Medieninformation Nr. 193 vom 23. August 2006 - Bearbeiter/in: pp |
[TU Berlin] [Pressestelle] [Medieninformationen] [<<] [>>]
Situationsanalyse und Maßnahmen zur Prävention von Verkehrsunfällen bei Kindern in Deutschland
„Null Verkehrstote“ sind das erklärte
verkehrspolitische Ziel einiger europäischer Länder wie Schweden, Großbritannien
und der Niederlande, die „Vision Zero“. Das sollte auch in Deutschland
selbstverständlich sein, fordern Wissenschaftler der Technischen Universität
Berlin. Doch im deutschen Straßenverkehr verunglücken jährlich mehr als 40 000
Kinder, 208 davon tödlich. In einer Situationsanalyse zur Datenlage von
Verkehrssicherheitsmaßnahmen für Kinder stellten die Wissenschaftler fest, dass
das Risiko zu verunglücken in den vergangenen Jahren eher noch gestiegen ist,
obwohl die Bundesregierung das Gegenteil berichtet. Das Problem sei die fehlende
systematische Auswertung der Verkehrsunfallsdaten und die Umsetzung der
wissenschaftlichen Empfehlungen zur Unfallvermeidung in der Verkehrspolitik.
Neben dem ungeheuren Leid für die Betroffenen, verursacht die hohe Zahl der
verunglückten Kinder auch eine große Angst von Eltern um die Sicherheit ihrer
Kinder auf der Straße. Familien passen ihr Verhalten an – mit erheblichen
psychosozialen Auswirkungen. Kinder werden mehr transportiert, kontrolliert und
begleitet. Sie verbringen mehr Zeit in den Wohnungen, treten weniger mit der
Erfahrungswelt „Straße“ in Kontakt, bewegen sich weniger und erhöhen ihren
Medienkonsum.
Die Verkehrssicherheit von Kindern ist ein Kernpunkt des Sicherheitsberichts der
Organisation für ökonomische Kooperation und Entwicklung (OECD). In ihrem
Bericht „Keeping Children Safe in Traffic“ wird auf erfolgreiche Programme für
mehr Sicherheit für Kinder im Straßenverkehr verwiesen. Inwieweit die
Empfehlungen in den Mitgliedsstaaten erfolgreich umgesetzt werden, bleibt im
Bericht jedoch offen.
Die Analyse von Ute Dorschner, Manja Lippold und Priv.-Doz. Christian Gericke
vom Fachgebiet Management im
Gesundheitswesen der TU Berlin legt eine Basis für die Überprüfung der
Effizienz der deutschen Verkehrspolitik. Zugrunde gelegt wurden die Daten
zwischen 1990 und 2005 zu Verkehrsunfällen von Kindern in Deutschland.
Zusätzlich wurden Studien zu ausgewählten Bereichen wie Verkehrserziehung,
Schutzausrüstung, Bau und Raum, Überwachung und Regulation sowie psychologische
und soziale Aspekte recherchiert und dem aktuellen Unfallverhütungsbericht der
Bundesregierung gegenübergestellt.
Maßnahmen zur Verkehrssicherheit bleiben danach Einzelmaßnahmen. Beispiele sind
Anzeigetafeln zum Einhalten der Geschwindigkeit in Tempo-30-Zonen, die eine
positive Wirkung auf das Fahrverhalten haben oder Aufklärungsmaßnahmen, die
nachweislich Fahrer motivieren, zum Schutz von Schulkindern am Vormittag die
Geschwindigkeit zu reduzieren. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
empfehlen, Forschungsergebnisse den politischen Entscheidungsträgern besser
strukturiert und in leicht zugänglicher verständlicher Form zur Verfügung zu
stellen und zeigen eine erfolgreiche Reduzierung von Unfällen mit
Kinderbeteiligung am Beispiel der Stadt Hamm auf.
Das Diskussionspapier „Situationsanalyse und Maßnahmen zur Prävention von
Verkehrsunfällen bei Kindern in Deutschland: Evidenzbasierte Verkehrspolitik in
Deutschland?“ wird herausgegeben von der Fakultät VIII Wirtschaft und Management
der TU Berlin (ISSN 0944-7741).