7-9/06
Juli 2006
TU intern
7-9/2006 als
pdf-Datei
(959 kb)
 Themenseiten 
Titel
Inhalt
Aktuell
Hochschulpolitik
Innenansichten
Lehre & Studium
Von der Schule
in die Uni
Forschung
Alumni
Internationales
Menschen
Tipps & Termine
Vermischtes
Impressum
TU-Homepage

Null Bock auf Technik

Warum sich in Deutschland nicht mehr, sondern weniger Frauen für ein Ingenieurstudium entscheiden

Wird sie eine Ingenieurin werden?
© TU-Pressestelle

Seine Arbeitsmontur ist der Blaumann, er schraubt an Motoren, tüftelt im stillen Kämmerlein, riecht nach Maschinenöl, verdient eher lausig und ist ansonsten so uncool wie seine karierten Hemden, die er trägt. "Ingenieur zu sein ist in den Augen vieler junger Frauen nicht gerade sexy", sagt Dr. Marion Esch von femtec, dem Berliner Hochschulkarrierezentrum für Frauen.

Die geringe gesellschaftliche Anerkennung des Ingenieurberufs ist ein Grund, weshalb so wenige junge Frauen sich für ein Ingenieurstudium entscheiden. Die aktuell zu beobachtende Trendwende in den Ingenieurwissenschaften macht Dr. Marion Esch große Sorgen. Hat sich der Anteil von Erststudentinnen in den Ingenieurwissenschaften in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht, ist seit 2003 laut Statistischem Bundesamt insbesondere in den Kernfächern Elektrotechnik, Maschinenbau und Bauingenieurwesen ein Rückgang zu beobachten. An der TU Berlin reduzierten sich die deutschen Studienanfängerinnen in den Ingenieurwissenschaften von 2003 auf 2004 von 28,2 auf 15,2 Prozent. "Diese Entwicklung ist aber nicht nur in Deutschland zu beobachten, sondern auch in vielen anderen westeuropäischen Ländern, ebenso in den USA", ergänzt Marion Esch. "Hinzu kommt", so Esch, "dass wir in Berlin und den neuen Bundesländern bereits ab 2008 einen deutlichen Rückgang der Schulabgängerinnenzahlen zu erwarten haben, als Folge des Geburtenrückgangs nach der Wende." Das erfordere, das Technikinteresse breitenwirksamer zu fördern als bisher und damit bereits im Kindergarten zu beginnen. Bisherige Maßnahmen setzten sehr spät an und erreichten vornehmlich den kleinen Teil junger Frauen, der bereits grundsätzlich an Technik interessiert sei. "In Deutschland fehlt es zudem an einer systematischen Technikbildung in den Schulen, die auch zu einem Imagewandel führt", so Esch. Gerade in den westlichen Ländern, von denen immer noch entscheidende Impulse für die technologische Entwicklung ausgingen, werde die soziale Bedeutung von Technologie gering eingeschätzt. Wichtig erscheint es Marion Esch daher auch, den sozialen Nutzen eines Ingenieurstudiums sichtbar zu machen. "Dort, wo Frauen einen Nützlichkeitseffekt erkennen wie in den Bio- und Umwelttechnologien, haben wir nämlich 50 Prozent Studentinnen."

Erfolgreich werden die Maßnahmen aber nur sein, wenn die Unternehmen die Berufsperspektiven von Ingenieurinnen verbessern. In Deutschland sind diese unbefriedigend. Zwar studieren Ingenieurinnen besser, schneller und brechen seltener ihr Studium ab (Frauen 19 Prozent, Männer 27 Prozent), aber es vergeht ein Jahr, bis sie einen Job finden, sie verdienen 25 Prozent weniger als Männer, sind häufiger arbeitslos und in den Top-Führungsetagen von Großunternehmen kaum zu finden.

Sybille Nitsche

In den Schwellen- und Entwicklungsländern ist die Situation anders. In der Türkei liegt der Anteil von Studentinnen in den Ingenieurwissenschaften seit Jahren konstant bei 50 Prozent, und Länder wie Dubai haben weltweit die höchste weibliche Ingenieurquote. Interessant ist auch, dass ein gegenläufiger Trend bei ausländischen Studienanfängerinnen auszumachen ist. Nahm der Anteil deutscher Frauen in den Ingenieurwissenschaften an der TU Berlin ab, erhöhte sich der der ausländischen Frauen von 4,2 auf fast 7 Prozent.

sn

© TU-Pressestelle 7-9/2006 | TU intern | Impressum | Leserbriefe