Morgen wird ein langer Tag: Streiks, Demos, Besetzungen an der
TU Berlin
Eine neue Qualität erreichte der Streik der Studierenden am
24. November, als sie nicht nur die Kommilitoninnen und Kommilitonen
aussperrten, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
"Seit sechs Uhr war hier alles verrammelt", erzählte
eine Mitarbeiterin, die mit vielen Kolleginnen und Kollegen frierend
vor dem Hauptgebäude auf den Ausgang der Verhandlungen zwischen
der Uni-Leitung und den Studierenden wartete.
"Es handelt sich hier um einen symbolischen Akt", erklärt
Gerald Hiller vom Streikkomitee der Physik-Ini, "wir besetzen
das Hauptgebäude gleichzeitig mit den HU-Studierenden, die
ihr Gebäude besetzen." Er läuft geschäftig hin
und her und versucht die Aktion mit seinen Kommilitoninnen und Kommilitonen
zu koordinieren. Viele der ausgesperrten Beschäftigten murren,
andere äußern Verständnis für die Studierenden.
Präsident Kurt Kutzler tritt mehrmals unter die Studierenden
vorm Haupteingang an der Straße des 17. Juni, bemüht
sich um ruhige Verhandlungen mit den Studierenden und um Deeskalation.
Mehrmals schon hat er betont, die streikenden Studierenden in ihrem
Anliegen zu unterstützen, ausreichende Studienplätze an
den Berliner Hochschulen zu sichern und durch deren Ausfinanzierung
die Ausbildungsqualität zu garantieren. Er hat außerdem
die Lehrenden gebeten, keine Sanktionen gegen Streikende zu verhängen.
Dennoch muss er dafür Sorge tragen, dass die Beschäftigten
den Betrieb aufrechterhalten können. Vereinzelt werden daraufhin
Verwaltungsmitglieder durchgelassen. Lehrende aber nicht. Die Kontrolle
ist schwierig. Schließlich wird den Beschäftigten der
Zugang gestattet.
Doch größere Schwierigkeiten haben die Streikposten
teilweise mit ihren eigenen Kommilitoninnen und Kommilitonen. "Mir
wurden schon Prügel angedroht", erzählt Physikstudentin
Michaela Heinrich, die eisern eine Tür am Haupteingang bewacht.
"Doch letztlich haben wir ehrenwerte Gründe, hier zu stehen,
und zwar für alle Studierenden. Da tut es schon weh, wenn man
hört: ,Der Streik ist mir scheißegal, ich muss meine
Klausur schreiben.' Die mangelnde Solidarität und der Egoismus
einiger Studierender ist abstoßend. Man kann schließlich
nur eins: entweder studieren oder aktiv den Protest organisieren."
Ängstlich sind auch zwei angehende Architekturstudentinnen,
die sich immatrikulieren wollen und die das nur noch heute tun können,
obwohl sie die Beweggründe ihrer zukünftigen Kommilitoninnen
und Kommilitonen verstehen können. Auch sie bitten nachdrücklich
um Einlass. Umsonst. "Wir können nur hoffen, dass die
Verwaltung uns die Frist verlängert." Sie werden wohl
nicht vergeblich hoffen.
Am späten Abend richten sich die Studierenden mit Schlafsäcken
und Kaffeebechern im Foyer ein. Schließlich muss man eine
Weile durchhalten. Morgen wird ein langer Tag.
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