Auf der Jagd nach Rekorden
Von denen, die auszogen, ihre Träume
zu verwirklichen - und wie ihnen die Uni helfen kann
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Nach zwei Jahren Planung und
Bau: Der TU-Rennwagen ist endlich fertig und wurde im Sommer
auf dem Hockenheimring vorgestellt
© privat |
Studierendenalltag ist nicht nur Büffeln, Essen, Schlafen.
Immer schon gehörte zum Studieren auch das Austesten eigener
Möglichkeiten und Grenzen. An der TU Berlin gibt es viele Möglichkeiten,
seine Passion mit dem Studium zu verbinden.
Für die Studentin der Luft- und Raumfahrt Marta Najfeld, frischgebackene
Weltrekordhalterin im Segelfliegen, begann alles im September 2004
mit einem von der TU Berlin vermittelten Praktikumsplatz bei Boeing
Commercial Airplanes in Seattle, Washington, USA. Schon vorher hatte
die geborene Polin in ihrem Stettiner Aeroclub eine Segelflugausbildung
gemacht und mit dem Motorflug angefangen. Damit konnte sie sich
in Berlin durch Anschleppen anderer Segelflieger ihre eigenen Flugstunden
verdienen.
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Im Cockpit zu Hause: Inzwischen
hat Marta auch einen Pilotenschein für Motorflugzeuge
© privat |
Im Anschluss an ihr Boeing-Praktikum verbrachte sie noch einige
Zeit im Segelfliegerparadies in Nevada und stellte dort im letzten
Jahr - eher zufällig - ihren ersten Geschwindigkeits-Weltrekord
mit mehr als 154 Stundenkilometern über 100 Kilometer Distanz
auf. Über eine 500 Kilometer lange Ziel-Rückkehrstrecke
purzelten gleich noch zwei polnische Nationalrekorde. Nach dem Höhenflug
wieder in Berlin gelandet, war das Ziel klar: Eine eigene Maschine
musste her. "Wir, mein Freund und ich, haben alles gespart,
was wir hatten, um schließlich gemeinsam einen wunderbaren
gebrauchten Gleiter zu kaufen, der jetzt in Nevada stationiert ist.
Fliegen ist für mich zur Sucht geworden, deswegen habe ich
nach dem Motto gehandelt: Du kannst in deinem Gleiter schlafen,
aber du kannst dein Haus nicht fliegen.'" Der Sommer 2006,
den sie selbstverständlich in Nevada in und an ihrem SZD-55-Segelflieger
verbrachte, wurde dann für Marta zur Erfolgsstory: In wenigen
Wochen jagten sich fast täglich die Rekorde: Sie erreichte
mehrere weitere nationale Rekorde in verschiedenen Disziplinen wie
Dreiecksstrecken oder Ziel-Rückkehrstrecken über verschiedene
Distanzen sowie als Höhepunkt mit 160 Stundenkilometern einen
neuerlichen Weltrekord. "Ich kann nicht mehr aufhören",
sagt Marta glücklich. "Meine Zukunft, auch beruflich,
wird sich weit über den Wolken abspielen."
Ebenfalls auf Rekordjagd ist ein Team aus Studierenden, die aus
unterschiedlichen Fächern kommen. Monatelang werkelten sie
in jeder freien Minute, um einen echten Rennwagen zu bauen. Anfang
2005 sah man dem Geflecht aus Plastikrohren noch nicht an, dass
einmal Hightech zwischen ihnen versteckt werden sollte. Der TU-Flitzer
soll bei dem internationalen Wettbewerb "Formula Student"
in London die Konkurrenz aus Japan, den USA und Australien aus der
Schikane fegen. "Vor allem wollen wir dadurch praktische Erfahrungen
für den Ingenieurberuf sammeln, die im Studium fehlen",
erklärt Ole Kröger, Student des Verkehrswesens. Insbesondere
die Sponsorensuche gestaltet sich schwierig und muss professionell
angegangen werden. Denn die Studierenden brauchen Geld, viel Geld.
An die 100000 Euro kann so ein Rennwagen verschlingen.
Im Juli 2006 wurde es aber so richtig spannend. Mit einem zwölfköpfigen
Team machten sich die Rennwagenbauer, eine Frau ist auch dabei,
auf zum Hockenheimring, um ihr "Baby" den strengen Blicken
der Gutachter vorzustellen. Diese prüften Sicherheit und Dichtigkeit
von Bauteilen, Fahreigenschaften wie Beschleunigungs- oder Bremsverhalten,
aber auch Treibstoffverbrauch und Wartungsfreundlichkeit. Nicht
ganz unwichtig: Der Fahrer muss das Fahrzeug innerhalb von fünf
Sekunden verlassen können. Logistik, Teamarbeit, betriebswirtschaftliche
Probleme haben die Studierenden dabei gemeistert, aber sie hatten
auch eine ganze Menge Spaß. Unterstützt werden die eifrigen
Automobilbauer von Professor Volker Schindler, TU-Professor für
Kraftfahrzeuge. Er freut sich über die Begeisterung der Studierenden
und lässt unter anderem seine Kontakte zur Wirtschaft spielen.
Sponsoren, die Geld in den Rennwagen stecken, haben dafür die
Chance, ihre neu entwickelten Technologien zu erproben.
Marta und Ole sind nur zwei von vielen, die mit viel Engagement
ihre Träume wahr werden lassen. Anregungen gibt es überall,
in Hochschulgruppen, in Projekten und Initiativen, und die TU Berlin
bietet viele Hilfen für diejenigen, die sie nutzen wollen.
Den Mut, den Weg zu suchen und Mitstreiter anzusprechen, muss man
allerdings selber aufbringen.
Patricia Pätzold
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