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Mai 2006
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DFG fördert das Forschungszentrum MATHEON, Mathematik für Schlüsseltechnologien, vier weitere Jahre

 
  Martin Grötschel
© TU-Pressestelle/Weiß

Das Forschungszentrum MATHEON entwickelt Mathematik zur Optimierung von Schlüsseltechnologien, insbesondere für die praktische Anwendbarkeit der Ergebnisse. Es forciert eine fächerübergreifende Zusammenarbeit zwischen Mathematik und Industrie, Wirtschaft und Gesellschaft. Wichtige Fragen zu den Lebenswissenschaften, Verkehrs- und Kommunikationsnetzen, der Produktion, Elektronischen Schaltkreisen und optischen Technologien, Finanzen und Visualisierung stehen im Fokus der Forschung. Anfang April hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft nach eingehender Begutachtung beschlossen, das MATHEON weitere vier Jahre mit einem Betrag von etwa 5,6 Millionen Euro jährlich zu fördern. TU intern sprach mit dem Sprecher des MATHEON, Prof. Dr. Martin Grötschel.

Herr Professor Grötschel, herzlichen Glückwunsch zu der Entscheidung der DFG. Die schriftliche Begründung ist ja voll des Lobes.

Darüber freue ich mich natürlich besonders. Wie aus dem DFG-Hauptausschuss zu hören war, scheint es noch nie eine so positive Evaluierung eines Forschungszentrums oder Sonderforschungsbereichs gegeben zu haben. Es gab praktisch keine Kritik. Ein Lob, das ich hier gerne an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MATHEON weiter geben möchte.

Was waren denn die größten Leistungen des MATHEON in den vergangenen vier Jahren?

Wir haben fantastische Forschung betrieben, aber wirklich herausragend ist, glaube ich, unsere Nachwuchsarbeit. Fast 30 junge Wissenschaftler des MATHEON haben in den vergangenen Jahren einen Ruf auf eine Professur erhalten und wir sind stolz darauf, Deutschland und einige andere Länder mit exzellent gebildeten Professorinnen und Professoren in angewandter Mathematik zu versorgen. Diese jungen Wissenschaftler haben von uns eine Menge neuer Ideen, Projekterfahrung und Anwendungsbezug mitnehmen können. Wir haben sieben Nachwuchsgruppen am MATHEON, in die wir das meiste Geld aus unseren Fördermitteln stecken, um die moderne Art des "Mathematikmachens" zu fördern.

Was verstehen Sie darunter?

Lange Zeit hat die Mathematik - durchaus legitim - viele Probleme aus sich selbst generiert. Wir aber stellen die Anwendung in den Vordergrund, wollen die Probleme der neuen Technologien in mathematische Fragestellungen umsetzen.

Auch die Gründung der Berlin Mathematical School, der erfolgreichen Graduiertenschule aus dem Exzellenzwettbewerb, ist doch letztlich eine MATHEON-Idee?

Ja. Wir sind der Meinung, dass die Mathematik möglichst breit aufgestellt werden muss. Es gilt, die sehr reiche Berliner Mathematiklandschaft zu erhalten und auszubauen. Davon wird auch das MATHEON durch gut ausgebildete Studierende und Doktoranden profitieren. Deshalb entstand diese Idee schon lange vor der Exzellenzdiskussion. Damit sind wir auf dem Weg, eine der weltweit führenden Ausbildungseinrichtungen zu werden.

Neu am MATHEON ist, dass sich fünf verschiedene wissenschaftliche Einrichtungen zusammengetan haben, um ihr Können zu vereinen. Hat sich dieses Modell bewährt?

Bei der Gründung des MATHEON war diese Tatsache eher ein Hindernis, weil einige bei der DFG der Meinung waren, dass ein Forschungszentrum an einer Universität lokalisiert werden müsse. Heute werden wir von der DFG als Vorbild für die neuen Exzellenzcluster in Deutschland bezeichnet. Es hat sich nämlich gezeigt, dass kaum noch eine einzelne Universität alleine genügend Expertise hat, um ein Forschungszentrum zu gründen.

Man hat mitunter den Eindruck, dass die hohe Exzellenz des MATHEON bei den Berliner Medien und auch - teilweise - der Politik noch nicht diesen Stellenwert besitzt? Ist man in Berlin zu wenig stolz auf die eigene wissenschaftliche Qualität?

Natürlich sind wir mit unserem digitalen Adventskalender und unseren Urania-Aktivitäten öffentlich schon sehr präsent. Aber die inhaltliche mathematische Arbeit geht doch allzu oft unter. Vielleicht besteht in der Öffentlichkeit eine gewisse Angst vor der Mathematik, weil ihre Inhalte zu kompliziert erscheinen. Die Unterstützung seitens der Politik für dieses Eliteinstitut ist allerdings groß.

Gibt es denn schon Pläne für die nächsten vier Jahre?

Zunächst wird es sicherlich personelle Veränderungen geben, weil einige der führenden Personen im MATHEON in den nächsten Jahren pensioniert werden und wir diese durch junge Kräfte ersetzen wollen. Natürlich werden wir auch neue Projekte in Angriff nehmen. Und wir werden gezielt dafür sorgen, dass das MATHEON noch viel stärker international verankert wird. Eine Reihe internationaler Kontakte besteht ja bereits.

In acht Jahren, nach Beendigung der Förderung durch die DFG, soll das MATHEON auf eigenen Beinen stehen können. Wie wird dieses Ziel erreicht?

Die verschiedenen Projekte haben bereits viele Industriekontakte und Kooperationen, wofür wir eine eigene Stelle geschaffen haben. Das Interesse seitens der Industrie am MATHEON ist groß. Ich persönlich habe in den letzten Tagen intensive Gespräche mit fünf großen Unternehmen über gemeinsame Projekte geführt. Und die anderen Wissenschaftler sind auch nicht untätig.

Worin besteht das Interesse für diese Unternehmen?

Wir können das gesamte Portfolio der Mathematik anbieten und praktisch zu jedem Thema aus den Schlüsseltechnologien in kürzester Zeit ein Team aufstellen, das die mathematischen Lösungen auf höchster Ebene erarbeitet.

Das Gespräch führte Rudolf Kellermann
 

MATHEON - Zahlen und Fakten

Das DFG-Forschungszentrum MATHEON ist ein in Deutschland einzigartiger Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den drei Berliner Hochschulen TU, FU und HU sowie dem Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB) und dem Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS). Sprecherhochschule ist die TU Berlin.

MATHEON international

  • MASCOS, Melbourne, Sydney (Centre of Excellence for Mathematics and Statistics of Complex Systems)
  • CMM, Santiago de Chile (Centre for Mathematical Modelling)
  • MITACS, Vancouver (Mathematics of Information Technology and Complex Systems)

Geplant

  • ICM, Warschau, (Interdyscyplinarnego Centrum Rozwoju Matematycznego i Komputerowego Uniwersytetu Warszawskiego)
  • CAS, Beijing, China (Academy of Mathematics and Systems Science)

MATHEON personell

196 Mitglieder, darunter 42 Professoren (sechs durch das MATHEON berufen). 81 drittmittelfinanzierte wissenschaftliche Mitarbeiter und Doktoranden sowie 20 studentische Hilfskräfte. Bis Januar 2006 waren 26 Rufe an junge MATHEON-Wissenschaftler ergangen.

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