[TU Berlin] Medieninformation Nr. 16 vom 18. Januar 2006 - Bearbeiter/in: ehr

   


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"Ohne deutliche Verteuerung wird die Lösung des  Energieproblems weiter vertagt"

Energieexperte der TU Berlin fordert eine globale Energiesteuer

Steigende Preise für Öl und Gas haben die Debatten um die künftige Energieversorgung der Menschheit erneut angeheizt. Jüngst forderte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die Deutschen auf, Strom zu sparen. Auch der Energieexperte Prof. Dr.-Ing. George Tsatsaronis vom Institut für Energietechnik der TU Berlin fordert, die Anreize zum Energiesparen weiter zu erhöhen. Er geht jedoch über die Forderungen aus dem Bundeskabinett hinaus: "Die beiden Energiekrisen von 1973 und 1979 haben gezeigt, dass höhere Preise für fossile Brennstoffe dazu führen, den Energieeinsatz zu senken, besonders wenn die Verbraucher davon ausgehen, dass die Preiserhöhungen nicht nur vorübergehend sind", sagt der Experte. "Um das Energieproblem und die Emissionen von Kohlendioxid langfristig zu lösen, brauchen wir eine globale Besteuerung der fossilen Energieträger. Nur so können wir die notwendigen Anreize zum Sparen geben, die Auswirkungen auf das Klima reduzieren und die Entwicklung alternativer Energiequellen fördern." Teure Energieträger werden zudem die Entwicklung effizienterer Kraftwerke und höhere Wirkungsgrade bei der Energienutzung vorantreiben.

Außerdem würden die Verbraucher mehr Planungssicherheit bekommen, weil sich die großen Energiepreisschwankungen reduzieren. "Ein weiterer Effekt: Erneuerbare Energien könnten besser mit fossilen Energien konkurrieren und würden schneller eingeführt", argumentiert Tsatsaronis. In jedem Falle würde durch Steuern verteuerte Energie die Verbraucher dazu anhalten, Strom und Wärme sparsam einzusetzen. 

George Tsatsaronis warnt davor, die Energiedebatte nur mit Blick auf die kurzfristigen Preisentwicklungen auf dem Ölmarkt zu führen. "In spätestens 200 Jahren werden die fossilen Brennstoffvorräte erschöpft sein“, sagt er. "Wir müssen jetzt die Weichen stellen, damit künftige Generationen ihren Energiebedarf dann aus anderen Quellen decken können. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass die Erwärmung der Atmosphäre durch Treibhausgase möglichst verzögert wird."

Tsatsaronis Modell zielt auf eine Energiesteuer, die weltweit in allen Ländern - oder anfänglich mindestens in allen Industrieländern - zeitgleich eingeführt wird, etwa nach dem Vorbild der deutschen Benzinsteuer. Sie solle auf alle fossilen Energieträger erhoben werden, als Aufschlag auf die Preisentwicklung an den Brennstoffmärkten. "Ohne diese deutliche Verteuerung der Energie wird es so weiter gehen wie bisher: Die Industrienationen werden ihren Energiebedarf kaum reduzieren und die Konzentration des Kohlendioxids in der Atmosphäre wird kontinuierlich wegen des steigenden Energiebedarfs der Schwellenländer zunehmen", warnt er. "Die Lösung des Energieproblems wird weiter vertagt."

In den vergangenen Jahren waren die Anreize für eine zukunftsweisende Energiepolitik zu gering. Die Schere zwischen dem Industriehunger der Industrienationen und der Schwellenländer öffnete sich weiter. Geringer entwickelten Nationen fehlt oft das Kapital, ihren Energiesektor zu modernisieren und effiziente Kraftwerkskapazitäten aufzubauen. Dort laufen vielerorts noch Kraftwerke, die nach europäischen Standards der Technik und des Umweltschutzes längst als überholt gelten. Auch die Kraftwerke, die neu gebaut werden, entsprechen in den meisten Fällen nicht dem letzten Stand der Technik.

Eine enge Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Schwellenländern ist erforderlich, um Anreize zu entwickeln, damit die Schwellenländer die modernste Technologie anwenden. Es muss berücksichtigt werden, dass ein fossiles Kraftwerk, das heute gebaut wird, mindestens 35 Jahre in Betrieb bleibt. "Es ist also sehr wichtig, dass ein solches Kraftwerk so wenig wie möglich Kohlendioxid emittiert", meint Tsatsaronis. "Auch darf es nur so wenig wie möglich Brennstoff verbrauchen, um eine Kilowattstunde Elektrizität zu erzeugen."

Um galoppierende Inflation und negative Effekte auf das Wirtschaftswachstum zu verhindern, schlägt Tsatsaronis vor, die Energiesteuer für fossile Brennstoffe vorsichtig in mehreren Stufen anzuheben. Damit ein solcher Vorschlag politisch umgesetzt werden kann, sollten die Vereinten Nationen eingeschaltet werden.

Heiko Schwarzburger

 


Nähere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr.-Ing. George Tsatsaronis, Institut für Energietechnik der Technischen Universität Berlin, Marchstraße 18, 10587 Berlin, Tel.: 030/314-24776 oder -22181, Fax: -21683, E-Mail: tsatsaronis@iet.tu-berlin.de
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