7-9/06
Juli 2006
TU intern
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100000 Studienplätze für die Hauptstadt

Studierendenberg und Ausstattung: Mit welchen Vorstellungen die Berliner Parteien in den Wahlkampf ziehen

Im September 2006 stellen sich die Politikerinnen und Politiker Berlins zur Wahl. Auch ihre Haltung zur Hochschulpolitik steht dabei auf dem Prüfstand. TU intern fragte daher die Landesvorsitzenden der Fraktionen im Abgeordnetenhaus: Wie wollen Sie die Universitäten unterstützen, den bevorstehenden "Studentenberg" zu bewältigen? Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um die Ausstattung der Universitäten für die Zeit nach den Hochschulverträgen (ab 2009) sicherzustellen?

 
  Michael Müller, SPD
© SPD

Berlin wird auch zukünftig Studierende aus dem ganzen Bundesgebiet anziehen. Damit wir ein interessanter Ort bleiben, wollen wir unsere Hochschulen attraktiver machen, die Qualität in Lehre und Studium verbessern und dafür sorgen, dass die Absolventenzahlen steigen. Dazu bedarf es allerdings einer Veränderung der Hochschulfinanzierung. Wir setzen uns deshalb für einen Hochschulfinanzausgleich ein, um die Kosten der Ausbildung zwischen den Bundesländern gerechter zu verteilen. So könnten Studienplätze bedarfsgerecht finanziert werden.
Mit den Hochschulverträgen haben wir leistungsfähige Instrumentarien entwickelt, um den Hochschulen Planungssicherheit zu ermöglichen und zugleich Leistungskriterien für Forschung und Lehre festzulegen. Diese Verträge wollen wir auch nach 2009 fortführen. Dabei wollen wir noch stärker als bisher auf die Lehrleistungen abstellen. Im Übrigen halten wir die Einführung von Studienkonten zur Steigerung von Qualität und Wettbewerb für dringend geboten.

 

 
Nicolas Zimmer, CDU
© CDU
 

Die Universitäten brauchen eine rechtlich sichere und kalkulierbare Planungsgrundlage. Die Basisfinanzierung für derzeit knapp 70000 Studienplätze muss auf 100000 erhöht werden. Die Eigenverantwortung der Hochschulen in Lehre und Forschung muss erhöht und die Finanzgrundlage erweitert werden, zum Ausgleich für die durch den Senat gestrichenen 225 Millionen Euro.
Dafür muss die Hochschulfinanzierung umgestellt werden:
1. Vollkostenfinanzierung der Drittmittel in der Forschung, damit Forschungsexzellenz nicht die Personalausstattung in der Lehre belastet.
2. Studienbeiträge der Studierenden als "Drittmittel für die Lehre" zugunsten der Studienqualität.
3. Wiederaufnahme des erfolgreichen "Professorenerneuerungsprogramms"
4. Studienplatzkapazitäten im Vorfeld des doppelten Abiturienten-Jahrgangs 2012 schaffen
5. Die Qualität der betreuungsintensiveren BA/MA-Studiengänge erhalten.
Die Hochschulverträge mit Zielvereinbarung und leistungsbezogener Mittelverteilung müssen grundsätzlich fortgeführt und im Berliner Hochschulgesetz verankert werden. Ein System von Leistungsindikatoren muss die Grundmittelverteilung verbessern. Die Hochschulbauförderungsmittel, die Berlin bis 2013 auf Grundlage der föderalen Neuordnung durch den Bund zugewiesen werden, müssen inklusive des Berliner Kofinanzierungsanteils in einem Zweckbindungsgesetz für die Wissenschaftsfinanzierung gesichert werden.

 

 
  Stefan Liebich, Linkspartei.PDS
© Die Linkspartei.PDS

Der "Studentenberg" ist ein westdeutsches Phänomen. Berlin hat mit mehr Bewerberinnen und Bewerbern aus diesen Bundesländern zu rechnen. Dies verweist auf die ungerechte Finanzierung der Hochschulbildung im föderalen System: Länder wie Niedersachsen, Hessen, Brandenburg und andere bieten selbst zu wenig Studienplätze an und "exportieren" ihre Abiturientinnen und Abiturienten. Wir schlagen deshalb einen Finanzausgleich vor: Nicht mehr der Hochschulstandort sollte die Studienplätze finanzieren, sondern das Herkunftsland der Studierenden. Es wäre so für jedes Land attraktiv, nachgefragte Studienplätze zu schaffen, denn die Finanzierung wäre gesichert. Studiengebühren lehnen wir ab.
Die Linkspartei.PDS sieht weiterhin den Bereich Wissenschaft als Zukunftssektor dieser Stadt. Diese Prioritätensetzung wird sich auch bei der finanziellen Ausstattung der Hochschulen niederschlagen. Wir werden die Hochschulverträge in einem neuen Hochschulgesetz verankern und den Hochschulen langfristig eine sichere Perspektive bieten. Mittelfristig streben wir einen deutlichen Aufwuchs an Studienplätzen auf 100000 (im alten Studiensystem gerechnet) an.

 

 
Sybill Klotz, Bündnis 90/Grüne
© Bündnis 90/Die Grünen
 

Bündnis 90/Die Grünen wollen die Zahl der ausfinanzierten Studienplätze in Berlin auf 100000 anheben. Berlin braucht mehr statt immer weniger Studienplätze. Dazu wollen wir einen Teil der zu erwartenden Steuermehreinnahmen der kommenden Jahre verwenden - jeder fünfte Euro daraus wird in die Bildung gehen, von der Kita bis zu den Hochschulen. Eine Personalstrukturreform und die Stärkung der Bedeutung der Lehre auch an den Universitäten werden ebenfalls dazu beitragen, die Hochschulen insgesamt kapazitär dauerhaft auszubauen - nicht nur für die kommenden Jahre.
Wir wollen die Hochschulverträge fortführen und als Instrument sichern. Bündnis 90/Die Grünen fordern seit langem, die Hochschulverträge endlich gesetzlich abzusichern. Nur so sind die Hochschulen vor einseitigen Vertragsbrüchen durch den Senat - wie durch Rot/Rot geschehen - geschützt und können sich darauf verlassen, dass auch zukünftig die finanziellen Beziehungen zwischen Hochschule und Staat vertraglich geregelt werden.

 

 
  Martin Lindner, FDP
© FDP

Wir werden den Hochschulen den notwendigen Freiraum einräumen, damit diese die Herausforderungen der Zukunft selbstständig und in eigener Verantwortung bewältigen können. Den Hochschulen soll ermöglicht werden, Studienentgelte nach eigenem Ermessen zu erheben - zunächst beschränkt auf eine Höhe von maximal 600 Euro pro Semester. Damit ist garantiert, dass die hierüber eingenommenen Mittel auch bei den Hochschulen verbleiben. Die FDP setzt sich für ein Bildungsgutscheinsystem zwischen den Bundesländern ein. So werden auch die anderen Bundesländer an den Kosten der Hochschulausbildung in Berlin beteiligt. Politik soll sich im Bereich von Wissenschaft und Forschung auf die Ausgestaltung von günstigen Rahmenbedingungen beschränken. Dazu gehören neben einer verlässlichen öffentlichen Finanzierung die Wahrung bzw. der Ausbau der Hochschulautonomie. Den Hochschulen soll mehr Freiraum bei der Ausgestaltung ihrer Leitungs- und Entscheidungssysteme gegeben werden. Sie müssen Verantwortung erhalten, um ihre wissenschaftlichen Strukturen selbst zu entwickeln, Professoren selbst zu berufen, Wissenschaftstarifverträge abzuschließen und Studienentgelte für ihre Lehrangebote zu erheben. Wenn die Unis selbst mit eigenem Budget über ihre Ausstattung entscheiden dürfen, wird sich die Qualität deutlich verbessern.

 

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