Was kostet ein Schlafplatz?
Studierende planen ein Internat für 750 indische Kinder
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Überall - auch in Schulen
und Kindergärten - wurden die jungen Planer mit großer
Offenheit empfangen
© privat |
"Um Wohn- oder Lebensumfeld für Menschen aus anderen
Kulturkreisen und Ländern zu planen, muss man ihre Bedürfnisse
kennen, ihr Land, ihre Ressourcen", sagt Diébédo
Francis Kéré. Der TU-Architekt mit dem Fachgebiet
Habitat Unit weiß, wovon er redet. Für ein Schulprojekt
im afrikanischen Dorf Gando ist er vor zwei Jahren mit einem der
bedeutendsten Architekturpreise, mit dem Aga Khan Award for Architecture,
ausgezeichnet worden. Nun plant er mit seinen Studierenden eine
Internatsschule für 750 Kinder in einer ländlichen indischen
Gegend. Um den Studierenden ein Gefühl dafür zu geben,
wie die Menschen dort leben, was ihnen wichtig ist oder welche Hilfsmittel
sie zur Verfügung haben, fuhr er mit ihnen vier Wochen nach
Indien, finanziell unterstützt von der Universität.
Dabei bereisten sie das Land, besichtigten Kulturdenkmale, wie
den Lotustempel oder die Tempelanlage Qutb Minar in Delhi, die mehrere
islamische und hinduistische Baucharakteristika aufweist, die eher
untypische indische Stadt Chandigarh in Punjab, die komplett in
den 50er-Jahren von LeCorbusier geplant worden war, oder die blaue
Stadt, die zur Kühlung schon seit Jahrhunderten mit blauer
Farbe angestrichen wird. Sie sahen den Taj Mahal, den Palast der
Winde, aber auch Ziegelbrennereien, christliche und hinduistische
Schulen, Universitäten und Architekturbüros, besuchten
öffentliche und private Feste und bekamen so einen Einblick,
zum Teil fernab von touristischen Routen, von der Kultur, den Bau-
und Arbeitsweisen in Indien.
"Das Leben spielt sich vor allem draußen ab", resümierte
Louis Miguel Khan, Student des Projekts "Lernen und Wohnen
in Indien", "zumindest würden wir es draußen'
nennen." Er meinte damit auch großzügige überdachte
Außenzonen, die an sonnigen wie Regenzeittagen von Luft durchspülte
Aufenthaltsräume bieten und wo kommuniziert, gearbeitet, gegessen
und geschlafen wird. "Durch unsere Reise haben wir einen Eindruck
von indischer Gastfreundlichkeit, von Handwerk und Bearbeitungsmethoden
bekommen und einen Sinn für das Vorhandensein von Baumaterialien
bekommen. Als wir dann auch noch das Grundstück betraten, auf
dem das Internat vielleicht einmal stehen wird, waren unsere Grundlagen
komplett." Francis Kéré ist zufrieden: "Jetzt
müssen sich die Studierenden Gedanken darüber machen:
Wie kann man für Menschen bauen, die überhaupt kein Einkommen
beziehen? Kann man nach westlichem Vorbild Toiletten in den Wohnraum
integrieren? Oder: Was darf eine Schule oder eine Schlafstätte
für Schüler kosten?"
Patricia Pätzold
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