[TU Berlin] Medieninformation Nr. 178 - 23. Juni 2004 - Bearbeiter/in: ehr


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Ausstellungen zur Festungsstadt Terezín / Theresienstadt vom 28. Juni bis 10. Juli 2004 in Berlin

Die Ausstellung "TEREZIN / THERESIENSTADT - Vergegenwärtigung von Stadtgeschichte. Festungs-, Stadt- und Baupläne der Planstadt des 18. Jahrhunderts" und eine für Terezín im Jahr 2003 gestaltete Ausstellung "Stadtgeschichte – Stadtleben – Stadtplanung" mit Studienprojekten aus dem Institut für Stadt- und Regionalplanung, Fachgebiet Denkmalpflege, der Technischen Universität Berlin (1998 - 2003) werden am 28. Juni 2004 um 18.00 Uhr durch TU-Präsident, Prof. Dr. Kurt Kutzler, im Forum des Architekturgebäudes eröffnet. Das Ausstellungsprojekt unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Dr. Astrid Debold-Kritter wird vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds gefördert. Zur Ausstellung erscheint ein wissenschaftlicher Katalog als Edition der TU Berlin.

Die Ausstellung präsentiert eine einzigartige Auswahl unveröffentlichter stadtbaugeschichtlicher Pläne der ehemaligen habsburgischen Festung Theresienstadt, heute Terezín in der Tschechischen Republik. Nahezu 50 Pläne aus tschechischen Archiven sowie ein Plan aus dem Österreichischen Staatsarchiv werden in Farbreproduktionen im Maßstab 1:1 gezeigt. Die großformatigen Blätter veranschaulichen die systematische und präzise Darstellungsweise von Architektur auf einem hohen Niveau klassizistischer Zeichenkunst. In der hier vorgestellten Auswahl geben sie Zeugnis von der Konzeption und Ausführung einer Planstadt des ausgehenden 18. Jahrhunderts.

Die auf den Plänen dargestellten historischen Gebäude konnten im heutigen Stadtgefüge identifiziert werden, so dass sie bis auf wenige Ausnahmen mit aktuellen Fotos in der Ausstellung präsent sind. Die Exponate sind inhaltlich angeordnet in der Reihenfolge: Festungsanlage, Idealstadt, Stadtentwicklung, repräsentative Militärgebäude, Kasernen, öffentliche Gebäude, Laippaer Ansiedlungsquarrés, Bürgerhäuser. Die Pläne sind aufschlussreich für die Gründungs- und Entstehungsgeschichte der Stadt. Sie bilden den Schlüssel zum Lesen und urbanistischen Verständnis des heutigen Terezín. Sie sind wertvoll für eine Konversionsplanung, die die kulturhistorischen Werte integriert und tradiert. Sie sind geeignet, das Ansehen der Festungsstadt zu heben und einen neuen Anziehungspunkt für den Tourismus zu bilden.

Die Studienarbeiten betreffen Bestandsaufnahmen der Festungsanlagen sowie ausgewählter Militär- und Zivilbauten aus den Jahren 1998 bis 2003. Die 20 Tafeln haben folgende Inhalte:

- Chronik der Lehrveranstaltungen 1998 - 2003, die Teilnehmer und ausgewählte Ergebnisse;
- Dokumentation der Ausstellung im Österreichischen Kulturinstitut in Prag im Jahr 2000;
- Stadtrundgang: "Terezín/Theresienstadt. Vergegenwärtigung von Stadtgeschichte", Faltblatt in deutscher und tschechischer Ausgabe;
- Festungsanlage, Bestandsaufnahme mit Nutzungskartierung und Vorschlägen zur Nutzungsplanung;
- Bürgerhäuser und Höfe, Bestandsaufnahme im Juni und Oktober 2002, d.h. vor und nach der Flutkatastrophe;
- Gebäudebestandsaufnahme (Nutzung und Zustand), eine Übersicht vom Juni 2002, Entwurf einer Denkmalfibel;
- Spuren des Holocaust in der Topographie von Terezín, je eine Tafel in deutscher und tschechischer Sprache. 

Die Ausstellung dokumentiert in Text und Bild Spuren aus der mehr als zweihundertjährigen Nutzungsgeschichte der Stadt und ihrer Bauten. Die Bestandsaufnahmen entstanden mit dem Ziel, darauf aufbauend Planungsvorschläge zur Spurensicherung und Erhaltung, Entwicklung und Konversion von Stadt und Festung Terezín zu entwickeln.

Terezín / Theresienstadt ist eine Kleinstadt im Norden Tschechiens, landschaftlich reizvoll im kulturhistorisch reichen Böhmen gelegen, etwa 60 km nördlich von Prag. Sie wird in aller Welt mit dem Ghetto des Holocaust in Verbindung gebracht, das hier vom November 1941 bis Mai 1945 unter nationalsozialistischer Herrschaft eingerichtet worden war. Nur wenigen Menschen ist bekannt, dass es sich um eine idealtypisch angelegte Stadt der Aufklärung handelt, die 1780 von Joseph II. gegründet, in nur zehn Jahren nach dem Plan von General Karl Klemens Graf Pellegrini vollständig neu auf einer ca. 390 ha großen Fläche in einer Elbschleife entstand. Es handelt sich um eine weitgehend erhaltene, gegen Preußen unter Friedrich II. errichtete Bastionsfestung, um eine der größten und letzten Festungen, die in der Tradition des französischen Festungsbaumeisters Vauban entstanden, wie z.B. Neuf Brisach im Elsass. Der Erhaltungszustand dieser Festung und Idealstadt des ausgehenden 18. Jahrhunderts, die seit Mitte der 1990er Jahre als Garnisonsstadt aufgegeben wurde, kann als einzigartig in Europa gelten. Die Anmeldung Terezíns zur Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes ist seit einigen Jahren in Vorbereitung.

Die Flutkatastrophe im August 2002, die die Festungsanlage in einem See vom 50 km Länge versinken ließ und die Stadt selbst bis in eine Höhe von 1,5 m unter Wasser setzte, hat für Terezín / Theresienstadt unerwartet eine Wende gebracht: die Festung, die nie zuvor verteidigt werden musste, wurde vom Wasser überwältigt und buchstäblich in den Grundfesten bedroht. Eine Wende für die Stadtentwicklung trat Ende des Jahres 2002 ein, nachdem der Gemeinderat beschlossen hatte, die historische Festungsanlage in Stand zusetzen und zu rekonstruieren, notfalls auch durch Rückbau auf wissenschaftlicher Grundlage. Das führte dazu, dass mit Geldern der Fluthilfe unverzüglich die Instandsetzung der umfangreichen Festungsanlagen in Gang gesetzt wurde, vor allem die Beseitigung der Schäden am Wasser-, Kanal- und Abflusssystem. Einige Monate später folgte ein Beschluss der Tschechischen Republik, Terezín über die Einrichtung einer Universität zu einer Stadt der Wissenschaft und der Kunst zu entwickeln.

Ausschlaggebend für das Studien - und Forschungsprojekt Terezín / Theresienstadt im Fachgebiet Denkmalpflege über fünf Jahre war die internationale Tagung in Terezín im Jahr 1997, die unter dem Thema "Terezín nach dem Jahr 2000 - Gedenkort und moderne Stadt" stand. Prof. Dr. Astrid Debold-Kritter war als Expertin für städtebauliche Denkmalpflege eingeladen. Dieses war der Ausgangspunkt für eine Reihe von Lehrveranstaltungen an der TU Berlin, die sich der Spurensuche vor Ort, der Stadt- und Baugeschichte, dem Ghetto Theresienstadt und der Zukunftsplanung für Terezín widmeten.

Die hier präsentierte Auswahl von Plänen ist das Ergebnis eines Forschungssemesters im Winter 1998/1999, in dem mehrere hundert unpublizierte Stadt- und Baupläne in tschechischen Archiven erstmals systematisch gesichtet und ausgewertet werden konnten. Von Beginn an bestand die Absicht, diese informativen und beeindruckend schönen Farbreproduktionen der Stadt Terezín für eine stadtbaugeschichtliche Dauerausstellung zur Verfügung zu stellen. Die in Berlin gezeigte Ausstellung wird anschließend der Stiftung Nadace Terezín übergeben werden mit dem Wunsch, sie noch in diesem Jahr in Prag zu präsentieren und danach in Terezín als Dauerausstellung fest zu installieren. 

TEREZIN / THERESIENSTADT
Vergegenwärtigung von Stadtgeschichte.
Festungs-, Stadt- und Baupläne der Planstadt des 18. Jahrhunderts

Zusätzlich wird eine für Terezín im Jahr 2003 gestaltete Ausstellung
"Stadtgeschichte – Stadtleben – Stadtplanung" gezeigt
mit Studienprojekten aus dem Institut für Stadt- und Regionalplanung,
Fachgebiet Denkmalpflege, der Technischen Universität Berlin (1998 - 2003)

Der Präsident der Technischen Universität Berlin 
eröffnet die Ausstellung des Schinkel-Zentrums
am 28. Juni 2004 um 18.00 Uhr
im Forum des Architekturgebäudes, Straße des 17. Juni 152, 10623 Berlin.
Die Ausstellung ist vom 29. Juni bis 10. Juli 2004,
Montag bis Freitag 12.00 bis 18.00 Uhr, sonnabends 12.00 bis 16.00 Uhr geöffnet.



Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr. Astrid Debold-Kritter, Institut für Stadt- und Regionalplanung, Fachgebiet Denkmalpflege, Tel.: 030/314-28108, Fax: -28109, E-Mail: debold-kritter@gp.tu-berlin.de

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