Wo Sandstürme durch tote Bäume toben
TU-Forscher helfen, die Austrocknung chinesischer Auwälder
rückgängig zu machen
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Durch die jahrzehntelange
Wasserentnahme aus dem Fluss Tarim entstehen öde Salzpfannen
mit trockenem Gestrüpp dort, wo einst üppig grüne
Auwälder aus Euphratpappeln standen
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Wenn die Computerprogramme der Wissenschaftler Birgit Kleinschmit
und Johannes Küchler vom Institut
für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung der Berliner
Technischen Universität den Zustand von Auwald-Flächen
aus Satellitendaten analysieren, erhalten sie gleichzeitig die Lebensader
von mehr als acht Millionen Menschen in der autonomen Provinz Xinjiang
der Uighuren im Westen Chinas.
Dort fallen in den Wüsten Zentralasiens mit weniger als fünfzig
Millimetern im Jahr nicht einmal ein Zehntel der Niederschläge
von Berlin. Seit 1949 die Volksbefreiungsarmee in die heutige Provinz
Xinjiang einrückte, vertrocknet diese Lebensader. Die Armee
startete so genannte Neulandgewinnungen. Auf 43 riesigen Staatsfarmen
leben eine halbe Million Chinesen aus dem übervölkerten
Osten des Landes und versorgen ihre Baumwollfelder mit Wasser aus
dem Tarim.
Inzwischen ist der Unterlauf auf einer Länge von 320 Kilometern
völlig ausgetrocknet. Wälder, Seen und Dörfer sind
von der Landkarte verschwunden. Zurück bleiben öde, von
Sandstürmen durchzogene Salzpfannen anstelle der einst üppig
grünen Auwälder aus Euphratpappeln. An 200 bis 250 jährlichen
Staubtagen verhüllen Staubwolken den Horizont. Bis ins ferne
Peking wird der Staub manchmal getragen.
Die Ökokatastrophe wurde erkannt. Ende des Jahres 2000 bewilligte
die Zentralregierung schließlich umgerechnet 1,2 Milliarden
Euro, um die Auenvegetation am Unterlauf des Tarim wiederherzustellen.
Wasser aus dem großen Daxihaizi-Stausee soll die Reste der
Tugai-Auwälder retten, doch darunter leiden die Auwälder
am Mittellauf.
Die Professoren Birgit Kleinschmit und Johannes Küchler vom
Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung nehmen
Messungen entlang des Flusses vor, verwenden Bilder des Satelliten
Quickbird, um die Erfolge der Maßnahmen der Regierung oder
das Neuentstehen von Problemen beurteilen zu können. "Während
normale Vegetation Strahlung im nahen Infrarot sehr gut reflektiert,
senden geschädigte Blätter deutlich weniger Infrarot-Strahlen
zurück", erklärt Birgit Kleinschmit das grundlegende
Prinzip ihrer Messungen. Beteiligt sind an dem von der Klaus-Tschira-Stiftung
finanzierten Projekt auch Forscher von der Universität Xinjiang
in Urumtschi sowie von der chinesischen Akademie der Wissenschaften.
Roland Knauer
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