[TU Berlin] Medieninformation Nr. 196 - 12. Juli 2004 - Bearbeiter/in: ehr


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Robinson Crusoe in Weißenfels

Ausstellung im Schloß Neu-Augustusburg in Zusammenarbeit mit Studierenden des Diplom-Studiengangs Medienberatung der TU Berlin / 
Eröffnung am 17. Juli 2004

Robinson Crusoe ist eine der berühmtesten Figuren der Literaturgeschichte. Sie soll vom 17. Juli bis 21. November 2004 im Mittelpunkt einer Sonderausstellung im Weißenfelser Museum im Schloß Neu-Augustusburg stehen. Mit Hilfe von Studierenden der TU-Medienberatung soll Weißenfels an der Saale zeitweilig zu einer Robinsoninsel werden. 

Das Buch "Robinson Crusoe" von Daniel Defoe erschien 1719 in England. Es ist einer der erfolgreichsten und bedeutendsten, aber auch meist gelesenen und geliebten Texte der modernen Literatur. Die erste deutsche Auflage erscheint bereits 1720, ein knappes Jahr nach der englischen Erstausgabe. Im Zuge einer unerschöpflichen Anzahl von Nachahmungen entsteht in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts das Genre der so genannten "Robinsonade", zentrale Motive aus Defoes Vorlage werden hierbei aufgegriffen und in einen neuen oder veränderten Handlungszusammenhang gebracht. Was aber hat Robinson Crusoe mit dem Barockstädtchen Weißenfels zu tun? 

Der erste Band der bekanntesten deutschen Robinsonaden wird 1731 zunächst unter dem Titel "Wunderliche Fata einiger See-Fahrer, absonderlich Alberti Julii eines gebohrnen Sachsens..." veröffentlicht. Drei weitere Bände folgen bis 1743. Eingebettet in eine Abenteuergeschichte entwickelt der Autor das Ideal einer utopischen Inselgemeinschaft, in der die Bewohner von "Felsenburg", fernab der europäisch-feudalistischen Strukturen ihre Vergangenheit hinter sich gelassen haben, um in Frieden, Nächstenliebe und Gottesfurcht ihr Leben miteinander zu teilen. Die "Fata Alberti Julii" wird zu einer der beliebtesten deutschsprachigen Volkslektüren des 18. Jahrhunderts. Mit dem Autorenpseudonym Gisander bleibt der Verfasser zunächst im Dunklen. Erst 1812 kann er ermittelt werden, und nun findet sich die erste in einer Reihe spannender Verbindungen zur Stadt Weißenfels: Autor ist Johann Gottfried Schnabel (1692 - 1750), der ab 1721 in Querfurt als Hofchirurg u. a. auch in den Diensten des Herzogs Christian von Sachsen-Weißenfels steht. 

1828 nimmt sich Johann Ludwig Tieck (1773 - 1853) des Werkes im Rahmen einer Neubearbeitung an und bewahrt es so vor dem Vergessen. Es erscheint unter dem Kurztitel "Die Insel Felsenburg". Hier existiert ein weiterer Zusammenhang mit der Weißenfelser Stadtgeschichte. Mit dem Dichterkollegen und bedeutendsten Vertreter der Frühromantik Novalis (bürgerlich: Friedrich von Hardenberg) verbindet Ludwig Tieck seit 1799 eine enge Freundschaft. Novalis, geboren 1772 in Oberwiederstedt, aufgewachsen ab 1785 in Weißenfels, kehrt nach einigen Jahren der Abwesenheit in seinen Heimatort zurück und nimmt unter dem Einfluss von Tieck seine dichterische Tätigkeit wieder auf. Nach dem frühen Tod von Novalis am 25. März 1801 in Weißenfels, avanciert Tieck zu seinem Herausgeber. 

All das lag der Entwicklung des gemeinsamen Ausstellungsprojektes zwischen dem Museum Weißenfels und den angehenden Medienberatern um Prof. Clemens Schwender zu Grunde. Teil des Konzepts sollten einerseits die narrativen Elemente der Romanvorlage und ihr historisches Vorbild Alexander Selkirk sein. Ebenso fokussiert werden sollten naturhistorische, ethnologische und geographische Besonderheiten der Welt zu Zeiten Defoes bzw. Crusoes, so zum Beispiel die Angst des Protagonisten vor Kannibalismus oder sein Gefährte Freitag. Seekarten und Schiffsmodelle des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts, Kupferstichdarstellungen und künstlerische Arbeiten von Dagmar Calais, die sich in einem Werkzyklus auf äDie Suche nach Freitag“ begeben hat, widmen sich diesen Überlegungen. Andererseits sollten die großen Fragen, die Defoe aufwirft, beleuchtet werden: Abenteuerlust, Erfindungsreichtum, Tüchtigkeit, Schicksalsgläubigkeit, Selbstdisziplin, die Sehnsucht nach einem Ort des Rückzugs, aber auch Angst vor dem Fremden, das Zurückgeworfensein auf das eigene Selbst und Einsamkeit. Ein Raum zum Nachdenken und Videoinstallationen werden sich diese Aspekte zum Thema machen. Jedem Museumsgast soll so eine Vielzahl persönlicher Anknüpfungsmöglichkeiten geboten werden. 

Die Arbeit der Studierenden umfasste neben der Konzept-Entwicklung, Recherche, Organisation und Entleihung der Ausstellungsstücke, Sponsorengewinnung und Pressearbeit auch die Gestaltung von Flyern, Werbeplakaten und einem Internet-Auftritt. Begleitend zur Ausstellung wurde eine Publikation erarbeitet. Die Studierenden und das Museum Weißenfels möchten den zahlreichen Leihgebern, Sponsoren und Autoren für ihre großzügige Hilfe und Unterstützung danken. Die Ausstellung "Robinson Crusoe in Weißenfels" wird nach Ende des Ausstellungszeitraums in die Weißenfelser Partnerstadt Kornwestheim in Baden-Württemberg wandern. 

Das Museum Weißenfels im Schloß Neu-Augustusburg freut sich Di bis Do, von 10.00 bis 17.00 Uhr auf zahlreiche Besucherinnen und Besucher, Zeitzer Straße 4, 06667 Weißenfels, Internet: www.robinson-in-weissenfels.de


Weitere Informationen erteilen Ihnen gern: Prof. Dr. Clemens Schwender vom Institut für Sprache und Kommunikation der TU Berlin, Tel.: 030/314-22992, Fax: -26346, E-Mail: clemens.schwender@tu-berlin.de und Martin Schmager, Museum Weißenfels im Schloß Neu-Augustusburg, Tel.: 03443/302552, Fax: 208137, E-Mail: museum.weissenfels@t-online.de

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