 Abweichler erlauben. Aber auch Verbände warnen
vor Kleinstaaterei in Bildung, Umwelt und Recht. Der Deutsche
Akademische Austauschdienst (DAAD) versucht, zwischen Regelungs-
und Förderungskompetenzen zu unterscheiden. Dem Bund könnten
wohl Grenzen bei gesetzlichen Regelungen im Hochschulwesen gesetzt
werden. Die Förderung bundesweit relevanter Angelegenheiten
müsse ihm aber erlaubt sein. Ein regelrechtes Kooperationsverbot
zwischen Bund und Ländern sei sinnwidrig und würde von
niemandem in der Wissenschaft verstanden werden.
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