Integration fördert soziales Verhalten und Lernerfolge für
alle
Untersuchungen des TU-Instituts für Erziehungswissenschaft
zum Umgang mit behinderten Kindern
Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Vernor Muñoz, der im Februar
2006 Deutschlands Schulen unter dem Aspekt der Chancengleichheit
besuchte, kritisierte unter anderem die weiterhin hohe Quote der
Sonderschüler, die meist ohne Ausbildung abschließen
und kaum berufliche Chancen haben. Deutschland hat mit nur 13 Prozent
in regulären Schulen unterrichteten behinderten Schülern
zudem eine im internationalen Vergleich geringe Integrationsquote.
In vielen der Länder, die bei der PISA-Studie deutlich besser
abschnitten als Deutschland, ist integrativer Unterricht seit langem
Normalität.
"Es gibt Fälle, in
denen man Eltern im Rechtsstreit gegen Behörden unterstützen
muss, die Integration behindern"
Prof. Dr. Jutta Schöler |
Die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt wesentlich höhere
Integrationsrate von 32 Prozent in Berlin ist auch eine Folge des
nachhaltigen Engagements der Schulforschung der TU-Professoren Jutta
Schöler und Ulf Preuss-Lausitz aus dem Institut
für Erziehungswissenschaft. So war es kein Zufall, dass
dieses Institut in Kooperation mit der Katholischen
Hochschule Berlin im Februar die 20. Integrationsforschertagung
in Rheinsberg ausrichtete, an der 120 Forscher aller deutschsprachigen
Länder teilnahmen. Jutta Schöler stellte dort Forschungsergebnisse
zu den Themen Gemeinsamer Unterricht und Schulentwicklung vor und
berichtete von Fällen, in denen sie Eltern im Rechtsstreit
gegen Behörden unterstützt, die Integration "behindern".
Ulf Preuss-Lausitz zeigte anhand seiner aktuellen Berliner Studie,
wie verhaltensauffällige Kinder integriert werden können.
Viele weitere Studien zeigen: Im sozialen Bereich fördern Integrationsklassen
ein positives soziales Klima.
Die Schulleistungen der nichtbehinderten Kinder in Integrationsklassen
sind gleich gut und im sozialen Bereich günstiger als ohne
Integration. Sehr viel besser, im Vergleich zu Sonderschulen, sind
vor allem die Schulleistungen der als lernbehindert bezeichneten
Kinder: Unterschiede in heterogenen Lerngruppen wirken sich gerade
für schwächere Schüler leistungssteigernd aus, ein
Befund, der sich auch bei PISA zeigte. Differenzierter Unterricht
und Kooperation von Regel- und Sonderpädagogen fordern und
fördern jedes Kind auf seinem Niveau: die schnellen ebenso
wie die langsamen Lerner.
Studien belegen, dass die Schule für Lernbehinderte überwiegend
eine Schule für Kinder armer, kinderreicher, arbeitsloser Eltern
ist - im Westen überdurchschnittlich häufig mit Migrationshintergrund.
Zu Recht hat daher der UN-Beobachter Muñoz mehr Integration
in Deutschland eingefordert, um mehr soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen
zu befördern.
Tagungsthema war neben vielen anderen auch, wie Lehramtsstudierende
auf den integrativen Unterricht in heterogenen Lerngruppen vorbereitet
werden können. Zur Sicherung dieses Lehrgebiets hat die TU
seit 2003 eine Akademische Ratsstelle eingerichtet.
Dr. Irene Demmer-Dieckmann,
Institut für Erziehungswissenschaft
http://bidok.uibk.ac.at/itagung
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