Die moderne Art, Lösungen zu finden
DFG fördert das Forschungszentrum MATHEON, Mathematik für
Schlüsseltechnologien, vier weitere Jahre
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Martin Grötschel
© TU-Pressestelle/Weiß |
Das Forschungszentrum MATHEON
entwickelt Mathematik zur Optimierung von Schlüsseltechnologien,
insbesondere für die praktische Anwendbarkeit der Ergebnisse.
Es forciert eine fächerübergreifende Zusammenarbeit zwischen
Mathematik und Industrie, Wirtschaft und Gesellschaft. Wichtige
Fragen zu den Lebenswissenschaften, Verkehrs- und Kommunikationsnetzen,
der Produktion, Elektronischen Schaltkreisen und optischen Technologien,
Finanzen und Visualisierung stehen im Fokus der Forschung. Anfang
April hat die Deutsche
Forschungsgemeinschaft nach eingehender Begutachtung beschlossen,
das MATHEON weitere vier Jahre mit einem Betrag von etwa 5,6 Millionen
Euro jährlich zu fördern. TU intern sprach mit dem Sprecher
des MATHEON, Prof. Dr. Martin Grötschel.
Herr Professor Grötschel, herzlichen Glückwunsch zu
der Entscheidung der DFG. Die schriftliche Begründung ist ja
voll des Lobes.
Darüber freue ich mich natürlich besonders. Wie aus dem
DFG-Hauptausschuss zu hören war, scheint es noch nie eine so
positive Evaluierung eines Forschungszentrums oder Sonderforschungsbereichs
gegeben zu haben. Es gab praktisch keine Kritik. Ein Lob, das ich
hier gerne an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MATHEON
weiter geben möchte.
Was waren denn die größten Leistungen des MATHEON
in den vergangenen vier Jahren?
Wir haben fantastische Forschung betrieben, aber wirklich herausragend
ist, glaube ich, unsere Nachwuchsarbeit. Fast 30 junge Wissenschaftler
des MATHEON haben in den vergangenen Jahren einen Ruf auf eine Professur
erhalten und wir sind stolz darauf, Deutschland und einige andere
Länder mit exzellent gebildeten Professorinnen und Professoren
in angewandter Mathematik zu versorgen. Diese jungen Wissenschaftler
haben von uns eine Menge neuer Ideen, Projekterfahrung und Anwendungsbezug
mitnehmen können. Wir haben sieben Nachwuchsgruppen am MATHEON,
in die wir das meiste Geld aus unseren Fördermitteln stecken,
um die moderne Art des "Mathematikmachens" zu fördern.
Was verstehen Sie darunter?
Lange Zeit hat die Mathematik - durchaus legitim - viele Probleme
aus sich selbst generiert. Wir aber stellen die Anwendung in den
Vordergrund, wollen die Probleme der neuen Technologien in mathematische
Fragestellungen umsetzen.
Auch die Gründung der Berlin Mathematical School, der erfolgreichen
Graduiertenschule aus dem Exzellenzwettbewerb, ist doch letztlich
eine MATHEON-Idee?
Ja. Wir sind der Meinung, dass die Mathematik möglichst breit
aufgestellt werden muss. Es gilt, die sehr reiche Berliner Mathematiklandschaft
zu erhalten und auszubauen. Davon wird auch das MATHEON durch gut
ausgebildete Studierende und Doktoranden profitieren. Deshalb entstand
diese Idee schon lange vor der Exzellenzdiskussion. Damit sind wir
auf dem Weg, eine der weltweit führenden Ausbildungseinrichtungen
zu werden.
Neu am MATHEON ist, dass sich fünf verschiedene wissenschaftliche
Einrichtungen zusammengetan haben, um ihr Können zu vereinen.
Hat sich dieses Modell bewährt?
Bei der Gründung des MATHEON war diese Tatsache eher ein Hindernis,
weil einige bei der DFG der Meinung waren, dass ein Forschungszentrum
an einer Universität lokalisiert werden müsse. Heute werden
wir von der DFG als Vorbild für die neuen Exzellenzcluster
in Deutschland bezeichnet. Es hat sich nämlich gezeigt, dass
kaum noch eine einzelne Universität alleine genügend Expertise
hat, um ein Forschungszentrum zu gründen.
Man hat mitunter den Eindruck, dass die hohe Exzellenz des MATHEON
bei den Berliner Medien und auch - teilweise - der Politik noch
nicht diesen Stellenwert besitzt? Ist man in Berlin zu wenig stolz
auf die eigene wissenschaftliche Qualität?
Natürlich sind wir mit unserem digitalen Adventskalender und
unseren Urania-Aktivitäten öffentlich schon sehr präsent.
Aber die inhaltliche mathematische Arbeit geht doch allzu oft unter.
Vielleicht besteht in der Öffentlichkeit eine gewisse Angst
vor der Mathematik, weil ihre Inhalte zu kompliziert erscheinen.
Die Unterstützung seitens der Politik für dieses Eliteinstitut
ist allerdings groß.
Gibt es denn schon Pläne für die nächsten vier
Jahre?
Zunächst wird es sicherlich personelle Veränderungen
geben, weil einige der führenden Personen im MATHEON in den
nächsten Jahren pensioniert werden und wir diese durch junge
Kräfte ersetzen wollen. Natürlich werden wir auch neue
Projekte in Angriff nehmen. Und wir werden gezielt dafür sorgen,
dass das MATHEON noch viel stärker international verankert
wird. Eine Reihe internationaler Kontakte besteht ja bereits.
In acht Jahren, nach Beendigung der Förderung durch die
DFG, soll das MATHEON auf eigenen Beinen stehen können. Wie
wird dieses Ziel erreicht?
Die verschiedenen Projekte haben bereits viele Industriekontakte
und Kooperationen, wofür wir eine eigene Stelle geschaffen
haben. Das Interesse seitens der Industrie am MATHEON ist groß.
Ich persönlich habe in den letzten Tagen intensive Gespräche
mit fünf großen Unternehmen über gemeinsame Projekte
geführt. Und die anderen Wissenschaftler sind auch nicht untätig.
Worin besteht das Interesse für diese Unternehmen?
Wir können das gesamte Portfolio der Mathematik anbieten und
praktisch zu jedem Thema aus den Schlüsseltechnologien in kürzester
Zeit ein Team aufstellen, das die mathematischen Lösungen auf
höchster Ebene erarbeitet.
Das Gespräch führte Rudolf Kellermann
MATHEON - Zahlen und Fakten
Das DFG-Forschungszentrum MATHEON ist ein in Deutschland
einzigartiger Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern aus den drei Berliner Hochschulen TU, FU
und HU
sowie dem Konrad-Zuse-Zentrum
für Informationstechnik Berlin (ZIB) und dem Weierstraß-Institut
für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS). Sprecherhochschule
ist die TU Berlin.
MATHEON international
- MASCOS, Melbourne, Sydney (Centre of Excellence for Mathematics
and Statistics of Complex Systems)
- CMM, Santiago de Chile (Centre for Mathematical Modelling)
- MITACS, Vancouver (Mathematics of Information Technology
and Complex Systems)
Geplant
- ICM, Warschau, (Interdyscyplinarnego Centrum Rozwoju
Matematycznego i Komputerowego Uniwersytetu Warszawskiego)
- CAS, Beijing, China (Academy of Mathematics and Systems
Science)
MATHEON personell
196 Mitglieder, darunter 42 Professoren (sechs durch das
MATHEON berufen). 81 drittmittelfinanzierte wissenschaftliche
Mitarbeiter und Doktoranden sowie 20 studentische Hilfskräfte.
Bis Januar 2006 waren 26 Rufe an junge MATHEON-Wissenschaftler
ergangen.
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