Probleme mit dem Deutschen
Zeitreihen-Untersuchung bei Berliner Kindern mit und ohne Migrationshintergrund
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"Es war
einmal ein Pferd, der ging durch die Wiese. Und die Kuh verbindete
den Pferd das Bein, weil das Pferd hat sich das Bein gebrochen."
Mit Bilderfolgen wie diesen bringen die Forschenden die Kinder
zum Sprechen.
Quelle: privat |
Die Studie hieß "Bärenstark", aber die
Ergebnisse waren alles andere als das. 2002 hatte die Berliner Schulbehörde
9874 künftige Schulanfänger in den Bezirken Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg,
Tempelhof-Schöneberg und Neukölln getestet mit dem erschreckenden
Resultat, dass zwei Drittel der Mädchen und Jungen die deutsche
Sprache nur unzureichend beherrschten und gezielt gefördert
werden mussten. Sprachdefizite wiesen allerdings sowohl Kinder mit
einem Migrationshintergrund auf als auch Kinder deutscher Herkunft.
Ein Jahr später wurde an der TU Berlin unter Leitung von Prof.
Dr. Ulrich Steinmüller und Privatdozent Dr. Bernt Ahrenholz
am Institut
für Sprache und Kommunikation ein Forschungsprojekt initiiert,
das die mündliche Sprachkompetenz bei Schülerinnen und
Schülern nicht-deutscher Herkunftssprache in Berlin untersucht;
weitere Mitarbeiterinnen sind Beate Lütke und Privatdozentin
Dr. Martina Rost-Roth. Ziel dieses von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes ist es, die
mündlichen Sprachfähigkeiten und ihre Entwicklung zu analysieren
und den Einfluss des Förderunterrichtes auf die Entwicklung
der sprachlichen Kompetenzen zu erfassen. Dieses Wissen ist schließlich
die Basis für die Erarbeitung von Förderkonzepten und
-materialen und für eine gezielte Ausbildung von Lehrerinnen
und Lehrern, die Deutsch als Zweitsprache in der Grundschule im
Förderunterricht lehren.
Die TU-Studie untersuchte 23 Drittklässler nicht-deutscher
Herkunftssprache an zwei Berliner Grundschulen. Zum Vergleich wurde
ebenfalls eine Gruppe von Schülern einbezogen, deren Muttersprache
Deutsch ist. Ein Jahr später, also in der vierten Klasse, wurden
die Untersuchungen bei denselben Schülerinnen und Schülern
wiederholt, um eine Entwicklung zu dokumentieren und für jedes
Kind ein individuelles Profil der Sprachentwicklung zu erfassen.
Die Sprachkompetenz wurde hauptsächlich im Bereich des mündlichen
Erzählens untersucht. Den Kindern wurde eine Bilderfolge vorgelegt,
ein Stummfilm gezeigt, sie wurden aufgefordert, ein Erlebnis zu
erzählen oder eine Geschichte nachzuerzählen. Durch die
Berücksichtigung solch komplexer Äußerungen werden
Probleme im Sprachgebrauch sichtbar, die in der Alltagskommunikation
nicht auffallen und den Lehrern häufig entgehen.
"Auch wenn die Datenauswertung noch nicht abgeschlossen ist,
zeichnet sich bei Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache hinsichtlich
ihrer Sprachkompetenz ein äußerst heterogenes Bild ab",
sagt Dr. Bernt Ahrenholz. Gravierende Probleme konstatieren die
Wissenschaftler unter anderem in dem zur Verfügung stehenden
Wortschatz, in der Beherrschung komplexerer Satzstrukturen in Verbindung
mit dem Gebrauch von Konjunktionen, der Zuordnung des Genus (ein
Vogel - der, ein Pferd - das) oder auch in der Verwendung der Personalpronomen
oder der Pronominaladverbien (darauf, dadurch, wofür). "In
manchen Punkten haben Kinder, bei denen Deutsch die Erstsprache
ist, genauso viele Probleme wie die Kinder mit einem Migrationshintergrund,
nur treten bei diesen die Probleme massiver auf", sagt Ahrenholz.
Insgesamt zeigten sich bei Kindern mit Migrationshintergrund aber
so viele Probleme, dass eine gesonderte Förderung dringend
geboten sei.
Sybille Nitsche
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