[TU Berlin] Medieninformation Nr. 164 - 25. Juli 1997
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Durchstarten in die Selbständigkeit

Deutscher Gründerfonds fördert zwei TU-Nachwuchswissenschaftler bei deren Existenzaufbau

Die TU-Absolventen Jörg Stephan und Marco Schwerdt haben es geschafft, sie werden selbständige Unternehmer. Nun müssen sie sich im marktwirtschaftlichen Wettbewerb beweisen. Damit sie dabei nicht gleich am Anfang Schiffbruch erleiden, erhalten sie Starthilfe durch den Deutschen Gründerfonds. Um diese Förderung zu bekommen, mußten die beiden jedoch zunächst den Wettbewerb der Ideen bestehen. Denn nur an zehn der insgesamt 90 Bewerber verteilt der Deutsche Gründerfonds je nach Bedarf einen Teil der insgesamt 1 Millionen DM Fördermittel. Diese Stufe haben beide erklommen, ihre Geschäftsideen und Konzepte zur Firmenneugründung überzeugten die Gutachter. Für beide heißt es jetzt "Durchstarten in die Selbständigkeit".

Hinter der Geschäftsidee des Elektrotechnikers Marco Schwerdt steht eine immer häufiger gestellte Frage: "Haben elektromagnetische Felder Wirkung auf Mensch und Umwelt?" Um das zu klären, werden Sensoren benötigt, die elektromagnetische Felder in sehr kleinem Abstand zur Strahlungsquelle störungsfrei erfassen können. Darüber hinaus muß ein solches Meßgerät in der Lage sein, die Feldstärke auch in Flüssigkeiten zu bestimmen. Dadurch ist es zum Beispiel möglich zu ermitteln, inwieweit elektromagnetische Felder in den menschlichen Körper eindringen. Aber auch die Medizintechnik ist an solchen Sensoren interessiert, etwa bei der Krebsbehandlung.

Die zur Zeit erhältlichen Sensorsysteme konnten diese Ansprüche bisher nicht erfüllen. Marco Schwerdt entwickelte im Rahmen seiner Dissertation bei TU-Professor Dr.-Ing. Klaus Petermann (Fachgebiet Hochfrequenztechnik) einen Sensor für ein neuartiges Meßsystem, das diese Probleme löst. Zwei wichtige Eigenschaften sind dafür Voraussetzung. Der Sensor darf keine metallischen Zuleitungen besitzen (sie verfälschen die Meßergebnisse) und muß sehr kleine Abmessungen haben. Der Prototyp wurde bereits erfolgreich sowohl im industriellen bei der Robert Bosch GmbH als auch im medizinischen Bereich im Rudolf-Virchow-Krankenhaus in Berlin getestet. Durch das praxisnahe Testen flossen bereits in der Entwicklung des Gerätes Aspekte der Bedienfreundlichkeit und der Stabilität ein.

Nach dem Abschluß seiner Promotion in diesem Sommer wird sich Marco Schwerdt der Gründung seines Unternehmens widmen, um aus der Laborversion des Gerätes ein produktfähiges Meßinstrument zu machen.

Doktorand am TU- Fachgebiet für Hochfrequenztechnik ist der am 12. Oktober 1963 geborene Marco Schwerdt seit 1994. Vor seinem Studium der Elektrotechnik an der TU Berlin (1986 bis 1994) absolvierte er eine Ausbildung zum Funkelektroniker.

Der Informationstechniker Jörg Stephan erhält die Förderung für die Markteinführung seines automatisierten Nähsystems ASEW (Automated SEWing Machine). Hintergrund der am TU-Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb entstandenen Entwicklung ist die Tatsache, daß bei der Verarbeitung von Textilien rund 80% der Arbeiten per Hand erledigt wird. Handarbeit in Hochlohnländern wie der Bundesrepublik bedeutet für die textilverarbeitende Industrie hohe Herstellungskosten. Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, müssen die Unternehmen rationalisieren. Eine Möglichkeit bietet die Automatisierung des Nähvorgangs. Dabei gibt es jedoch verschiedene Dinge, die beim automatisierten Nähen durch eine Maschine zu berücksichtigen sind: Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Nahttypen und Muster für den Zuschnitt; außerdem ist das Materialverhalten der verschiedenen Stoffe unterschiedlich.

Durch die Entwicklung eines Transportsystems mit einzeln ansteuerbaren Walzen ist das System von Jörg Stephan in der Lage, die Stoffe maschinell zueinander auszurichten und qualitativ hochwertig zu verarbeiten. Unterschiedliche Stoffarten und -qualitäten können dabei ohne Umrüsten genäht werden. Der Prototyp des formgebenden Nähsystems bildet die Grundlage für Entwicklung von weiteren Geräten zum Automatisieren des Nähprozesses. Mit seinen Systemen und Einzelkompenenten für Nähautomatisierung will sich Jörg Stephan vor allem an die Bekleidungsfertigung wenden. Der Gründungstermin seines Unternehmens wird voraussichtlich im Spätherbst dieses Jahres sein.

Seit dem vergangenen Jahr ist der am 20. April 1971 in Belzig geborene Jörg Stephan Wissenschaftlicher Mitarbeiter am TU-Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb. Zuvor studierte er von 1990 bis 1996 "Informationstechnik im Maschinenwesen" an der TU Berlin. Zusätzlich absolvierte er das Diplomhauptfach "Betriebliches Rechnungswesen".

Der Deutsche Gründerfonds ist eine Initiative vom Wirtschaftsmagazin "Impulse" und dem Industrie- und Pharmaunternehmen Rhône-Poulenc. Seit 1995 fördert er junge Ingenieure und Naturwissenschaftler, die sich mit einer aussichtsreichen Idee selbständig machen wollen. Schirmherr ist der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Dr. Jürgen Rüttgers. Neben der finanziellen Förderung werden die Jung-Unternehmer ein Jahr lang bei ihrem Start in die Selbständigkeit begleitet und betreut.

Christian Hohlfeld


Weitere Informationen erteilen Ihnen gern: Dipl.-Ing. Marco Schwerdt, Fachgebiet für Hochfrequenztechnik der TU Berlin, Tel.: 030/314-21033 oder 030/855 83 42 bzw. Dipl.-Ing. Jörg Stephan, Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb der TU-Berlin, Tel.: 030/314-27887.