Null Bock auf Technik
Warum sich in Deutschland nicht mehr, sondern weniger Frauen
für ein Ingenieurstudium entscheiden
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Wird sie eine Ingenieurin
werden?
© TU-Pressestelle |
Seine Arbeitsmontur ist der Blaumann, er schraubt an Motoren,
tüftelt im stillen Kämmerlein, riecht nach Maschinenöl,
verdient eher lausig und ist ansonsten so uncool wie seine karierten
Hemden, die er trägt. "Ingenieur zu sein ist in den Augen
vieler junger Frauen nicht gerade sexy", sagt Dr. Marion Esch
von femtec,
dem Berliner Hochschulkarrierezentrum für Frauen.
Die geringe gesellschaftliche Anerkennung des Ingenieurberufs
ist ein Grund, weshalb so wenige junge Frauen sich für ein
Ingenieurstudium entscheiden. Die aktuell zu beobachtende Trendwende
in den Ingenieurwissenschaften macht Dr. Marion Esch große
Sorgen. Hat sich der Anteil von Erststudentinnen in den Ingenieurwissenschaften
in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht, ist seit 2003
laut Statistischem
Bundesamt insbesondere in den Kernfächern Elektrotechnik,
Maschinenbau und Bauingenieurwesen ein Rückgang zu beobachten.
An der TU Berlin reduzierten sich die deutschen Studienanfängerinnen
in den Ingenieurwissenschaften von 2003 auf 2004 von 28,2 auf 15,2
Prozent. "Diese Entwicklung ist aber nicht nur in Deutschland
zu beobachten, sondern auch in vielen anderen westeuropäischen
Ländern, ebenso in den USA", ergänzt Marion Esch.
"Hinzu kommt", so Esch, "dass wir in Berlin und den
neuen Bundesländern bereits ab 2008 einen deutlichen Rückgang
der Schulabgängerinnenzahlen zu erwarten haben, als Folge des
Geburtenrückgangs nach der Wende." Das erfordere, das
Technikinteresse breitenwirksamer zu fördern als bisher und
damit bereits im Kindergarten zu beginnen. Bisherige Maßnahmen
setzten sehr spät an und erreichten vornehmlich den kleinen
Teil junger Frauen, der bereits grundsätzlich an Technik interessiert
sei. "In Deutschland fehlt es zudem an einer systematischen
Technikbildung in den Schulen, die auch zu einem Imagewandel führt",
so Esch. Gerade in den westlichen Ländern, von denen immer
noch entscheidende Impulse für die technologische Entwicklung
ausgingen, werde die soziale Bedeutung von Technologie gering eingeschätzt.
Wichtig erscheint es Marion Esch daher auch, den sozialen Nutzen
eines Ingenieurstudiums sichtbar zu machen. "Dort, wo Frauen
einen Nützlichkeitseffekt erkennen wie in den Bio- und Umwelttechnologien,
haben wir nämlich 50 Prozent Studentinnen."
Erfolgreich werden die Maßnahmen aber nur sein, wenn die
Unternehmen die Berufsperspektiven von Ingenieurinnen verbessern.
In Deutschland sind diese unbefriedigend. Zwar studieren Ingenieurinnen
besser, schneller und brechen seltener ihr Studium ab (Frauen 19
Prozent, Männer 27 Prozent), aber es vergeht ein Jahr, bis
sie einen Job finden, sie verdienen 25 Prozent weniger als Männer,
sind häufiger arbeitslos und in den Top-Führungsetagen
von Großunternehmen kaum zu finden.
Sybille Nitsche
In den Schwellen- und Entwicklungsländern ist die Situation
anders. In der Türkei liegt der Anteil von Studentinnen
in den Ingenieurwissenschaften seit Jahren konstant bei 50
Prozent, und Länder wie Dubai haben weltweit die höchste
weibliche Ingenieurquote. Interessant ist auch, dass ein gegenläufiger
Trend bei ausländischen Studienanfängerinnen auszumachen
ist. Nahm der Anteil deutscher Frauen in den Ingenieurwissenschaften
an der TU Berlin ab, erhöhte sich der der ausländischen
Frauen von 4,2 auf fast 7 Prozent.
sn
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