[Kapitel 2]

[TU Berlin]


TU Berlin - Rechenschaftsbericht des Präsidenten 1995/96

Kapitel 2 - Leistungsstand in Lehre und Studium


Studentische Beschäftigte

Studentische Beschäftigte werden in der TU Berlin überwiegend in der Regellehre und zusätzlich in Studienreformvorhaben, Projektwerkstätten, Fachmentorenprogrammen und studentischen Studienfachberatungen eingesetzt. Bei der Evaluation der Lehre in den Jahren 1988 und 1993 sowie bei fachbereichsinternen Leistungsüberprüfungen haben Tutorien im Vergleich zu anderen Veranstaltungsformen überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Insofern muß man feststellen, daß sich das seit vielen Jahren praktizierte Tutor/innenmodell an der TU Berlin bewährt hat.

Vor diesem Hintergrund hat der Akademische Senat im Oktober 1995 einen Tutor/innen-Ausstattungsplan (TAP für studentische Beschäftigte mit und ohne Lehraufgaben) beschlossen, der sich am Hochschulentwicklungsplan III (HEP III) orientiert. Der TAP wurde als Fortschreibung des bisherigen Ausstattungsplans dynamisch angelegt, indem er sich auf die tatsächlichen Studierendenzahlen des jeweiligen Vorjahres bezieht und die HEP III-Jahrgangsstärken nur als eine Obergrenze festlegt. Nach dieser Berechnungsvorschrift und einigen zusätzlichen lehrbelastungsorientierten Festsetzungen ergibt sich für das Haushaltsjahr 1996 ein Bedarf von 903 Beschäftigungspositionen á 80 Stunden pro Monat für studentische Beschäftigte mit und ohne Lehraufgaben. Die Verteilung auf die Fachbereiche und sonstigen Einrichtungen der TU Berlin erfolgte auf der Grundlage eines EPK-Berichtes, der die verschiedenen Lehrveranstaltungsarten und Gruppengrößen in den einzelnen Studiengängen berücksichtigt und durchgängig ein zweistufiges Übungsmodell (Vorlesung und kleine Übung) zugrunde legt. Generell kann festgestellt werden, daß die Fachbereiche die ausgewiesenen Beschäftigungspositionen als zu gering erachten, um eine hohe Ausbildungsqualität sicherzustellen, und daß studentische Beschäftigte nicht nur im Grundstudium, sondern in Zukunft auch vermehrt im Hauptstudium eingesetzt werden sollten. Dies kann jedoch nur in Ausnahmefällen möglich und sinnvoll sein, da eine intensive Betreuung im Grundstudium die Fähigkeiten zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten in den höheren Semestern vermitteln muß. Notwendig ist allerdings eine stärkere Ausstattung mit studentischen Beschäftigten ohne Lehraufgaben im lehrnahen Bereich (Bibliotheken, Dokumentationsstellen, PC-Pools und Studienfachberatung), damit die zeitliche Verfügbarkeit dieser Infrastruktureinrichtungen für die Studierenden verbessert werden kann. Nach HEP III ergibt sich eine Gesamtzahl von etwa 1.100 Beschäftigungspositionen für Tutoren und Tutorinnen mit und ohne Lehraufgaben, wenn man in einem Ausstattungsbedarfsplan für studentische Beschäftigte alle bisher genannten Gesichtspunkte berücksichtigt. Insofern liegt der Bedarf um ca. 200 Beschäftigungspositionen über dem derzeit finanzierbaren Niveau.

Wenn man die durchweg positiven Erfahrungen mit dem seit vielen Jahren praktizierten Tutor/innen-Modell berücksichtigt, so hat diese Feststellung für die erreichbare Qualität der Lehre und für die Bemühungen zur Verkürzung der Studienzeiten eine zentrale Bedeutung. Einfache lineare Kürzungen im Bereich der studentischen Beschäftigten verschlechtern die Studiensituation insbesondere im Grundstudium und sind somit insgesamt für einen erfolgreichen Studienverlauf kontraproduktiv. Qualitätsverluste können nur dann vermieden werden, wenn Einsparungen mit strukturellen Studienreformmaßnahmen verbunden werden. Insofern haben die im TAP vorgesehenen 70 Beschäftigungspositionen für Studienreformprojekte (45 Stellen) und Projektwerkstätten/Innovationstutorien (25 Stellen) einen besonderen Stellenwert. Sie beschleunigen die Neugestaltung der grundständigen Lehre, verbessern die Kontakte zur Wissenschaft und Gesellschaft und schärfen das Ausbildungsprofil der Universität. Die Kommission für Lehre und Studium ist für die Vergabe und den effizienten Einsatz dieser Beschäftigungspositionen federführend verantwortlich und empfiehlt insbesondere die Bereitstellung dieser Mittel, wenn sich der durchführende Fachbereich bereit erklärt, erfolgreiche Reformmodelle in die Regellehre zu übernehmen.

Angesichts der anhaltenden Kürzungen der TU-Personalmittel hat der Berliner Senat auch das Berliner Tutor/innen-Modell in die Diskussion einbezogen. Bei allen diesbezüglichen Überlegungen muß berücksichtigt werden, daß sich dieses Modell bisher hervorragend bewährt hat, und daß es nicht zuletzt ein Beitrag zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist, da ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Tutoren und Tutorinnen nach dem Studium als wissenschaftliche Beschäftigte an der Universität verbleiben. Unbestritten bleibt, daß das Berliner Tutor/innen-Modell hinsichtlich seiner vertraglichen Regelungen im bundesdeutschen Vergleich einmalige Vorzüge für die Studierenden aufweist. Insofern sind die Proteste der Studierenden und des Personalrats der studentischen Beschäftigten nachzuvollziehen, wenn das Tutor/innen-Modell von politischer Seite in Frage gestellt wird.


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