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Digitalisierung und Universität

2015/2016

Foto: Ulrich Dahl

W

er früher beim Architektur­

museum der TU Berlin nach

einer Bauskizze oder einem

Stadtplan fragte, der löste nicht immer

Freudensprünge aus. Zwar mangelte es

Dr. Hans-Dieter Nägelke nicht an Mate-

rial: Immerhin liegen im Bestand über

140 000 Objekte. Doch die Skizzenbögen

sind mitunter mehrere Meter lang, das

Material altersabhängig schon ziemlich

porös, und hinzu kommt Murphy’s Law:

„Natürlich befindet sich ausgerechnet das,

was gerade gesucht wird, immer ganz

unten oder ganz hinten im Archiv“, so der

Leiter des Museums, „was bedeutete, dass

wir immer erst einmal zentnerweise Papier

beiseitewuchten mussten.“

Nicht nur um Mitarbeiterinnen und Material

zu schonen, sondern vor allem, um externen

Interessenten den Zugang zu erleichtern,

haben Nägelke und sein Team im Rahmen

des DFG-Projektes „Digiplan“ seit 2006 den

gesamten Bestand digitalisiert und dabei

ein besonders schonendes Scanverfahren

perfektioniert, bei dem das Original vom

Scanner nur angesaugt und dabei kaum

berührt wird. Mittlerweise sind die Skizzen

online als Bilddatei abrufbar, und gegen

Gebühr gibt es sogar einen Faksimiledruck in

Originalgröße, der sich in Aufmachung und

Qualität kaum vom Original unterscheidet.

„Architekten bestellen sich solche Nachdru-

cke für die eigene private Sammlung“, erklärt

Nägelke. „Wir haben aber auch schon einmal

eine ganze Ausstellung mit Faksimiledrucken

bestritten, weil die Vor-Ort-Bedingungen den

empfindlichen Materialanforderungen der

Originale nicht genügt haben.“

Wie CAD-Dateien archivieren?

Darüber hinaus wurden während des

„Digiplan“-Projektes die meisten Pläne mit

Geodaten versehen: Von jedem Gebäude ist

nun auf den ersten Blick ersichtlich, wo es

verortet ist oder wo es sich früher einmal

befunden hat. Nägelke freut es, wenn auf

diese Weise ein Ortschronist herausfinden

kann, ob die Dorfkirche früher einmal einen

Kirchturm hatte. Die Nutzer wiederum

haben, wie es bei einem Internetangebot

heute üblich ist, außerdem die Möglichkeit,

Kommentare zu hinterlassen. „Mehrmals am

Tag erhalten wir hier konstruktive Hinweise“,

so Nägelke, „beispielsweise, wenn jemand

glaubt, dass ein GPS-Tag falsch gesetzt ist

oder dass ein Flusslauf mittlerweile verän-

dert wurde.“

Auf die Expertise im materialschonenden

Scanverfahren greifen mittlerweile auch

externe Auftraggeber zurück, indem sie

das Architekturmuseum mit dem Scannen

eigener Bestände beauftragen. Nägelke

hingegen denkt schon weiter. „Moderne

Architekten planen in dreidimensionalen

CAD-Dateien und hinterlassen später vor

allem Festplatten und CD-ROMs“, sagt der

Experte. „Wir müssen uns wirklich über­

legen, wie wir solche Nachlässe zukünftig

archivieren wollen.“

Der Bestandskatalog des Architekturmuseums

der TU Berlin wird ständig aktualisiert und

ist abrufbar unter http://architekturmuseum.

ub.tu-berlin.de/index.php?set=1&p=18

IM SCHONGANG

Der gesamte Bestand des Architekturmuseums ist mittlerweile digitalisiert.

Das Spezialwissen ist deutschlandweit gefragt

Text Michael Metzger

Dieter Nägelke und sein hoch­

moderner Scanner. Beim Scan­

vorgang werden die Originale,

wie dieser Entwurf für den Neu-

bau der Akademie der Künste in

Berlin von Bernhard Sehring aus

dem Jahr 1883, nur angesaugt

und dadurch geschont.