Die künstliche Netzhaut
Intelligente Sensorgeräte aus der Photonik sollen Kameras
das dreidimensionale Sehen ermöglichen
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In ihrem Labor führt
Susanna Orlic, hier mit Mitarbeiter Timo Feid, Versuche und
Analysen zur Farb-Zerlegung durch
© Institut für Optische Technologien |
Heutige Hightech-Kameras können mit ihrer hohen Auflösung
oft Dinge sehen, die das menschliche Auge gar nicht wahrnimmt. Doch
etwas Entscheidendes hat das menschliche Augenpaar ihnen immer noch
voraus: das dreidimensionale Sehen. Das soll nun anders werden.
Die Arbeitsgruppe "Optische Technologien" von TU-Professorin
Dr. Susanna Orlic hat ein ambitioniertes Projekt gestartet, das
eine neue Generation hochintelligenter optischer Sensorsysteme entwickeln
und die Beschränkungen konventioneller Kameratechnik überwinden
will: Es heißt NAMIROS und wird vom Bundesforschungsministerium
mit vier Millionen Euro über drei Jahre gefördert.
"Das neue Sensorsystem soll zum Beispiel eine Vordergrund-Hintergrund-Trennung
vornehmen und Objekte erkennen können", erklärt Susanna
Orlic. "Integriert in eine Kamera wird dieses nicht nur die
Objekte vollständig im Raum abbilden und lokalisieren, sondern
auch ihre 3-D-Form klassifizieren. Das heißt, dass der Sensor
selbstständig zum Beispiel ein Haus von einem Auto unterscheiden
kann."
"Nano- und Mikrostrukturierung von Photopolymeren und Nanokompositen
als Raumgitter für die optische Sensorik" heißt
das von Susanna Orlic koordinierte Projekt mit vollem Namen. Vier
Unternehmen, zwei Institute und zwei Universitätsgruppen sind
daran beteiligt. Die Entwicklung soll schließlich Anwendung
finden in den verschiedensten Bereichen der Industrie wie Verkehrstechnik,
Medizin, digitale Bildverarbeitung und vielen anderen. Durch die
Kombination von chemischen, optischen und Informationstechnologien
eröffnet das interdisziplinäre Projekt weiteres Innovationspotenzial.
Vorbild sind biologische Systeme, die intelligent funktionieren.
Zum Beispiel kann das menschliche Auge verschiedene Farben auch
bei unterschiedlichsten Beleuchtungsverhältnissen identifizieren.
Um ein solches optisch-sensorisches Abbildungssystem künstlich
zu schaffen, müssen Nano- und Mikro-Raumgitterstrukturen hergestellt
werden. Die Schwierigkeit liegt dabei in der Entwicklung geeigneter
Materialien, die sich durch Licht fein strukturieren und zu einem
hierarchischen Raumgittersystem zusammenfügen lassen.
Die Periodizität der Raumgitter variiert von einigen Nanometern
bis zu einigen Mikrometern. Die geforderte hohe optische Transparenz
und der kontrollierbare Beugungskontrast der Raumgitterkomponenten
werden mit maßgeschneiderten polymerbasierten Nanokompositen
erreicht. Die Methode wird optisch als 4-D-RGB-Sensorik beschrieben,
da das Raumgittersystem die 3-D-Objektinformation um eine zusätzliche,
im Spektrum des Lichts enthaltene Dimension erweitert.
Die Arbeitsgruppe Optische Technologien der TU Berlin übernimmt
die holografische Herstellung von Raumgittern. Hierfür werden
mehrere Laserstrahlen aus verschiedenen Richtungen im Material überlagert.
Durch Interferenz entsteht dabei eine dreidimensionale Modulation
der Lichtintensität. Diese überträgt sich in die
photosensitiven Materialien, es bildet sich eine entsprechende räumliche
Variation der Brechzahl aus. So entstehen photonische Raumgitter,
mit einer den Kristallgittern ähnlichen periodischen Struktur.
Mit dieser Methode kann eine Vielfalt von Raumgitterstrukturen mit
unterschiedlicher Periodizität realisiert werden, indem Wellenlänge
und Richtung der Laserstrahlen angepasst werden.
Anschließend werden die so hergestellten Bauelemente in ein
Sensorsystem integriert, das eine ortsgetreue Abbildung erreicht.
Typische Einsatzgebiete für objektklassifizierende optische
Filter wären z. B. intelligente Bewegungsmelder, die zwischen
typischen Objekten (Tiere, Menschen, Autos) unterscheiden können;
intelligente Ampeln, automatisch fahrende Fahrzeuge oder Sicherheits-
und Überwachungssysteme, die an Gebäuden, an Fahrzeugen,
an industriellen Robotern durch die berührungslose Erkennung
von Signalklassen in Echtzeit regeln und Entscheidungen treffen.
Patricia Pätzold
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