Das Geld soll den Studierenden folgen
Stifterverband empfiehlt, den erwarteten Ansturm mit Bundesmitteln
zu bewältigen - Interview mit Arend Oetker
© Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft |
Seit 1998 ist
Arend Oetker Präsident des Stifterverbandes für die
Deutsche Wissenschaft in Essen, einer Gemeinschaftsaktion der
Wirtschaft zur Förderung der Wissenschaft. Am 6. Mai 2006
wurde er für besondere Verdienste um die Förderung
der Wissenschaften von der Berlin-Brandenburgischen Akademie
der Wissenschaften mit der Leibniz-Medaille ausgezeichnet. |
Herr Dr. Oetker, der Stifterverband
hat Bund und Länder dazu aufgefordert, das Föderalismusreform-Paket
nicht noch einmal komplett neu aufzuschnüren, sondern den Schwung
zu nutzen, um den Wettbewerbsgedanken durch die Schaffung von Bildungs-
und Forschungsmärkten zu verwirklichen. Welche Vorteile eines
solchen Wettbewerbs sehen Sie für die deutsche Universitätslandschaft?
Da Wettbewerb immer zu einem leistungsfähigeren Ganzen führt
und Wettbewerbsfähigkeit nur im Wettbewerb entsteht, erwarte
ich ganz einfach im internationalen Maßstab leistungsfähigere
Hochschulen. Denn: Alle werden sich mehr anstrengen, wenn es einen
klaren Zusammenhang zwischen Aufwand und Ertrag gibt. Vorausgesetzt
natürlich, dass die Hochschulen wirklich autonom und damit
im besten Sinn unternehmerisch handeln können.
Das Finanzierungsmodell, das Sie vorgeschlagen haben, "Geld
folgt Studierenden", soll, auch über Landesgrenzen hinweg,
staatliche Finanzmittel an die tatsächlich besuchte Hochschule
verteilen. Wie sieht das Modell im Detail aus?
Das haben Experten im Auftrag des Stifterverbandes schon vor acht
Jahren ausgearbeitet. Kerngedanke dieses so genannten GefoS-Modells
- GefoS steht für "Geld folgt Studierenden" - ist
eine Modifikation des reinen "Sitzlandprinzips", nach
dem bisher jedes Bundesland seine Hochschulen im Wesentlichen alleine
finanziert.
Dieses Modell soll durch das "Herkunftslandprinzip" ergänzt
werden. Das heißt, dass die "Landeskinder" mit Finanzmitteln
versehen werden, die der besuchten Hochschule zugute kommen, unabhängig
davon, in welchem Bundesland diese liegt.
Nach dem GefoS-Modell setzt sich das Budget einer Hochschule künftig
aus drei Teilen zusammen: erstens - und auch weiterhin überwiegend
- aus einem festen Sockelbetrag nach dem Sitzlandprinzip, zweitens
Zuweisungen nach dem Herkunftsprinzip, drittens Studienbeiträgen.
Der Vorteil liegt auf der Hand: Erst der Übergang zum Herkunftsprinzip
erzeugt Umverteilungseffekte zwischen Bundesländern. Die "Abstimmung
mit den Füßen" der Studierenden hin zu den attraktivsten
Hochschulstandorten wird über die Finanzströme nachvollzogen.
So entsteht Wettbewerb, der durch die freie Entscheidung der Hochschule
für oder gegen Studienbeiträge noch verstärkt würde.
Könnte das langfristig nicht existenzbedrohende Folgen
für kleinere Hochschulen haben?
Überhaupt nicht. Eine kleine Hochschule mit wenig Studenten
erhält natürlich weniger Geld als, sagen wir, die TU Berlin.
Sie benötigt aber ja auch weniger. Probleme bekommen allenfalls
Hochschulen, die gemessen an der Größe zu wenig Studenten
anziehen. Aber das ist ja gerade der Sinn des Ganzen, im Wettbewerb
Geld umzuverteilen und die Unis zu stärken, die in Lehre und
Forschung glänzen. Für kleine Hochschulen besonders in
armen Bundesländern ergeben sich durch das Modell sogar besondere
Chancen: Sie können durch gute Lehre und attraktive Betreuungsrelationen
besonders viele Studenten aus anderen Bundesländern anwerben
und sich dadurch zusätzliche Einnahmen sichern.
Wie sollte der Bund, auch nach dem In-Kraft-Treten der Reformgesetze,
die Länder bei der Bewältigung des bevorstehenden "Studierendenberges"
unterstützen?
Mit befristeten Sonderprogrammen im Konsens mit allen Ländern.
Ob daraus Gebäude, Lehrstühle, pauschale Finanzhilfen
oder Ähnliches finanziert werden, sollten wir aber getrost
den Verhandlungen von Bund und Ländern überlassen. Wichtig
ist nur, dass das Geld des Bundes direkt den Hochschulen zugute
kommt. Und den Studierenden. Der Bund sollte jetzt die Chance ergreifen,
ein umfassendes System der Studienfinanzierung zu etablieren. Mit
der Einführung von Studienbeiträgen wird dessen Notwendigkeit
ganz offensichtlich. Stipendien von Unternehmen oder Studienkredite
von Privatbanken werden nicht ausreichen. Es muss auch ein staatliches
System der individuellen Studienförderung geben, das über
das bisherige Bafög-Modell hinausreicht. Hier könnte der
Bund sich große Verdienste erwerben.
Die Fragen stellte Patricia Pätzold
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