7-9/06
Juli 2006
 
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Globalisierung der Wissenschaft

Was Deutschland noch tun muss - Ideen aus der Alexander von Humboldt-Stiftung

Die Globalisierung hat für Deutschland nicht nur mehr Möglichkeiten zur internationalen Kooperation gebracht, sondern uns auch eine neue Konkurrenz beschert. Die Wirtschaft reagiert mit einer Außenwirtschaftspolitik. Dr. Georg Schütte, Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung in Bonn, plädiert adäquat für die Etablierung einer Außenwissenschaftspolitik.

 
  Georg Schütte, Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung in Bonn
© Alexander von Humboldt-Stiftung

Herr Schütte, was verstehen Sie unter einer "Außenwissenschaftspolitik"?

Eine Außenwissenschaftspolitik würde die Internationalisierungsstrategien der vielen staatlichen und nicht-staatlichen Akteure der deutschen Wissenschaft berücksichtigen. Sie würde diese Strategien mithilfe der Fachressorts - für die Wissenschaft und für die auswärtigen Beziehungen - in eine kohärente Strategie der internationalen Interessenvertretung überführen.

Warum halten Sie das für notwendig?

Wenn Deutschland die Globalisierungsprozesse mitgestalten will, dann müssen die Strukturen der Politikgestaltung diesen globalen Prozessen angepasst werden. Als rohstoffarmes Land ist Deutschland auf eine zukunftsorientierte, nachhaltige Gestaltung der internationalen Wissenschaftsbeziehungen angewiesen.

Welche Art von Internationalisierung ist Ihrer Ansicht nach an deutschen Universitäten wirklich zukunftsweisend? An einigen Universitäten gibt es Überlegungen, bestimmte Studiengänge beziehungsweise Lehrveranstaltungen, auch im grundständigen Studium, generell nur noch auf Englisch anzubieten. Schließt man hier nicht möglicherweise einen Teil der inländischen Studierenden aus - Altsprachler oder junge Leute, die Französisch oder Russisch in der Schule gelernt haben?

Nur die Formen der Internationalisierung werden erfolgreich sein, die aus den Stärken einer Hochschule erwachsen und von den Angehörigen dieser Hochschulen aus Überzeugung getragen und mit Engagement gelebt werden. Eine Sprachenpolitik, die ausschließlich auf Englisch setzt, vernachlässigt die sprachliche Vielfalt Europas. Gerade in den Geistes- und Sozialwissenschaften müssen wir die Bedeutung unterschiedlicher Sprachen als Instrument der Erkenntnis und der Ergebnisvermittlung ernst nehmen.

Wie können die Universitäten selbst aktiv werden, oder versprechen zentral gesteuerte Maßnahmen mehr Erfolg?

Die Initiative muss aus den fachlich und organisatorisch qualifiziertesten Einheiten kommen. Bottom-up-Prozesse sind in der Wissenschaft fast immer erfolgreicher als Top-down-Ansätze. Die Länder und der Bund sollten die Rahmenbedingungen gestalten.

Wie kann man der Wissenschaft in der Entwicklungszusammenarbeit mehr internationales Gewicht verleihen?

Traditionell setzt Entwicklungszusammenarbeit auf zwei Instrumente: die technische und die finanzielle Zusammenarbeit. In modernen Wissensgesellschaften muss die wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit ergänzend hinzukommen. Nur wenn in Entwicklungsländern auch funktionierende Wissenschafts- und Bildungssysteme entstehen, kann der Teufelskreis aus Armut, Hunger, Krankheit und Missmanagement durchbrochen werden.

Gibt es Strukturen, auf die man aufsetzen kann, oder welche Strukturen müssten neu geschaffen werden?

Eine deutsche Außenwissenschaftspolitik kann an die Tradition der auswärtigen Kultur-und-Bildungs-Politik anknüpfen, die Vertrauen und Kooperation in den Mittelpunkt der internationalen Politikgestaltung stellt. Strukturelle Ansätze für eine Außenwissenschaftspolitik gibt es seit langem: So entsendet das deutsche Forschungsministerium wissenschaftliche Referenten an ausgewählte deutsche Botschaften im Ausland. Diese Referate an den deutschen Botschaften gilt es zu stärken und enger mit den Wirtschafts- und Kulturreferaten zu verbinden. Laufbahnen innerhalb der Bundesressorts könnten flexibilisiert werden, um einen stärkeren wechselseitigen Austausch zu ermöglichen. Im Auswärtigen Amt könnte ein außenwissenschaftspolitischer Strategiekreis das Ministerium beraten.

Wissenschaft und Wirtschaft kooperieren heute, ebenso wie universitäre und außeruniversitäre Forschung Schnittstellen aufweisen. Ist auch eine enge Zusammenarbeit mit der Außenwirtschaft gewünscht oder kann sie eher hinderlich sein?

Die "Außenwirtschaft" gibt es meines Erachtens nicht. Es gibt eine Vielzahl international operierender Unternehmen. Deren Interessen zu berücksichtigen halte ich für sehr wichtig. Schließlich bilden die Hochschulen auch die Techniker, Ingenieure, Kommunikationsspezialisten und Managerinnen von morgen aus.

Vielen Dank für das Gespräch!

Patricia Pätzold

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