Wie ein römischer Legionär
Althistoriker Werner Dahlheim wird emeritiert
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Werner Dahlheim
© TU-Pressestelle |
Am Ende dieses Sommersemesters wird Professor Werner Dahlheim emeritiert.
An die TU Berlin berufen wurde er Anfang 1972 zusammen mit dem Mediävisten
Ernst Pitz, wodurch aus dem bis dahin allein bestehenden Lehrstuhl
für Neuere Geschichte ein alle Epochen umfassendes Geschichtsinstitut
wurde. In den langen Jahren seines Wirkens an der TU hat Werner
Dahlheim in einem doppelten Sinn Geschichte geschrieben: einerseits
als Althistoriker, sogar als einer der erfolgreichsten seiner Generation,
und andererseits in den Annalen des einstigen Fachbereichs 1 Geschichts-
und Kommunikationswissenschaften, der erst kurz vor seiner Berufung
eingerichtet worden war.
Der alte Fachbereich 1 hat gewiss mehrere "Leuchttürme"
gekannt, aber nur eine Seele - und die war und ist bis auf den heutigen
Tag Werner Dahlheim. Keiner hat häufiger als er Dekanat und
Prodekanat bekleidet (alles in allem bald zwanzig Jahre lang), und
gar sechzehn Jahre lang - die Dienstzeit eines römischen Legionärs
- hat er den Vorsitz von Lehramts- und Magisterprüfungsausschüssen
wahrgenommen. Um zu ermessen, welche herkulischen Mühen er
damit auf sich genommen hat, möge man sich an die endlosen
Schlangen von Studenten (das modische "Studierende" ist
ihm ein Gräuelwort) erinnern, die sich Donnerstag für
Donnerstag auf dem Flur von TEL 15 gedrängelt haben, um bei
ihm Rat zu suchen - und zu finden! Das Problem, mit dem ein Student
zu ihm kam, mochte noch so dornig sein, Werner Dahlheim fand eine
Lösung, auch wenn dafür höchste Instanzen und Gerichte
bemüht werden mussten. Als Hochschullehrer hat Dahlheim stets
nach der Devise "Studenten statt Sabbaticals" gehandelt.
Wann er seine zahlreichen und viel gelesenen Bücher geschrieben
hat, ist fast ein Rätsel, denn in der Universität war
er präsent wie kaum ein anderer: während des Semesters
an nahezu allen Tagen (nur den Dienstag hielt er sich gern frei,
um sich auf die Vorlesung am folgenden Tag vorzubereiten und auf
seine zweite im Sommer am Donnerstag zusammen mit Thomas Cramer),
und wo auch immer er sich befand, war er für alle ansprechbar.
Ein Essen in der von ihm geliebten Kantine unterbrach er gar mehrfach,
um ein paar Worte mit Studenten und Kollegen zu wechseln, und wenn
ein Student ihn freitags nach 14 Uhr beim Verlassen des TEL-Gebäudes
ansprach, fand die Studienberatung eben auf dem Weg zum Parkplatz
statt. Präsent als Hochschullehrer war Werner Dahlheim nicht
zuletzt während der Semesterferien. Seit 1973 hat er zweiunddreißig
- im Hinblick auf ihre vielen Teilnehmer, auf ihre Dauer und Destinationen
- wahrhaft große Exkursionen durchgeführt, durch die
er (fast immer im Verein mit dem Kollegen Norbert Miller) den Studenten
nähere, ferne und selbst fernste Gebiete des einstigen Imperium
Romanum nähergebracht hat. Dieser ganz ungewöhnliche Einsatz
für seine Studenten hat 2003 eine außeruniversitäre
Anerkennung durch die Verleihung des "Friedlieb Ferdinand Runge-Preises
für unkonventionelle Kunstvermittlung" gefunden. Zwar
ist es auch einem Werner Dahlheim nicht gelungen, die Abschaffung
des Fachs Geschichte an der TU - und in Bälde wohl auch der
Geisteswissenschaften insgesamt - zu verhindern. Anstatt hierüber
unnütze Klagen anzustimmen, hat er Vorsorge getroffen, dass
die vielen Hundert an der TU Berlin noch eingeschriebenen Geschichtsstudenten
weiterhin fachgerecht ausgebildet werden. Ganz verwaist werden sie
sich auch in Zukunft nicht fühlen müssen, da sie auch
weiterhin auf Werner Dahlheim als Rat- und Trostspender sowie als
Prüfer rechnen können.
Prof. Dr. Volker Hunecke,
geschäftsführender Direktor des Instituts für Geschichte
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