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Gülle mit Nebenwirkungen

Reste von Tierarzneimitteln können eine Gefahr für die Umwelt sein

Über Kühe und Schweine gelangen Tierarzneimittel in den Boden und damit in die Nahrungskette
© privat

In der Tierzucht werden in Deutschland etwa doppelt so viel Arzneimittel eingesetzt wie in der Humanmedizin - etliche davon gelangen in die Umwelt. Die Tiere scheiden sie aus, und mit der Gülle gelangen sie auf die Felder. Niemand weiß, wo und wann die Wirkstoffe wieder auftauchen: in den Böden, im Grundwasser und damit auch in der Nahrungskette. Die Arbeitsgruppe um Martin Kaupenjohann vom Institut für Bodenkunde hat deshalb ein umfangreiches überregionales Forschungsprojekt begonnen.

Mit Kollegen aus insgesamt acht Arbeitsgruppen untersucht er am Beispiel zweier häufig eingesetzter Antibiotika-Wirkstoffe deren Verbleib im Boden. Die Wissenschaftler verfolgen, welche Bindungen die Wirkstoffe im Boden eingehen, wie diese im Laufe der Zeit fester werden, wie sich die Wirkstoffe und deren Abbauprodukte anreichern und schubweise wieder freigesetzt werden und wie sie auf Bodenorganismen wirken. "Am spannendsten ist das Problem der Resistenzbildung und -übertragung", sagt Kaupenjohann. Man weiß heute, dass Bakterien, die in der Viehzucht mit Antibiotika bekämpft werden, nach einiger Zeit resistent werden, weil sich ihre Gene anpassen und verändern. Was mit den Resistenzgenen passiert, wenn die Bakterien mit der Gülle auf die Felder gelangen, weiß man nicht. "Man befürchtet", so Kaupenjohann, "dass die Resistenzgene auf im Boden lebende pathogene Organismen übergehen und diese dann nicht mehr bekämpft werden können."

Die Forscher wollen genau verstehen, welche Prozesse im Boden in welchem Zeitraum ablaufen. "Wir haben uns auf zwei Beispielwirkstoffe begrenzt", erläutert Kaupenjohann. Diese werden Schweinen verabreicht und die ausgeschiedenen Exkremente zu Gülle, mit der, wie üblich, gedüngt wird. In einem zentralen Experiment in Jülich werden dann zwei verschiedene Böden mit der wirkstoffhaltigen Gülle versetzt und über mehrere Monate inkubiert. Seit Oktober 2005 läuft der erste von vier Versuchen. Die Antibiotika-Wirkstoffe sind mit radioaktiven Kohlenstoffatomen markiert worden. Erstmals wurden also zwei Schweine mit derartigen Markern gefüttert. "Das ist ein Riesenaufwand, da es hohe Sicherheitsvorkehrungen benötigt sowie einen speziellen Stall", erläutert Kaupenjohann. Allein die Synthese der markierten Wirkstoffe, die die Firma Bayer bereitgestellt hat, koste zwischen 50000 und 100000 Euro.

Doch die Forscher sind überzeugt, dass sich der Aufwand lohnt, denn es ist ein großer Unterschied, ob man die Wirkstoffe und damit auch die radioaktiven Marker der Gülle hinterher zufügt oder ob die Schweine sie verdauen. "Stoffwechselenzyme wandeln die Wirkstoffe um, damit sie von der Niere ausgeschieden werden können. Im Boden werden sie dann zurückgebildet", sagt Kaupenjohann. Schon jetzt, in der ersten Phase der Studie, haben die Forscher Abbauprodukte in der Gülle gefunden, die bisher noch nicht beschrieben wurden.

Aus den Teilerkenntnissen soll die Laborstudie am Ende konkrete Ursache-Wirkung-Beziehungen ans Tageslicht bringen: Wie wird die Antibiotikaresistenz im Boden gebildet und übertragen? Wie wirken sich Arzneimittelrückstände auf die Mikroorganismengesellschaft im Boden aus oder wie verändert sich durch Tierarzneimittel im Boden die Stickstoffdynamik?

Ina Helms

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