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Genauer mit Glasfaser

TU-Forscher stellen Laser-Weltneuheit vor

Der Strahl des TU-Lasers ist nicht nur so stark, daß er Metalle durchbohren kann, er ist auch extrem genau - genauer als alle bisherigen Laser dieser Art

Im CD-Spieler oder der Supermarkt-Kasse sind Laser ein Teil des Alltagslebens. Aber auch in Industriebetrieben werden Laserstrahlen eingesetzt, etwa um Werkstücke zu schweißen, zu härten oder zu schneiden. Eine Weltneuheit in diesem Bereich haben Forscher am Optischen Institut der TU Berlin entwickelt. Ihr Gerät, das einen besonders energiereichen und gleichzeitig extrem feinen Lichtstrahl erzeugt, übertrifft bisherige Materialbearbeitungslaser - auf eine umweltfreundliche und preisgünstige Weise.

Laser in der Materialbearbeitung sind nichts Neues. Metallteile werden beispielsweise mit Hilfe von Lasern geschnitten oder zusammengeschweißt. Bisher galt jedoch immer der Grundsatz "Entweder - Oder": entweder hohe Leistung oder ein genauer Laserstrahl. Bei einem durchschnittlichen Industrielaser beispielsweise, dessen mittlere Leistung mehrere Hundert Watt beträgt, kann der Strahl bis auf einen Durchmesser von 200 bis 300 Mikrometer - ein Fünftel Millimeter - eingestellt werden.

"Zum Schweißen reicht das vollkommen aus. Aber wenn man zum Beispiel Mikrosysteme für die Halbleitertechnik bearbeiten will, dann ist das viel zu grob", erklärt Andreas Haase, der im Forschungsteam von TU-Professor Hans-Joachim Eichler am Optischen Institut arbeitet. Will man den Laserstrahl genauer fokussieren, so der Diplom-Physiker, muß man mit der Leistung heruntergehen. Feine Bohrungen sind daher mit Lasern geringer Leistung möglich. Ihr Nachteil: Sie brauchen zu viel Zeit und sind daher untauglich für industrielle Anwendungen, bei denen viele Tausend Bearbeitungsschritte in schneller Folge auszuführen sind, beispielsweise bei der Fertigung von sogenannten Mikrokanälen zur Kühlung von elektronischen Bauteilen.

"Will man gleichzeitig hohe Leistung und hohe Genauigkeit, muß man das Problem der sogenannten Phasenverzerrung in den Griff bekommen", so Laser-Fachmann Haase. "Phasenverzerrung" bedeutet vereinfacht: Will man Strahlen höherer Energie erzeugen, betreibt man Laser mit mehr Leistung. Bei Festkörperlasern, wie man sie in der Materialbearbeitung einsetzt, führt das im Laserkristall - dem Herzstück des Geräts - zu einer größeren Erwärmung. Das hat zur Folge, daß sich das Licht darin nicht gleichförmig ausbreitet und der Laserstrahl dadurch seine Bündelung verliert. Ein genaues Fokussieren ist dann nicht mehr möglich.

Weil der Phasenverzerrung mit herkömmlichen Linsen nicht beizukommen ist, greifen die Laser-Wissenschaftler auf einen speziellen optischen Effekt zurück - die sogenannte stimulierte Brillouin-Streuung (SBS). Dabei wird der Laserstrahl von einem sogenannten phasenkonjugierenden Spiegel (siehe "Spieglein, Spieglein ...") in sich selbst zurückgeworfen, entzerrt - und zusätzlich verstärkt.

Während bisher giftige Flüssigkeiten oder unter Hochdruck stehende Gase als "Spiegel" dienten, setzten Andreas Haase und seine Kollegen Dr. Bai-ning Liu und Oliver Mehl erstmals ein Spiegel-Medium ein, das bisher überhaupt nicht beachtet wurde: Glasfaserkabel. Ein ideales Medium, denn es ist ungefährlich, umweltverträglich, preiswert und kann zu sehr starker Brillouin-Streuung angeregt werden.

Die Apparaturen der TU-Physiker können Leistungen bis zu 520 Watt erzeugen - bei einer Genauigkeit, die bisher nur Laser mit wesentlich geringerer Leistung erbringen konnten. SBS-Laser mit vergleichbaren Leistungen werden in den Lawrence-Livermoore Laboratories in den USA und von der kalifornischen Laser-Firma Coherent entwickelt, sind aber für die Materialberarbeitung nicht geeignet, sondern werden für wissenschaftliche Anwendungen z. B. in der Plasmaphysik gebaut.

Der Versuchsaufbau, der im Tiefparterre des alten TU-Physikgebäudes steht, ist eine "Weltneuheit", wie die TU-Physiker stolz betonen. Marktreif ist das Projekt, das das Bundesforschungsministerium bisher mit über einer Million DM förderte, allerdings noch nicht. Bis zum Einsatz in der industriellen Fertigung sind weitere Entwicklungsarbeiten notwendig. Unsicher ist die zukünftige Mitarbeit von Andreas Haase, der das Projekt neben seinen Lehraufgaben als wissenschaftlicher Mitarbeiter 20 Monate leitete. "Diese Unterstützung durch die TU Berlin soll nun auch noch den Sparmaßnahmen zum Opfer fallen, was zum Abbruch des Projektes führen würde", sorgt sich Laser-Professor Eichler: "Jetzt brauchen wir die weitere Unterstützung der TU und von Firmen, die bereit sind, aus unserer Forschung einen industriell einsetzbaren Prototypen zu bauen." Diese Kooperationspartner suchen er und seine Mitarbeiter nun auf der Messe Laser '97, die vom 16. bis 20. Juni in München stattfindet.

René Schönfeldt

Wie der neue TU-Laser funktioniert, lesen Sie unter "Spieglein, Spieglein ..."


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