Das Allerletzte
Weit geblickt
Den richtigen Durchblick hat die Deutsche Bahn nicht erst seitdem
sie am neuen Berliner Hauptbahnhof den direkten Kontakt zum Himmel
hat. Das europaweit modernste Glasdach macht's möglich. Zur
pompösen Einweihungsfeier im Mai erschien der Architekt zwar
nicht. Er war beleidigt. Sein beidseitig langärmelig geplanter
Glaspalast war nun nur kurzärmelig geworden - angeblich zu
teuer und langwierig. Was die Deutsche Bahn aber niemandem verriet:
In weiser Voraussicht hatte sie das Geld bereits anderweitig verplant,
selbstverständlich im Dienste des Kunden. Frierend und vom
Regen durchnässt auf dem Bahnsteig stehend konnten die Bahnkunden
zunächst dem Weitblick der Deutschen Bahn nicht ganz folgen.
Warum sollte schließlich das einfache Volk es in der Mitte
des Bahnsteigs warm und trocken haben, während der exklusive
Preise zahlende Kunde im Regen steht? Doch nun sind Mäkler
und Kritiker des Hauptbahnhof-Sparmodells endlich in ihre Schranken
gewiesen: Dem Erste-Klasse-Reisenden wird ein sehr luxuriöser
Service geboten: Erstklassige Fahrgäste werden von nun an jeweils
von einem Servicemitarbeiter persönlich "beschirmt".
Personal ist ja heute billig, hat sich die Deutsche Bahn wohl gedacht,
auf Dauer bestimmt viel billiger, als wenn man die beiden schicken
Glasdachärmel noch angestrickt hätte. Wir müssen
den weitblickenden Bahnmanagern dankbar sein. Schließlich
haben wir über die Bahnpreise alle was davon.
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