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31

Digitalisierung und Universität

2015/2016

Foto: Ulrich Dahl

H

err Professor Heiß, die TU Berlin

setzt seit Jahren Maßstäbe in der

Ingenieurausbildung. Wie muss

Ihrer Meinung nach die Ausbildung

strukturiert sein, um die Absolventin-

nen und Absolventen auf die Anforde-

rungen von Industrie 4.0 beziehungs-

weise die digitalisierte Arbeitswelt

vorzubereiten?

Hans-Ulrich Heiß:

Ich vertrete das soge-

nannte „T-shaped skills“-Modell in der Aus-

bildung. Das heißt, ich glaube, wir brauchen

auch zukünftig Elektrotechniker, Informatiker,

Maschinenbauer und Maschinenbauerinnen

und so weiter, die ein tiefes, fundamen-

tales Wissen in ihrem Fach haben, das sie

studierten – das ist der senkrechte Balken.

Daneben brauchen unsere Absolventinnen

und Absolventen aber auch ein breites

Wissen über die potenzielle Anwendung und

Verknüpfung ihres speziellen Fachwissens

mit angrenzenden Fachbereichen – das ist

der Querbalken des T. Das Bachelor-Studium

in den Ingenieurwissenschaften sollte

breit angelegt sein, in den entsprechenden

Master-Studiengängen bieten wir dann zahl-

reiche Kombinationsmöglichkeiten für die

verschiedenen Vertiefungen an.

Industrie 4.0 beschäftigt die Medien,

manchen Unternehmer, die Politik und

natürlich auch die Universitäten hier­

zulande. Wird das Thema zu deutlichen

Veränderungen in der Lehre an der

TU Berlin führen?

Ich glaube, dass unsere Absolventinnen und

Absolventen sehr gut auf die neuen Entwick-

lungen – wie zum Beispiel das Internet der

Dinge – vorbereitet sind. Die Vernetzung von

verschiedenen Disziplinen gilt als Voraus-

setzung für Industrie 4.0: Wir bieten bereits

seit vielen Jahren stark interdisziplinäre

Studiengänge an, wie unser Wirtschafts­

ingenieurwesen oder Informationstechnik

im Maschinenwesen. Und genau das wird

von der Wirtschaft und der Forschung immer

öfter gefordert. Der Vernetzungsgrad unter

den einzelnen Fakultäten ist hoch und steigt

ständig – auch universitätsübergreifend. Ein

Beispiel: Es wird demnächst einen Master-

Studiengang Medieninformatik geben, bei

dem die TU Berlin mit der Freien Universität

Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin und

der Filmuniversität Babelsberg kooperiert.

Wenn die TU Berlin neue Studiengänge

einführt, braucht sie dann nicht doch

auch einen Studiengang Industrie 4.0?

Wir reagieren auf Anforderungen aus der

Wissenschaft und aus der Industrie, aber

wir benötigen meiner Ansicht nach keinen

neuen Studiengang Industrie 4.0. Die kon-

tinuierliche Weiterentwicklung der Studien-

gänge ist ausreichend. Ich bin überzeugt,

dass Industrie 4.0 – wenn es dann Realität

wird – unsere Wirtschaft verändern und na-

türlich auch Einfluss auf die Hochschulen ha-

ben wird. Aber unsere Studiengänge werden

regelmäßig evaluiert und angepasst, Trans-

und Interdisziplinarität großgeschrieben

und gefördert. Sicherlich werden zukünftig

auch unsere Master-Studiengänge in den

Ingenieurwissenschaften intensiver an die

Erfordernisse dieser Forschung angepasst.

Wie gut ist die TU Berlin positioniert,

um auf die viel beschworene

„4.0-Revolution“ zu reagieren?

Wir verfügen in dem Bereich Industrie 4.0

über hervorragende Wissenschaftlerinnen

und Wissenschaftler sowie Forschungsinsti-

tute. Außerdem denke ich, man sollte und

kann nicht jedes Mal, wenn eine wissen-

schaftliche Revolution ausgerufen wird,

die gesamte Universität umbauen.

Interessant bleibt für mich vor allem die

Frage: Wie schaffen wir es, die exzellente

Forschung und Ausbildung, die unsere

Hochschule auf dem Gebiet leistet, sicht­

barer zu machen? Hier könnte ich mir ein

Kompetenzzentrum in Berlin, mit Beteiligung

der Hochschule, der Wissenschaft und der

Industrie – wie es immer mal wieder im

Gespräch war – gut vorstellen.

Interview Katharina Jung

Foto: Philipp Arnoldt Photography

Prof. Dr. Hans-Ulrich Heiß