100000 Studienplätze für die Hauptstadt
Studierendenberg und Ausstattung: Mit welchen Vorstellungen
die Berliner Parteien in den Wahlkampf ziehen
Im September 2006 stellen sich die Politikerinnen und Politiker
Berlins zur Wahl. Auch ihre Haltung zur Hochschulpolitik steht dabei
auf dem Prüfstand. TU intern fragte daher die Landesvorsitzenden
der Fraktionen im Abgeordnetenhaus:
Wie wollen Sie die Universitäten unterstützen, den bevorstehenden
"Studentenberg" zu bewältigen? Welche Maßnahmen
wollen Sie ergreifen, um die Ausstattung der Universitäten
für die Zeit nach den Hochschulverträgen (ab 2009) sicherzustellen?
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Michael Müller,
SPD
© SPD |
Berlin
wird auch zukünftig Studierende aus dem ganzen Bundesgebiet
anziehen. Damit wir ein interessanter Ort bleiben, wollen wir unsere
Hochschulen attraktiver machen, die Qualität in Lehre und Studium
verbessern und dafür sorgen, dass die Absolventenzahlen steigen.
Dazu bedarf es allerdings einer Veränderung der Hochschulfinanzierung.
Wir setzen uns deshalb für einen Hochschulfinanzausgleich ein,
um die Kosten der Ausbildung zwischen den Bundesländern gerechter
zu verteilen. So könnten Studienplätze bedarfsgerecht
finanziert werden.
Mit den Hochschulverträgen haben wir leistungsfähige Instrumentarien
entwickelt, um den Hochschulen Planungssicherheit zu ermöglichen
und zugleich Leistungskriterien für Forschung und Lehre festzulegen.
Diese Verträge wollen wir auch nach 2009 fortführen. Dabei
wollen wir noch stärker als bisher auf die Lehrleistungen abstellen.
Im Übrigen halten wir die Einführung von Studienkonten
zur Steigerung von Qualität und Wettbewerb für dringend
geboten.
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Nicolas Zimmer,
CDU
© CDU |
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Die
Universitäten brauchen eine rechtlich sichere und kalkulierbare
Planungsgrundlage. Die Basisfinanzierung für derzeit knapp
70000 Studienplätze muss auf 100000 erhöht werden. Die
Eigenverantwortung der Hochschulen in Lehre und Forschung muss erhöht
und die Finanzgrundlage erweitert werden, zum Ausgleich für
die durch den Senat gestrichenen 225 Millionen Euro.
Dafür muss die Hochschulfinanzierung umgestellt werden:
1. Vollkostenfinanzierung der Drittmittel in der Forschung, damit
Forschungsexzellenz nicht die Personalausstattung in der Lehre belastet.
2. Studienbeiträge der Studierenden als "Drittmittel für
die Lehre" zugunsten der Studienqualität.
3. Wiederaufnahme des erfolgreichen "Professorenerneuerungsprogramms"
4. Studienplatzkapazitäten im Vorfeld des doppelten Abiturienten-Jahrgangs
2012 schaffen
5. Die Qualität der betreuungsintensiveren BA/MA-Studiengänge
erhalten.
Die Hochschulverträge mit Zielvereinbarung und leistungsbezogener
Mittelverteilung müssen grundsätzlich fortgeführt
und im Berliner Hochschulgesetz verankert werden. Ein System von
Leistungsindikatoren muss die Grundmittelverteilung verbessern.
Die Hochschulbauförderungsmittel, die Berlin bis 2013 auf Grundlage
der föderalen Neuordnung durch den Bund zugewiesen werden,
müssen inklusive des Berliner Kofinanzierungsanteils in einem
Zweckbindungsgesetz für die Wissenschaftsfinanzierung gesichert
werden.
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Stefan Liebich,
Linkspartei.PDS
© Die Linkspartei.PDS |
Der
"Studentenberg" ist ein westdeutsches Phänomen. Berlin
hat mit mehr Bewerberinnen und Bewerbern aus diesen Bundesländern
zu rechnen. Dies verweist auf die ungerechte Finanzierung der Hochschulbildung
im föderalen System: Länder wie Niedersachsen, Hessen,
Brandenburg und andere bieten selbst zu wenig Studienplätze
an und "exportieren" ihre Abiturientinnen und Abiturienten.
Wir schlagen deshalb einen Finanzausgleich vor: Nicht mehr der Hochschulstandort
sollte die Studienplätze finanzieren, sondern das Herkunftsland
der Studierenden. Es wäre so für jedes Land attraktiv,
nachgefragte Studienplätze zu schaffen, denn die Finanzierung
wäre gesichert. Studiengebühren lehnen wir ab.
Die Linkspartei.PDS sieht weiterhin den Bereich Wissenschaft als
Zukunftssektor dieser Stadt. Diese Prioritätensetzung wird
sich auch bei der finanziellen Ausstattung der Hochschulen niederschlagen.
Wir werden die Hochschulverträge in einem neuen Hochschulgesetz
verankern und den Hochschulen langfristig eine sichere Perspektive
bieten. Mittelfristig streben wir einen deutlichen Aufwuchs an Studienplätzen
auf 100000 (im alten Studiensystem gerechnet) an.
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Sybill Klotz,
Bündnis 90/Grüne
© Bündnis 90/Die Grünen |
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Bündnis
90/Die Grünen wollen die Zahl der ausfinanzierten Studienplätze
in Berlin auf 100000 anheben. Berlin braucht mehr statt immer weniger
Studienplätze. Dazu wollen wir einen Teil der zu erwartenden
Steuermehreinnahmen der kommenden Jahre verwenden - jeder fünfte
Euro daraus wird in die Bildung gehen, von der Kita bis zu den Hochschulen.
Eine Personalstrukturreform und die Stärkung der Bedeutung
der Lehre auch an den Universitäten werden ebenfalls dazu beitragen,
die Hochschulen insgesamt kapazitär dauerhaft auszubauen -
nicht nur für die kommenden Jahre.
Wir wollen die Hochschulverträge fortführen und als Instrument
sichern. Bündnis 90/Die Grünen fordern seit langem, die
Hochschulverträge endlich gesetzlich abzusichern. Nur so sind
die Hochschulen vor einseitigen Vertragsbrüchen durch den Senat
- wie durch Rot/Rot geschehen - geschützt und können sich
darauf verlassen, dass auch zukünftig die finanziellen Beziehungen
zwischen Hochschule und Staat vertraglich geregelt werden.
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Martin Lindner,
FDP
© FDP |
Wir
werden den Hochschulen den notwendigen Freiraum einräumen,
damit diese die Herausforderungen der Zukunft selbstständig
und in eigener Verantwortung bewältigen können. Den Hochschulen
soll ermöglicht werden, Studienentgelte nach eigenem Ermessen
zu erheben - zunächst beschränkt auf eine Höhe von
maximal 600 Euro pro Semester. Damit ist garantiert, dass die hierüber
eingenommenen Mittel auch bei den Hochschulen verbleiben. Die FDP
setzt sich für ein Bildungsgutscheinsystem zwischen den Bundesländern
ein. So werden auch die anderen Bundesländer an den Kosten
der Hochschulausbildung in Berlin beteiligt. Politik soll sich im
Bereich von Wissenschaft und Forschung auf die Ausgestaltung von
günstigen Rahmenbedingungen beschränken. Dazu gehören
neben einer verlässlichen öffentlichen Finanzierung die
Wahrung bzw. der Ausbau der Hochschulautonomie. Den Hochschulen
soll mehr Freiraum bei der Ausgestaltung ihrer Leitungs- und Entscheidungssysteme
gegeben werden. Sie müssen Verantwortung erhalten, um ihre
wissenschaftlichen Strukturen selbst zu entwickeln, Professoren
selbst zu berufen, Wissenschaftstarifverträge abzuschließen
und Studienentgelte für ihre Lehrangebote zu erheben. Wenn
die Unis selbst mit eigenem Budget über ihre Ausstattung entscheiden
dürfen, wird sich die Qualität deutlich verbessern.
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