Tropfen auf den heißen Stein?
Vor der Zustimmung zum Hochschulpakt 2020 hat Berlin noch Forderungen
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Gedränge bei der Immatrikulation:
ein alltägliches Bild in deutschen Universitäten.
Der Hochschulpakt 2020 soll Abhilfe schaffen
© TU-Pressestelle |
"Aufgrund der steigenden Studienplatznachfrage ist die
Erweiterung des Lehrangebots und der Ausbau der Forschungsförderung
an den Hochschulen eine nationale Aufgabe", erklärte Bundesbildungsministerin
Annette Schavan. Auf diese Prämisse hatte sie sich mit den
Wissenschaftsministern der Länder geeinigt, als es bei mehreren
Treffen im Herbst um die Grundlinien des geplanten Hochschulpaktes
2020 ging.
Diese Mitteilung hatte insofern Brisanz für die Länder,
weil damit klargestellt wurde, dass der Bund in dieser Situation
gewillt ist, den Ländern finanziell unter die Arme zu greifen.
Auch konkrete Zahlen wurden bereits genannt: Man rechne mit zusätzlichen
90000 Studienanfängern bis zum Jahr 2010, wobei für jeden
zusätzliche Kosten von 22000 Euro über vier Jahre zugrunde
gelegt wurden. Das sind fast zwei Milliarden Euro, wovon der Bund
die Hälfte tragen will.
Bei der Forschungsförderung für die Hochschulen bietet
der Bund eine Programmkostenpauschale an, sogenannte Overheadkosten.
Hier handelt es sich um ein zusätzliches Plus von 20 Prozent
für Projekte, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) gefördert werden. Ab 2007 würde dies für Sonderforschungsbereiche,
Forschungszentren und Graduiertenkollegs gelten, ab 2008 für
sämtliche Neubewilligungen der DFG.
Ein Wermutstropfen ist allerdings dabei: Die Pläne für
Kapazitätsausbau und Forschungsförderung übersteigen
den derzeitigen mittelfristigen Finanzplan des BMBF um rund 260
Millionen Euro. Darüber verhandelt die Bundesbildungsministerin
derzeit mit dem Finanzministerium. Eine Einigung über die Beteiligung
der Länder soll bis Ende November gefunden werden.
Margret Wintermantel, Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz
(HRK), warnte dagegen davor, den Kapazitätsausbau bei Studienplätzen
mit der Forschungsförderung zu vermengen. Allein für die
erwartete Spitze des Studierendenandrangs im Jahr 2013 hat die HRK
einen Mehrbedarf von 3,4 Milliarden Euro errechnet. "Wir brauchen
ein entschlossenes Handeln, keinen Tropfen auf den heißen
Stein", sagte Wintermantel. "Deutschland hat einen Studierendenanteil
von 37 Prozent, eine Absolventenquote von 20,6 Prozent. Gegenüber
dem OECD-Mittel von 53 beziehungsweise 34,8 Prozent sind wir nach
wie vor deutlich im Hintertreffen."
Schwierig könnte die Hochschulpakt-Einigung auch mit Berlin
werden. Die rot-roten Koalitionäre haben nämlich beschlossen,
sich am Hochschulpakt 2020 nur unter bestimmten Bedingungen zu beteiligen.
Berlin möchte als zusätzliche Finanzleistung anerkannt
bekommen, dass es Studierende weit über den eigenen Bedarf
hinaus ausbildet. Mehr als die Hälfte aller Studierenden an
den Berliner Hochschulen kommen aus anderen Bundesländern und
aus dem Ausland. Das will Berlin der Forderung entgegenhalten, dass
die Bundesländer neue Studienplätze schaffen müssen,
um an das Geld vom Bund zu kommen. Andere Bundesländer haben
bereits Maßnahmen angekündigt. Nordrhein-Westfalen will
zum Beispiel bis 2010 rund 20000 neue Plätze schaffen und dafür
rund 125 Millionen Euro bereitstellen. Den Ostdeutschen Ländern
wurde ein Sonderbonus von 83 Millionen Euro zugesagt - um den Studienplatzabbau
zu vermeiden. Der Hochschulpakt kommt nur zustande, wenn alle Länder
zustimmen.
Falls das Geld vom Bund kommt, will die neue alte Berliner Koalition
Studienplätze vor allem an Fachhochschulen schaffen. Für
die Unis hat sie sich etwas Neues ausgedacht: von Unternehmen gesponserte
oder finanzierte Kollegs für ausgewählte Studierende,
die dort zusätzliche Kurse belegen können, um schneller
ins Berufsleben beziehungsweise in die Forschung einsteigen zu können.
pp
Drohender Kollaps
Im Jahr 2020 werden die deutschen Hochschulen fast 4000 Professorenstellen
mehr brauchen als im Jahr 2004, allein um das derzeitige Betreuungsverhältnis
von 1:60 im Bundesdurchschnitt zu halten. Das hat die Zeitschrift
Forschung & Lehre errechnet. Im Jahre 2014 seien es sogar,
wegen der Schulzeitverkürzung, mehr als 8000 Stellen.
Seit Ende der Siebzigerjahre habe die Zahl des Lehrpersonals
ohnehin nicht mehr mit der wachsenden Zahl der Studierenden
Schritt halten können. Mit einer Vielzahl schlecht bezahlter
Dozentenstellen ohne Perspektive, wie es die mögliche
Personalkategorie der "Lecturer" darstelle, sei
niemandem gedient, so Dr. Bernhard Kempen, Präsident
des Deutschen Hochschulverbandes. Den Hochschulen drohe der
Kollaps.
tui
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Wissenschaftssystem stärken
Lange Studienzeiten, zu späte Selbstständigkeit,
starke Hierarchien, das unflexible Beschäftigungssystem
und ungenügende Internationalisierung der Universitäten
lähmten das System der wissenschaftlichen Karrieren in
unserem Land, kritisieren die Wissenschaftler in Deutschland.
Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei verbesserungsbedürftig.
Anfang Oktober legte deshalb das Bundesbildungsministerium
einen Gesetzesentwurf vor, nach dem Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler nach Ablauf der Zwölf-Jahres-Frist so
lange weiterarbeiten dürfen, wie sie Drittmittel einwerben.
Zudem enthält der Entwurf die Möglichkeit, die zulässige
Befristungsdauer für die Betreuung eines Kindes um zwei
Jahre zu verlängern.
tui
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