Von Fürsten und Franzosen
TU-Studierende auf der Spur französischer Malerei in deutschen
Sammlungen
Kulturtransfer im 18. Jahrhundert von Frankreich nach Deutschland
- da denkt man an Friedrich den Großen und Voltaire, an rheinische
Jakobiner und Französisch als Standardsprache des Geisteslebens.
Es lohnt jedoch, genauer nachzusehen: zum Beispiel bei der Aufnahme
französischer Gemälde in deutsche Sammlungen.
"Das schönste Bild des französischen 18. Jahrhunderts",
nach Urteil Pierre Rosenbergs, des ehemaligen Generaldirektors des
Musée du
Louvre in Paris und wichtigsten Kenners jener Kunst, hängt
ganz in unserer Nähe - im Berliner Schloss Charlottenburg.
Das Ladenschild des Kunsthändlers Gersaint von Antoine Watteau
ist bei weitem nicht das einzige berühmte französische
Werk in Berlin oder in Deutschland: Wahre Ikonen der französischen
Revolution befinden sich heute in Hamburg. Raffinierte Jagdstilleben
von Jean-Baptiste Oudry, die in Paris um 1730 der letzte Schrei
waren, sind heute in Schwerin zu suchen, denn der dortige Herzog
hatte sie fast alle gesammelt. War neben französischer Sprache
und Literatur Frankreichs Kunst gleichermaßen à la
mode? Auch um die galanten Bilder von Jean-Honoré Fragonard
riss sich die feine Kundschaft im Paris des späten 18. Jahrhunderts
- doch hierzulande schien er die Kunstinteressierten bis in jüngere
Zeit kalt zu lassen. Der Bestand der Berliner Gemäldegalerie
ist gerade einmal zu fünf Prozent französisch.
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Detail aus dem "Ladenschild
des Kunsthändlers Gersaint" von Antoine Watteau, 1720,
das im Schloss Charlottenburg bleiben musste
© Wikipedia.de |
Ein Hauptseminar zu den Beständen französischer Malerei
in deutschen Sammlungen nahm diese Widersprüche und Rätsel
unter die Lupe. Die Studierenden des Instituts
für Kunstgeschichte fuhren mit Prof. Dr. Bénédicte
Savoy nach Bonn, wo eine Ausstellung der Kunst- und Ausstellungshalle
über 150 Meisterwerke vereint, die sich in deutschen Museen
und Sammlungen befinden. Dort empfing sie Pierre Rosenberg selbst,
der die Ausstellung zusammen mit seinem Assistenten David Mandrella
kuratierte.
Er und seine Mitarbeiter standen den neugierigen Gästen Rede
und Antwort. Sie erzählten von Zuschreibungen und Zufallsfunden,
von der Forschung zu einzelnen Künstlern bis zur leisen Enttäuschung,
doch nicht so viel gefunden zu haben wie erwartet: In der Malerei
waren in Deutschland Italiener und Niederländer bis ins 20.
Jahrhundert gefragter als Franzosen.
Die Studierenden jedenfalls gewannen tiefe Einblicke in das Museums-
und Ausstellungswesen, selbst wenn das "schönste Bild"
fehlte. Das musste nämlich aus konservatorischen Gründen
in Berlin bleiben - einen Kilometer von der TU Berlin entfernt.
Robert Skwirblies,
Student
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